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Veranstaltungen & Kritiken
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Händel-Festspielein Halle 19994. bis 13. Juni 1999Festspielbericht |
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Die FESTLICHE ERÖFFNUNG DER 48. HÄNDEL-FESTSPIELE fand dieses Jahr erstmals in der im Oktober 1998 eröffneten Georg-Friedrich-Händel-Halle statt. An die Stelle der Premiere der jährlichen Opern-Neuproduktion trat diesesmal ein Galakonzert , was den Abend - zumindest zeitlich - deutlich verkürzte. Ein weiterer Vorteil dieses Veranstaltungsortes ist auch sein Fassungsvermögen. So haben neben den zahlreichen Ehrengästen auch noch genug andere Interessenten die Gelegenheit, der sonst immer schon sehr früh ausverkauften Eröffnungsveranstaltung beiwohnen zu können. Das Interesse an einer Operneröffnung dürfte dabei allerdings vermutlich grösser sein - und gemütlicher und athmosphärischer ist es im Opernhaus allemal!
Nach den Begrüssungs- und Eröffnungsworten des Oberbürgermeisters der Stadt Halle, Dr. Klaus Rauen, und des Schirmherren der diesjährigen Festspiele, Dr. Michael Naumann, Staatsminister für Kultur und Medien wurde der Händel-Preis der Stadt Halle an Trevor Pinnock überreicht. Als "Zugabe" wurde dem weltweit tätigen, aber immer wieder an seinem "Heimathaus", dem Opernhaus Halle, auftretenden Axel Köhler der Ehrentitel "Kammersänger" verliehen. Damit waren die Höhepunkte des Abends aber leider auch schon erschöpft. Was dann anschliessend als Galakonzert folgte, hatte diesen Namen wirklich nicht verdient. Der mit seinen Ensembles (Gabrielei Consort und Players) zu Ruhm und Ehre gelangte Paul McCreesh mühte sich vergebens, den festlichen äusseren Rahmen musikalisch adäquat zu füllen. Fehlende Koordination im Orchester, miserabel klingende Oboen und allerlei andere Unpässlichkeiten hinterliessen eher den Eindruck einer ersten Durchspielprobe als an ein gut einstudiertes Galaprogramm - dabei waren die Werke für diesen Anlass vortrefflich ausgewählt. Anscheinend war das Händelfestspielorchester des OPERNHAUSES HALLE durch die Neueinstudierung der Agrippina und der Wiederaufnahme des Poro zu überlastet. So wurde durch schlechte Disposition diesem sehr engagierten und fähigen Ensemble kein guter Dienst erwiesen. Allein der vorzüglich singende Dresdner Kammerchor (Einstudierung. Hans-Christoph Rademann) konnte dem Anspruch eines Galakonzertes gerecht werden. Schade drum!
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![]() Georg-Friedrich-Händel-Halle Foto: Nadja Naumann ![]() Trevor Pinnock Foto: Jens Schlüter |
![]() Jean-Paul Fouchécourt als Platée und Mark Minkowski Foto: Jens Schlüter |
Einen Tag später erlebte die Georg-Friedrich-Händel-Halle dann schon ihren absoluten Höhepunkt der Festspiele. Marc Minkowski kam auch dieses Jahr mit "seinem Ensemble" nach Halle und eroberte erneut im Sturm die Herzen des Publikums. PLATÉE, Jean-Philippe Rameaus letzte und in der Tat witzige Oper, in der die Kröte Platée, die sich als Schönheit wähnt und - natürlich vergeblich - um die Gunst des Gottes Jupiter wirbt, hatte Minkowski erst Ende April im Pariser Palais Gernier als umjubelte Premiere (in der Inszenierung von Laurent Pelly) neu herausgebracht. Die konzertante Aufführung in Halle konnte eine szenische Aufführung zwar nicht ersetzen, aber die Protagonisten, von denen allein fünf bei der Pariser Premiere mitwirkten, konnten die Szene jedoch weitgehend vergessen lassen. Die von ihnen gestaltete Personenregie war ausdrucksstärker und lebendiger, als man es in vielen szenischen Aufführungen erleben kann bzw. muss. Eine Glanzleistung! Neben Jean-Paul Fouchécourt als Platée gläzten vor allem Mireille Delunsch, die als La Folie/Thalie zwischendurch sogar Mark Minkowski von seinem Dirigentenposten "vertrieb" und die "Herrschaft" an sich zog (eine grandiose Szene!) und Paul Agnew als Thespis/Mercure. Cassandre Berthon, Delphine Haidan, Vincent Le Texier, Marcos Pujol und Frank Leguerinel vervollkommneten das absolut kongeniale Ensemble. Der immer präsente und ausdrucksstarke Chor und die phantastisch musizierenden Instrumentalisten von Les Musiciens du Louvre (Grenoble) bescherten der Stadt Halle ein Musikereignis, das man so schnell nicht vergessen kann!
