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Musiktheater
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Die Liebe zu den drei Orangen

Oper in vier Akten und einem Prolog
Text vom Komponisten nach Carlo Gozzi
Musik von Sergej Prokofjew

In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Köln
am 6. April 2001

Logo: Oper Köln

Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)

Launige Südfrüchte

Von Stefan Schmöe / Fotos von Klaus Lefebvre


Hört nur, ich kann alles: Da kommt ein gerade einmal 28 Jahre alter Komponist daher und schreibt eine Musik, die scheinbar mühelos die Klangpracht der großen Opernheroen nachahmt, karikiert und parodiert. Eine Musik, die Schluss macht mit der Verklärung der Großen wie Wagner und Verdi, mit Mysterien à la Schreker oder Tragödien à la Puccini nichts am Hut hat, die einfach frech ist. Gut ist diese Musik immer dort, wo sie sich eigene Wege sucht, und bedenklich wird's, wenn sie sich im Parodistischen verliert: Ich kann sogar alles besser, scheint sie dann zu sagen. Irgendwo ist Sergej Prokofjew auch ein Angeber.


Szenenfoto Der Prinz (unten) hat mit bösen Mächten zu tun: Fata Morgana ist hier noch obenauf, was sich im Verlauf der Oper ändern wird.

Vielleicht hätte er dann doch komponieren sollen wie Franz Schreker, der fast Vergessene, oder wie der Klangzauberer Richard Strauss: Geheimnisvoll, ernst und voller Würde. Das jedenfalls wäre Graeme Jenkins, dem Dirigenten der Kölner Liebe zu den drei Orangen, entgegengekommen, denn der klammert sich an alles, was irgendwie nach Wagner, Schreker oder Strauss klingt. Das Pathos, das Prokofjew lächerlich macht, wird von Jenkins und dem Gürzenich-Orchester gleich wieder gerechtfertigt, denn diese Musik klingt zu schön, um unernst zu sein – und so wird der Komponist auf der musikalischen Seite ausgehebelt. Die Ecken, Kanten und Schärfen, die diese Musik hörenswert machen, die bleiben in Köln rar.


Szenenfoto Allerdings hat der Prinz unter dem Fluch zu leiden, sich in diese köstlichen Früchtchen verlieben zu müssen.

Dabei braucht das Stück diese Schärfen, gerade auch in der szenischen Umsetzung. Die wirre, mehrfach gebrochene Handlung erhält ihren Sinn erst durch die bissigen Orchesterkommentare. Drei Ebenen hat Prokofjew (der sich das Libretto nach einem Märchen von Carlo Gozzi selbst schrieb) verschachtelt: Das Märchen vom Prinzen, der sich durch Zaubermacht in drei Orangen verliebt, der Kampf der unterirdischen Mächte (die in der Märchenhandlung eine Art Stellvertreterkrieg führen), und schließlich der Streit der Theaterbesucher, die immer wieder in die Handlung eingreifen. Das alles ist virtuos miteinander verschränkt, und das muss auch der Musik anzuhören sein. In Köln hört man die verschiedenen Schichten nebeneinander, nicht – wie es eigentlich sein müsste – übereinander.


Szenenfoto Vor deren Eroberung ist aber noch die brutale Köchin mit ihrem gewaltigen Kochlöffel aus dem Weg zu räumen.

Regisseur Martin Duncan macht veranstaltet dazu ein buntes Kostümspektakel von durchaus gehobenem Unterhaltungswert. Duncan beherrscht sein Metier, kann Ensembles arrangieren und versteht viel von Personenregie. Mit Colin Judson hat er einen agilen und sehr witzigen Narren Trouffaldino, der sich in den Mittelpunkt spielt. Dazu gibt es allerlei imposanten Bühnenzauber, kurzum: Das Publikum amüsiert sich ganz ordentlich. Dennoch wird der Produktion das gleiche Schicksal widerfahren wie fast allen anderen Inszenierungen der Liebe zu den drei Orangen: Hat man mehrere Inszenierungen davon gesehen, wird man sie im nachhinein nicht auseinander halten können. Warum eigentlich muss dieses Stück immer so knallig bunt sein? Auch Duncan scheint nicht viel Vertrauen in Prokofjews Konzeption zu haben, denn je mehr Trubel er auf der Bühne veranstaltet, desto mehr bleibt er auch an der Oberfläche der Oper.


Szenenfoto Liebestolle Südfrucht: Prinzessin Ninette, gerade der ditten Orange etstiegen, dürstet allerdings ganz profan nach Wasser. Der Prinz ist hilflos, aber zum Glück der beiden darf das Publikum eingreifen.

Gegen die farbenfrohe Inszenierung haben es die Sänger schwer, sich in den meist sehr kurzen Auftritten musikalisch zu profilieren. Insgesamt singt das Ensemble ordentlich; trotzdem dürfte es ruhig etwas mehr vokale Glanzpunkte geben, wie sie vereinzelt Dalia Schaechter als Zauberin Fata Morgana oder Claudia Rohrbach als dritte Orange bieten. Dazu wäre aber wohl auch ein stringenteres musikalisches Gesamtkonzept von Nöten. Auch der Chor leidet am undeutlichen Klangbild – mal überdröhnt das Orchester den Chor, mal umgekehrt. Allerdings hat der Chor szenisch viel zu tun, und das macht er ausgesprochen witzig.

Zum Schlussapplaus fallen orangefarbene Luftballons vom Himmel, und ausgelassen darf das Publikum damit spielen. Oft genug macht Hausherr Günter Krämer es seinem Publikum mit sperrigen Inszenierungen schwer, dieses Mal ist alles leicht. Das Publikum zeigte sich dankbar.


FAZIT
Gelungene Unterhaltung ohne großen Wiedererkennungswert.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Graeme Jenkins

Regie
Martin Duncan

Bühne und Kostüme
Tim Hatley

Licht
Manfred Voss

Choreographie
Michael Keegan-Dolan



Gürzenich-Orchester
Kölner Philharmoniker

Opernchor der
Bühnen der Stadt Köln


Solisten

König Trèfle
Tómas Tómassson

Der Prinz, sein Sohn
Alexander Fedin

Prinzessin Clarice
Claire Powell

Léandre
Michael Vier

Trouffaldino
Colin Judson

Pantalon
Scott Hendricks

Tschélio
Andrew Collis

Fata Morgana
Dalia Schaechter

Linette
Regina Richter

Nicolette
Eva Dimitrova

Ninetta
Claudia Rohrbach

Köchin
Ulrich Hielscher

Farfarello
Samuel Youn

Sméraldine
Lucy Schaufer

Zeremonienmeister
Man-Taek Ha

Herold
Karl Huml


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Bühnen der Stadt Köln
(Homepage)




Da capo al Fine

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