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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
10.07.2015 - 26.07.2015


Le Cinesi

Salonoper in einem Akt
Libretto von Pietro Metastasio
Musik von Manuel del Pópulo Vicente García

In italienischer Sprache mit italienischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 10' (keine Pause)

Produktion der "Amics de L'Òpera de Sarrià" in Zusammenarbeit mit Concertante Barcelona

Premiere im Königlichen Kurtheater am 12. Juli 2015
(rezensierte Aufführung: 18.07.2015)

 

 

 

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Komödie gegen Tragödie und Schäferspiel

Von Thomas Molke / Fotos von Roxana Vlad


Anders als in Pesaro widmet sich das Belcanto Opera Festival Rossini in Wildbad auch Rossinis Zeitgenossen. Bedingung dafür ist in der Regel, dass deren Werke meistens völlig dem Vergessen anheim gefallen sind und es sich dabei um spannende Wiederentdeckungen handelt. Einen besonderen Bezug zu Rossini haben sie dabei im Allgemeinen nicht. Anders dürfte es sich bei Manuel García verhalten, hat er doch nicht nur mit großem Erfolg den Norfolk in Rossinis Elisabetta regina d'Inghilterra gesungen, sondern vor allem Unsterblichkeit als erster Graf Almaviva in Rossinis Il barbiere di Siviglia erlangt. Bei der Uraufführung hatte er sogar durchgesetzt, dass die Oper unter dem Titel Almaviva o sia L'inutile precauzione lief, der sich aber von Anfang an nicht durchsetzen konnte. Neben seinen großen Erfolgen als Tenor war García auch ein talentierter Komponist, der vor allem mit der Opera buffa Il califfo di Bagdad 1813 in Neapel einen großen Erfolg feiern konnte (dieses Werk war im letzten Jahr in der Neuburger Kammeroper zu erleben, siehe auch unsere Rezension). Als er sich zum Ende seiner Karriere überwiegend als Gesangspädagoge betätigte, entstand die Salonoper Le Cinesi, die wohl vor allem als Übung für seine Gesangsschüler gedacht war.

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Lisinga (Sara Bañeras, links), Tangìa (Ana Victoria Pitts, Mitte) und Sivene (Silvia Aurea De Stefano, rechts) langweilen sich.

Als Festspiel-Intendant Jochen Schönleber im April dieses Stück unter der musikalischen Leitung von Raúl Giménez am Teatre de Sarrià in Barcelona als Produktion der "Amics de l'Òpera de Sarrià" mit jungen Sängerinnen und Sängern in Szene setzte, lag es nahe, diese Produktion jetzt auch als Gastspiel nach Bad Wildbad zu holen. Die Handlung basiert auf einem Libretto von Pietro Metastasio und spielt in einem fiktiven China. Die drei Chinesinnen Lisinga, Sivene und Tangìa sitzen beim Tee zusammen und langweilen sich, als plötzlich Lisingas Bruder Silango auftaucht, der gerade aus Europa zurückgekehrt ist. Die Damen sind entsetzt, da es für Männer in China unter Todesstrafe verboten ist, in die Frauengemächer einzudringen. Dennoch fordern sie ihn auf, bis zum Einbruch der Dunkelheit zu bleiben, da es dann einfacher ist, unbemerkt aus dem Haus zu kommen. Um sich die Zeit zu vertreiben, schlägt Lisinga vor, Theater zu spielen. Jede der drei Damen wählt ein Thema auf, das sie in einer opulenten Arie präsentiert, Lisinga eine Tragödie, Sivene eine Pastorale und Tangìa eine Komödie. Als sie sich im Anschluss nicht einigen können, welche Gattung am meisten überzeugt hat, schlägt Silango ein Ballett als Kompromiss vor. Die Frauen sind begeistert von dieser Lösung und feiern sie singend und tanzend.

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Da kommt den Damen Lisingas kürzlich aus Europa zurückgekehrter Bruder Silango (César Arrieta) gerade recht.

Auch wenn Schönleber beim musikalischen Vorspiel Lisinga in einem feuerroten Kimono auftreten und ihren Freundinnen bunte Lampionschirme überreichen lässt, wird sehr schnell deutlich, dass hier kein pseudo-asiatisches Kolorit gezeigt werden soll. So präsentieren sich die Damen anschließend beim Sonnenbad auf großen Holzliegen in figurbetonten Badekombinationen äußerst europäisch. Natürlich ist es ihnen unangenehm, wenn Silango als Dandy in diese Privatsphäre eindringt, aber die Einkaufstüten namhafter Modedesigner lassen die Damen schnell zu der Erkenntnis kommen, dass es doch gar nicht so schlecht ist, den jungen Mann bis zum Einbruch der Dunkelheit bei sich zu behalten. Die Präsentation der drei Gattungen erfolgt dann recht traditionell. Doch für das Ende hält Schönleber einen Regie-Gag der besonderen Art bereit. Nachdem Silango die drei Freundinnen von der Fortschrittlichkeit Europas überzeugt hat, enthüllt der Inhalt der drei Einkaufstüten mit Besen, Kehrblech und Staubwedel, wie es tatsächlich um die Gleichberechtigung in dem ach so emanzipierten Europa bestellt ist. Da ist es kein Wunder, dass die drei Frauen Silango am Ende von der Bühne jagen.