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![]() Goethe-Theater in Bad Lauchstädt Foto: Gerhard Menzel |
Einen weiteren Höhepunkt der Festspiele bescherte Christophe Rousset mit seinem Ensemble Les Talens Lyriques. So schwungvoll und mitreissend hat man Händels Oper ADMETO, RE DI TESSAGLIA (HWV 22) wohl noch selten gehört. In der Regie von Nathalie van Parys und dem Bühnenbild und der Beleuchtung von Jean-Philippe Corrigou (die Kostüme von Patrice Cauchetier und Liliane Delers wurden freundlicherweise von der Opéra du Rin zu Verfügung gestellt) agierten gleich zwei "Primadonnen" nebeneinander: Anne-Lise Sollied als Alceste und Sandrine Piau als Antigone präsentierten sich beide in Bestform, während Brian Asawa in der Titelpatie des Admeto trotz "Krankmeldung" bewundernswert durchhielt. Einen ganz hervorragenden Eindruck hinterliess auch Sylvie Althaparro als Orindo. Neben dem bassgewaltigen Olivier Lallouette als Ercole komplettierten Pascal Bertin (Trasimede) und Arnaud Marzorati (Meraspe) das hochkarätige Sängerensemble. Ausser den Opernaufführungen im Goethe-Theater konnte man in Bad Lauchstädt neben einer SONDERFÜHRUNG durch die Historischen Kuranlagen und das Goethe-Theater vor allem noch einen sehenswerten Ballettabend auf dem Teich der historischen Kuranlagen erleben. Unter dem Motto AQUA DANCE bot das BarockTanzTheaterBremen und das Ballettensemble des OPERNHAUSES HALLE einen bezaubernden Augenschmaus. Mitglieder des Orchesters des OPERNHAUSES HALLE unter der Leitung von Arkadi Marasch sorgten für die - bei diesen Anlässen übliche, elektronisch verstärkte - "Hintergrundmusik". Das im vergangenen Jahr erstmals aufgeführte Tanzstück mit Händels Musik wurde durch ein ebenfalls farbenprächtiges Feuerwerk gekrönt.
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![]() Olivier Lallouette (Ercole), Sylvie Althaparro (Orindo) und Brian Asawa (Admeto) Foto: Jens Schlüter ![]() Sylvie Althaparro (Orindo) und Sandrine Piau (Antigone) Foto: Jens Schlüter |
Romelia Lichtenstein als Cleofide Foto: Gert Kiermeyer |
Als Opern-Neuproduktion des Opernhauses Halle kam Händels AGRIPPINA zur Aufführung.
Über Händels PORO, RE DELL`INDIE stand auch in diesem Jahr kein guter Stern. Doch während zur Premiere im vergangenen Jahr gar der Titelheld selbst (Patricia Spence) wegen Krankheit ausfiel, war in diesem Jahr "nur" die kleine Partie der Erissena von einem Missgeschick betroffen. Sally Bruce-Payne verletzte sich auf der Probe den Fuss, sodass in der Premiere die Regieassistentin Regina Karpinski den szenischen Part übernahm und Sally Bruce-Payne von der Seite aus sang. Eine in jeder Beziehung völlig aus dem Rahmen fallende Veranstaltung war "AGRIPPINE - Kantaten von Georg Friedrich Händel" in der Kommode im 'neuen theater'. Die Solisten Sophie Marin-Degor und Jérôme Corréas agierten auf der kleinen, durch drehbaren Wände variierbaren Bühn (Thierry Leproust) in "gespielter Probenatmosphäre" (Regie: Christian Gangneron). Nach ihrem Kostümwechsel in die leuchtendrote Abendrobe (Kostüme: Claude Masson) liess Sophie Marin-Degor die zentrale Kantate Agrippina condotta a morire HWV 110 für Sopran zum einsamen Höhepunkt des kurzen Abends werden. Das Ensemble Matheus unter der Leitung von Jean-Christophe Spinosi (Violine) sorgte für eine, dieser "Probe" adäquate musikalische Untermalung.
