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Händel am Ende des Weges
Von Gerhard Menzel
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Fotos von Jochen Klenk
Mit Spannung wurde die Uraufführung der vom Badischen Staatstheater in Auftrag gegebenen Oper Styx von Franz Hummel erwartet. Hummel, der schon zahlreiche Werke über große Persönlichkeiten aus der Geschichte und der Kunst vertont hat (Gorbatschow, Gesualdo, Beuys), machte zuletzt Schlagzeilen mit seinem Musical Ludwig II - Sehnsucht nach dem Paradies in dem eigens dafür gebauten Theater in Füssen. Nun konnte man gespannt sein, was einem bei diesem, von Hummel als Szenisches Adagio über Georg Friedrich Händel" bezeichneten Werk, erwartete.
Franz Hummel komprimierte das auf drei Akte angelegte Libretto von Elisabeth Gutjahr - dankenswerter Weise - auf einen Akt, den er in sechs musikalische Teile und vier eingefügte Schauspielszenen gliederte. Das Stück ist keine inszenierte Händelbiografie oder bebilderte Anekdotensammlung, sondern zeigt Georg Friedrich Händel am Ende seines Lebens am Grenzfluss Styx, wo er nach vielen, von schweren Krankheiten geprägten, doch äußerst erlebnisreichen Jahren, seinem Tod entgegensieht. Dabei werden in den Schauspielszenen Fragmente exponierter Situationen aus seinem Leben ein- und ausgeblendet: schmerzhafte Ablehnungen, Brüche, Enttäuschungen, Äußerungen von Freunden oder Feinden Händels.
Klangbeispiel
Im Grunde ist Styx ein Ein-Personenstück, in dem neben Händel nur noch drei weitere Personen und der Chor auftreten: sein Diener, Helfer, Verwalter und Freund John Smith, der ihn mit liebevoll-einfühlsamen Abstand begleitet, Eurydice, als "Idealbild", die in ihrer Körperlosigkeit Liebes- und Todessehnsucht verkörpert, und Charon, der die wenigen, scheinbar einfachen Schritte zum Tod vorbereitet ("Ich bin der Fährmann, damit der Fluss eine Brücke und die Reise ein Ankommen hat."). Der Chor übernimmt in diesem Stück eine vielfältige, ständig wechselnde Rolle als Vermittler sowohl höfischer Rituale als auch Äusserungen des Schattenreiches.
Die zentrale Szene des Werkes, die sich im Verlauf mehrfach wiederholt, ist Händels beschwerlicher Gang (über die nach rechts ansteigende Bühne) hinauf zum dekorativ platzierten Cembalo. Dabei nimmt er unter Mühen ein auf dem Weg liegendes, zerknülltes Notenblatt auf, um es sofort wieder fallen zu lassen. Ist es gar das erst kürzlich in London gefundene "Gloria"? Sein treuer Begleiter Smith assistiert ihm und weicht ihm nicht von der Seite. Nach vielen Monologen sieht der blinde Komponist schließlich das Licht der Erlösung, der Chor singt Das Licht ist endlos und die Musik verklingt in einem ausgehaltenen C-dur-Schlussakkord im vierfachen Pianissimo. Lieto fine!
Die Partitur Hummels ist für ein normales klassisch-romantisches Orchester geschrieben. Ergänzend hinzu kommt ein Cembalo auf der Bühne, an dem die Cembalistin Magdalena Broks - als Stellvertreterin für Händel - mit einem schier aberwitzigen Perpetuum mobile in durchgehenden 32tel-Läufen brillierte. Ansonsten entspricht die Musik dem angekündigten szenischen Adagio, das nur durch die lebhaften Schauspieleinlagen unterbrochen wird.
Rainer Mühlbach, dem die musikalische Leitung dieser Uraufführung übertragen war, leistete vorzügliche Arbeit. Seine Einstudierung mit der Badischen Staatskapelle ließ die Musik Hummels - der nur ein Zitat aus Händels Messiah (Chor: Durch seine Wunden...) in seine Partitur aufnahm - sowohl transparent, als auch klangprächtig musizieren. Johannes M. Kösters in der Titelpartie tat sein Möglichstes, die Person Händels glaubwürdig werden zu lassen. Als Wegbegleiter assistierten ihm Klaus Schneider (John Smith), Ruxanda Voda (Eurydice) und Gregory Frank (Charon).
Leider waren große Teile des Textes, vor allem der Eurydice und des Chores - auch auf Grund der ungünstigen Platzierung auf der Bühne - nicht zu verstehen, was dem ohnehin zähen Fortgang des Stückes noch zusätzlich hinderlich war. Dafür waren die Schauspieler, die ohnehin wohl gut zu verstehen gewesen wären, mit Mikrofonen verstärkt. Auch sonst konnte die Inszenierung von Rosamund Gilmore in der Ausstattung von Christian Floeren nur bedingt überzeugen. Die vierzehn von Hummel angeführten Erinnerungspersonen wurden von den sechs Schauspielern zwar unterhaltsam gestaltet, aber die direkte Beziehung zu Händel konnten sie nur unzureichend herstellen. Es wird wohl kaum jemand die jeweils zitierten Persönlichkeiten und die Zusammenhänge mit Händel erkannt haben, seien es die Königin Karoline, die Prinzessin Anne, die Sängerin Francesca Cuzzoni, der Kastraten Farinelli oder Wilhelm von Oranien.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungRainer Mühlbach
Inszenierung
Ausstattung
Choreinstudierung
Dramaturgie
Klanginstallation
Badische Staatskapelle Cembalistin: Magdalena Broks Solisten
Händel
John Smith
Eurydice
Charon
"Schauspieler"
Susanne Schellin, Harald Heinz, Ralf Novak, Günter Nowak
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- Fine -