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Kinder, so geht Oper!
Von Stefan Schmöe / Fotos von Hans Jörg Michel
Große Oper für Kinder: Gespielt wird auf der großen Bühne, 90 Minuten ohne Pause, durchkomponiert fast ganz ohne gesprochene Passagen, Chor und großes Orchester, Solisten aus dem hauseigenen Ensemble der Rheinoper. Eben alles, was zu Oper dazu gehört. Möglich wird eine solche ziemlich aufwendige Produktion, für die eigens ein Kompositionsauftrag erteilt wurde, durch eine Kooperation der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg mit dem Theater Dortmund und dem Theater Bonn, und im Rahmen dieser Zusammenarbeit ist das schon die dritte Oper für Kinder und Jugendliche (nach dem Mädchen, das nicht schlafen wollte und Ronja Räubertochter). Jetzt also die Schneekönigin, die bereits im April in Duisburg ihre Uraufführung erlebte und jetzt im Düsseldorfer Opernhaus angekommen ist. ![]() Der Tölpeltroll (hier: Annika Boos) und der Trotteltroll (Conny Thimander)
Komponiert ist der 1968 in Berlin geborene Marius Felix Lange (das Libretto nach dem Märchen von Hans Christian Andersen hat er selbst verfasst), und er stellt sich mit seiner gut gearbeiteten, gelegentlich nach Filmmusik klingenden, in manchmal schwer fassbarer Tonalität stehenden Musik in die Traditionslinie Wagner-Strauss-Zemlinsky: Luxuriöse Klänge (ein wenig dick instrumentiert vielleicht), keine singspielhaften (und vermeintlich kindgerechten) Melodien, sondern eine Vielzahl an musikalischen Stimmungen und Klangfarben, aus denen die Gesanglinien herauswachsen - sogar das leitmotivische Rosenlied dürfte von ungeübten Ohren nicht ganz leicht wiedererkannt werden. Also auch auf Seiten der Musik keine halben Sachen. Die Bezeichnung "Familienoper" zeigt mit Recht an, dass da durchaus (auch) Erwachsene angesprochen werden (auch solche, die viel Repertoire kennen). Die Altersempfehlung "ab 6 Jahre" ist allerdings nicht nur der Länge wegen ambitioniert, da die episodenreiche Handlung trotz der klaren Strukturierung in sieben Bilder komplex, der Text anspruchsvoll und - wie es in der Oper nun mal so ist - nur in Ansätzen zu verstehen ist. ![]() Gefährlicher Kuss: Die Schneekönigin (Adela Zaharia) und Kay (Dmitri Vargin)
Im Detail wird Kindern wohl manches unklar bleiben; wer schnell genug lesen kann, dem helfen vielleicht die Übertitel, wobei Lange auch bei der Sprache anspruchsvoll ist und eine märchenhaft poetische Sprache im Zweifelsfall alltagstauglichen Formulierungen vorzieht. Sieben bildmächtige Szenen hat er geschaffen, in denen er die sehr genau die Situation umreißende Musik sprechen lässt, und die hat allemal genug Suggestionskraft, um das Werk zu tragen. Folgerichtig setzt die Aufführung auf den Überwältigungseffekt: Die solide Inszenierung von Johannes Schmid verzichtet dankenswerterweise auf Modernisierungen und erzählt ziemlich schnörkellos die Geschichte nach - und baut auf die wahrlich überwältigende Ausstattung von Tatjana Ivschina. Die veranstaltet in Bühnenbild und Kostümen einen ganz wunderbaren Theaterzauber. Mit Rosen bedruckte Hauselemente (die Rose ist im Märchen wie in der Oper der Gegenpol zur eisigen Welt der Schneekönigin) werden schnell verschoben und lassen ganz unterschiedliche Anordnungen zu - das will nie verheimlichen, dass hier Theater gespielt wird, sondern führt vielmehr opulent vor, was Theater alles möglich machen kann. ![]() Wenn es nach der Blumenfrau (Annika Kaschenz) ginge, würde Gerda (hier: Lavinia Dames) auf ewig in diesem Garten verweilen.
Die Sänger haben es ein wenig schwer, sich gegen das Orchester zu behaupten. In Duisburg hatten die dortigen Philharmoniker gespielt; in Düsseldorf ist es das altstadtherbstorchester unter der Leitung von Ville Enckelmann, das hier ganz solide und generell etwas zu laut aufspielt (an Feinheiten in der Gestaltung bleibt noch Luft nach oben). Dmitri Vargin als Kay, dem Splitter vom Zerrspiegel der Schneekönigin in Auge und Herz geraten und seine Gefühle lähmen und den die Schneekönigin auf ihr Schloss verschleppen lässt, trumpft mit kräftigem hohen Bariton auf. Heidi Elisabeth Meier als Kays Freundin und Retterin Gerda hat einen eigentlich lyrischen Sopran, den sie aber gut fokussiert und damit auch die gelegentlich dramatischen Anforderungen der Partitur bewältigt. Adela Zaharia ist eine leuchtend klare Schneekönigin, Aisha Tümmler als Tölpeltroll und Conny Thimander als Trotteltroll (die tollpatschigen Gehilfen der Schneekönigin) sind stimmlich etwas leichtgewichtig, spielen ihre Rollen aber hübsch komödiantisch aus. ![]() Zu guter letzt finden sie sich: Gerda (hier: Lavinia Dames) und Kay (Dmitri Vargin)
Das Konzept geht auf: Das junge bis sehr junge Publikum folgte der Aufführung weitgehend sehr konzentriert. Natürlich gibt es ganz märchenhaft ein happy end, und die konventionell heile Welt ist angesichts der sonstigen Komplexität wohl auch angebracht, ebenso der Verzicht auf pädagogische Finessen. Hier geht's um das Genre Oper an sich. Am Ende großer Applaus für alle Beteiligten.
Eine tolle, sehr anspruchsvolle Produktion, die den Zauber der Oper an sich als Thema hat. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Choreographie
Licht
Chor
Dramaturgie
Solisten
Schneekönigin
Kay
Gerda
Blumenfrau
Krähe
Prinz
Prinzessin
Räubermädchen
Rentier
Großmutter / Finnische Lappin
Tölpeltroll
Trotteltroll
Deubeltroll
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