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Als ein ebenfalls weniger geglücktes Experiment stellte sich die optisch angereicherte Aufführung von Händels Oratorium SAMSON (HWV 57) in der Georg-Friedrich-Händel-Halle heraus. Eine überflüssige und kitschige Beleuchtung der auf Podesten plazierten Solisten (Samson stand, sass oder räkelte sich auf der zentralen Plattform im Vordergrund) und der völlig peinliche "Trauermarsch" des von Mannen getragenen Samson durch die Händel-Halle (Ausstattung, Regie, Licht: Aidan Lang) liesen die vorzügliche musikalische Interpretation durch Harry Christopher und seinen Ensembles 'The Sixteen' (Chor) und 'The Symphony of Harmony and Invention' (Orchester) zu sehr ins Hintertreffen geraten. Die Solisten Tomas Randle (Samson), Linda Rusell (Dalila), Catherine Wyn-Rogers (Micha), Michael George (Manoa), Jonathan Best (Harapha) und Matthew Vine (Messenger) bildeten zudem ein vortrefflich homogenes Ensemble.
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![]() Linda Rusell (Dalila) und Tomas Randle (Samson) Foto: Jens Schlüter |
![]() Sophie Daneman |
Einen weiteren Glanzpunkt der Festspiele setzte die Ausnahmesopranistin Sophie Daneman, die mit dem Ensemble Sonnerie ein Konzert mit BAROCKMUSIK von zu einer Demonstrationsstunde für musikalische Interpretationskunst werden liess. Unglaublich, welche Nuancen und Feinheiten - vom dahingehauchten Schmerz, über furiose Ausbrüche bis hin zu strahlender Freude - sie mit ihrer Stimme hervorzuzaubern im Stande ist! (Eine Woche zuvor begeisterte sie auch das Publikum bei den Händel-Festspielen in Göttingen in der Titelpartie von Händels Arianna in Creta). Monikca Huggett, Emilia Benjamin (Violine), Alison McGillivray (Violoncello) und Gary Cooper (Cembalo) waren ihr nicht nur ausgezeichnete Begleiter, sondern konnten sich auch in zwei Instrumentalstücken Händels als ausgesprochen vitales Kammermusikensemble profilieren. Im Abschlußkonzert des Dirigentenforums des Deutschen Musikrates, das in Zusammenarbeit mit der Hochschule des Saarlandes für Musik und Theater Saarbrücken stattfand (künstlerische Gesamtleitung: Prof. Dr. Max Pommer), dirigierten Alexander Mayer den ersten Akt, und Ud Joffe und David Timm je einen Teil des 2. Aktes von Händels Masque ACIS AND GALATEA (HWV 49a) in der Konzerthalle Ulrichskirche. Mit den Solisten Claudia Braun (Galathea), Ralf Emge (Acis), Thomas Burger (Damon) und Michael Pommer (Polypheme) und dem Chor und dem Orchester der Hochschule des Saarlandes für Musik und Theater ergab sich zwar keine immens spannende Interpretation von Händels Werk, aber eine achtenswerte Leistung war es für diese "Nachwuchsmusiker" allemal.
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Einen künstlerischen Hochgenuss gab es dafür wieder Im Dom zu Halle, wo das Ensemble Concerto Köln ITALIENISCHE KIRCHENMUSIK ZUR ZEIT HÄNDELS zu blühendem Leben erweckte. Aus Anlass des 2. Deutschen Musikschultages gestalteten im Händel-Haus Lehrkräfte des Fachbereiches Alte Musik am Konservatorium "Georg Friedrich Händel" eine BAROCK-MATINEE mit Musik vom 16. bis 18. Jahrhundert. Besonders interessant waren - neben Händels Kantate Pensieri notturni di Filli: Nel dolce dell oblio (HWV 134) - die ebenfalls von Heike Pichler einfühlsam vorgetragenen Werke von Isabella Leonarda (Vole Jesum) und Barbara Strozzi (Sete pur).
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![]() Malin Hartelius und Ingeborg Danz Foto: Jens Schlüter |
![]() Foto: Jens Schlüter
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Weiterhin fanden noch zahlreiche andere Konzerte statt, die ebenfalls zum Teil lukrative Namen aufweisen konnten, wie Nancy Argenta (Sopran), The English Concert mit Trevor Pinnock und das Hilliard Ensemble. ITALIENISCHE KARNEVALSMUSIKEN hiess ein inszeniertes Konzert in der Regie und Ausstattung von Petra Weikert, das vom Fernsehsender 3sat live übertragen wurde. Es musizierten das Balthasar-Neumann-Ensemble und der Balthasar-Neumann-Chor unter der musikalischen Leitung von Thomas Hengelbrock.
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![]() Das frisch renovierte Händel Denkmal Foto: Gerhard Menzel |