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Dann machen wir halt Ballett: von links: Sivene (Silvia Aurea De Stefano), Tangìa (Ana Victoria Pitts), Silango (César Arrieta) und Lisinga (Sara Bañeras).

Bei den vier Solisten handelt es sich allesamt um Teilnehmer der Meisterklasse von Lorenzo Regazzo, die das Gastspiel in Bad Wildbad direkt mit diesem Kurs verbunden haben. Sara Bañeras stellt als Lisinga in ihrer großen Arie die Tragödie vor. Dafür hat sie eine Szene der Andromache ausgewählt, die nach dem Trojanischen Krieg in die Hände des Pyrrhus gefallen ist und nun vor der Wahl steht, den griechischen König zu heiraten und damit ihrem verstorbenen Mann Hektor untreu zu werden oder ihren geliebten Sohn Astyanax zu opfern. Eingefleischten Rossini-Fans dürfte diese Episode auch aus Rossinis Oper Ermione bekannt sein, und Reto Müller macht bei seinem Einführungsvortrag zur Oper leise Hoffnungen, dass man in den folgenden Jahren mit einer Produktion dieser selten gespielten Oper in Bad Wildbad rechnen darf. Bañeras begeistert in dieser Arie mit glasklaren Koloraturen und eindrucksvollem Spiel. Es folgt eine Pastorale, in der Silvia Aurea De Stefano als Sivene die Partie der schönen Nymphe Lycoris übernimmt. Hier bietet sich César Arrieta als Silango direkt an, die Rolle des Hirten Thyrsis zu übernehmen, der unnachgiebig um die schöne Nymphe wirbt. Damit haben die beiden nämlich auch, sehr zum Missfallen von Tangìa, die Möglichkeit, ihre Gefühle füreinander zu bekunden. Arrieta lässt mit lyrisch angesetzten Höhen tenoralen Glanz verströmen, während Aurea De Stefano den Geliebten mit weichem Mezzo und kessem Spiel geschickt auf Distanz hält. Hierbei macht Aurea De Stefano mehr als deutlich, dass sie alles andere als eine schüchterne Chinesin ist.

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Von diesen europäischen "Mode-Accessoires" sind Tangìa (Ana Victoria Pitts, links), Lisinga (Sara Bañeras) und Sivene (Silvia Aurea De Stefano) alles andere als begeistert.

Großes komisches Talent besitzt auch Ana Victoria Pitts als Tangìa, die die Komödie vertritt. Während sie zunächst den Anfang machen will, dann aber wieder abbricht, weil ihr kein Thema einfällt, liefert ihr Arrieta mit seiner Arroganz am Schluss das geeignete Sujet. Nun macht sie sich über den selbstverliebten Jüngling lustig, indem sie einen narzisstischen jungen Mann mimt, der von einer Europareise zurückgekehrt ist und nun den ganzen Tag vor dem Spiegel verbringt und sich für etwas Besseres hält. Silango findet das wiederum überhaupt nicht komisch, erst recht nicht, als Tangìa dann auch noch seine sorgfältig frisierten Haare mit weißem Haarschaum bedeckt. Pitts begeistert bei ihrer Arie mit einem kräftigen Mezzo und einer voluminösen Mittellage. Nicole Berry fängt die unterschiedlichen Darbietungen der drei Chinesinnen mit beeindruckenden Lichtstimmungen ein. Michele D'Elia erweist sich wie schon im Konzert am Tag zuvor als kongenialer Begleiter am Klavier, so dass es am Ende großen Applaus für diese kurzweilige Produktion gibt.

FAZIT

Das Königliche Kurtheater bietet das passende Format für diese Art Salonoper, und auch in diesem Bereich gibt es sicherlich noch einiges zu entdecken. Das junge Ensemble begeistert durch große Spielfreude,

Weitere Rezensionen zu Rossini in Wildbad 2015



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Produktionsteam

Musikalische Leitung und Klavier
Michele D'Elia

Regie, Bühnenbild und Kostüme
Jochen Schönleber

Licht
Nicole Berry


Solisten

Lisinga, Adelige junge Chinesin
Sara Bañeras

Sivene, Lisingas Freundin
Silvia Aurea De Stefano

Tangìa, Lisingas Freundin
Ana Victoria Pitts

Silango, Lisingas Bruder und Silenes Geliebter
César Arrieta


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