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Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Geordneter Tumult
Von Ralf-Jochen Ehresmann
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Fotos von Eduard Straub
Angesichts der idealen Tauglichkeit der Liebe zu den 3 Orangen gerade auch für junges und jüngstes Publikum, das zu dieser märchenseligen Jahreszeit besonders reichlich unsere Theater - nicht nur die kirchlichen - füllt, kam diese Premiere eigentlich einige Wochen zu spät, zumal die allwinterliche Programmgestaltung auf Nummer sicher mit Dauerbrenner Hänsel und Gretel durchaus einige Ergänzung vertrüge. ![]()
L'Amour des trois oranges bietet dabei ein Märchen eigener Art, das genügend Abstand wahrt zum Rationalismus außerhalb des Theaters und in das doch ständig Lobbyisten hineinregieren, genau wie im wirklichen Leben! Die Kerngestalten des Prinzen mit seinen absonderlichen Problemen sowie seines darüber besorgten Vaters werden umgeben von allerlei phantastischen Wesen aus königlichem Hofstaat und Zauberwelt, zwischen denen ein schlichtes Intrigenspiel mit klar durchschaubarer Rollenverteilung abläuft. Um diese herum entspannt sich eine groteske Debatte um ästhetische Vorlieben zwischen lautstarken Interessevertretern von tränenschwangerer Tiefsinnstriefe und Halligalli-geilen Bespaßungsterroristen, die ständig das Geschehen kommentieren und auch in ihrem Sinne in die Handlung eingreifen. So findet denn auch hier eine Oper über die Oper statt, freilich ohne wie in Strauss' Capriccio oder in den Meistersingern letzte Fragen der Ästhetik behandeln oder gar klären zu wollen. ![]()
Die Produktion von Benno Besson und Ezio Toffolutti greift dies auf und verlängert den Zuschauerraum in Form seiner Wandgestaltung über den Orchestergraben hinaus bis auf den Bühnenvordergrund und errichtet dort vermittels eines Podestes eine Bühne auf der Bühne, ohne dass eigens ein Bühnenvordergrund geschaffen würde; die ausgeführte Andeutung genügt sich selbst. Deren Umraum greift Motive des abgebrannten Gran Teatro La Fenice di Venezia auf, und die Bau- und Lageskizzen zieren sogar noch die Zwischenvorhänge. Nicht ohne Grund, denn dessen Nachfolgeinstitut ist zugleich Koproduzent dieser Inszenierung. Kostümierung à la Barocktheater - mit einigen modernen Einsprengseln - vervollständigt den Ansatz, dass Oper auch sich selbst inszenieren darf. ![]()
Theater darf lebensfern, darf märchenhaft sein, und Kitsch vermeidet sich am besten durch komische Groteske. Prokofjew liefert dazu seinerseits ideale Bedingungen, Besson und Toffolutti tun das Ihre. Sie wahren eine bemerkenswerte Geschlossenheit der doch sehr disparaten Handlung, bieten den Augen weniger Brimborium als das Stück vertragen hätte und setzen damit eher auf die Wirkung kleinerer Elemente bzw. auf die schauspielerische Kunst ihrer SängerInnen. In einigen Fällen hätte dies stärkere Hervorhebung erfordert: Dass z.B. 4 (und nicht 2 oder 3) verschiedene Gruppierungen um die Ausrichtung der zu gebenden Oper sich drängen, gegen deren Einflussnahme die Sonderlinge ihre Autonomie (mit Paddeln?) verteidigen müssen, erschließt sich nur dem, der es eh schon weiß. Außerhalb ihrer direkten Auftritte treten sie nie in Erscheinung, obwohl sie doch eigentlich permanent dabei sein und am Geschehen Anteil nehmen müssten. Vielleicht fand Brechtschüler Besson dies zu episch. ![]()
Die Düsseldorfer Besetzung ist gut gewählt; dies trifft besonders zu auf John Uhlenhoop in der Hauptperson des Prinzen, denn er macht in beiden Hälften eine gute Figur; sowohl sein Gequäke als übergroßes Baby mit hypochondrischen Anwandlungen als auch sein verzweifeltes Bemühen um die 3 Orangen vermag er idealtypisch zu vermitteln. Gleiches wäre von Morenike Fadayomi als Fata Morgana zu sagen. Zwar hat diese Partie keinen vergleichbaren Wechsel der Funktion, doch ihre berechnend-souveräne Art kommt auch in kleinen Gesten bestens durch, was ebenfalls von Smeraldine in der Verkörperung durch Susanne Kelling gesagt werden kann. Ähnliche Schauspielerische Leistung zu zeigen ist für Peter Nikolaus kante als Köchin ungleich schwerer, da die Aufmachung der Kleonta die Bewegungsfreiheit erheblich einschränkt. Dafür stimmen die Gesten um so besser, doch hätte man ihm einen erheblich größeren Kochlöffel wünschen mögen, der den davon ausgehenden Schrecken noch besser hätte vermitteln können. ![]()
Auch im Gesang ist der Prinz hervorzuheben, doch bieten Anke Krabbe als Prinzessin Ninetta mit ihrem glockenklaren Sopran ein getreues Abbild jener Fast-Verdurstung oder Michail Milanov als Tschelio und damit als nur vorläufiger Verlierer erhebliche Konkurrenz. Natürlich darf Hermann Becht als König hier nicht fehlen, dem man im plötzlichen Finale des Stückes noch etwas mehr Zeit zum Jubel gegönnt hätte - und damit zugleich eine Gelegenheit, sich einmal von einer anderen Seite als der reinen Schwermut zu präsentieren.
Eine gelungene Produktion gewiss, sehens- und hörenswert, auch wenn ich im direkten Vergleich der Kölner Produktion von 2000 den Vorzug geben würde, die mehrere o.g. Unklarheiten vermieden hatte und zudem durch die moderne Kostümierung zumindest der Gegenwartsfiguren bei den Lobbyisten einen verständlicheren Bezug zu heutigen Debatten wie denen um die Ausrichtung der Medienlandschaft geschaffen hatte. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Choreographie
Spielleitung
Kostüme
Licht
Chor
SolistenKönig TreffHermann Becht Der Prinz, sein Sohn John Uhlenhopp Prinzessin Clarice Laura Nykkänen Léandre Sami Luttinen Trouffaldino Sergej Khomov Pantalone Stefan Heidemann
Tschélio
Fata Morgana
Linette
Nicolette
Ninetta
Köchin
Farfarello
Smeraldina
Zeremonienmeister
Herold
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