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Musiktheater
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Evita

Musical in zwei Akten
Text von Tim Rice
Musik von Andrew Lloyd Webber

in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 25' (eine Pause)

Übernahme-Premiere im Opernhaus Wuppertal am 5. Oktober 2013
(Premiere im Theater und Konzerthaus Solingen am 24. Mai 2013)


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Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Opernfoyer als Präsidentenpalast


Von Thomas Molke / Fotos von Uwe Stratmann

Gerade eine Woche ist es her, dass im Opernhaus die neue Spielzeit mit einer rundum gelungenen Fledermaus in der Inszenierung des scheidenden Opernintendanten Johannes Weigand eröffnet worden ist, da laden die Wuppertaler Bühnen bereits zur nächsten Musiktheaterpremiere ein. Allerdings muss man fairer Weise hinzufügen, dass diese Produktion schon in der letzten Spielzeit in Solingen zu erleben war und man vor der Sommerpause im Opernhaus bereits eine Preview zur Finanzierung der neuen Spielstätte veranstaltet hatte, so dass der Begriff "Premiere" hier eigentlich nur bedingt zutreffend ist. Sieht man einmal von organisatorischen Gründen ab, die mangels alternativer Spielstätten für das Schauspiel und das Tanztheater Pina Bausch wohl hauptsächlich für diese kurze Aufeinanderfolge zweier Musiktheaterproduktionen verantwortlich sein mögen,  legen die Bühnen damit erneut ein Zeugnis davon ab, was mit einem festen Ensemble möglich ist, zumal die Produktion mit einem einzigen Gast auskommt und alle anderen Solisten auch in der Fledermaus zu erleben sind, ein Aspekt, den man im Moment in Wuppertal nicht oft genug betonen kann, da doch im Moment wieder das Gerücht durch die Presse geistert, man wolle zukünftig ganz auf ein festes Ensemble verzichten.

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Evita (Banu Böke) zwingt den Sänger Augustin Magaldi (Boris Leisenheimer), mit ihr nach Buenos Aires zu gehen.

Die Vertonung der Geschichte um die argentinische Präsidentengattin Eva Perón, die in ihrem kurzen Leben aus einfachen Verhältnissen zu einer Ikone des Volkes aufstieg, bedeutete für Andrew Lloyd Webber einen Wendepunkt in seiner Laufbahn, da er, anders als in seinen früheren Werken Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat und Jesus Christ Superstar, die ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Textdichter Tim Rice entstanden, nicht mit unterschiedlichen musikalischen Richtungen spielte, sondern sich fokussiert auf die Titelpartie einem gleichbleibenden Stil verschrieb, der nachvollziehen lässt, was diese Frau für Millionen von Menschen unwiderstehlich gemacht hat. Dass hinter dieser charismatischen Populistin aber auch ein skrupelloser Machtmensch steckte, wird vor allem durch einen eingefügten Erzähler namens Che deutlich, der aus der Retrospektive vor den Zuschauern nicht ohne einen gewissen Zynismus das kurze Leben Evitas noch einmal Revue passieren lässt. Auch wenn mit dieser Figur schon aus historischer Korrektheit nicht der Revolutionär Che Guevara gemeint ist, lassen sich in den Äußerungen zahlreiche Parallelen finden, die die unterschiedlichen Denkansätze dieser beiden bedeutenden Persönlichkeiten aufeinander prallen lassen.

Evita (Banu Böke, Mitte vorne), Che (Patrick Stanke, Mitte) und Perón (Olaf Haye, rechts) hoffen mit dem Volk (Chor) auf ein "neues Argentinien".

Für Aurelia Eggers' Inszenierung hat Bühnenbildner Jürgen Lier ein Kino errichtet, dessen große Leinwand auch später noch für diverse Videoprojektionen genutzt wird. Die Filmvorführung, die direkt zu Beginn unterbrochen wird, um Evitas Ableben zu verkünden, zeigt Evita als Schauspielerin in einem Liebesfilm aus einer Zeit, bevor sie politisch Karriere machte, was die Allgegenwärtigkeit dieser Frau im Leben der einfachen Bürger betonen soll. Während anschließend das Bild der Verstorbenen auf der Leinwand erscheint - großes Lob an die Maske, die Banu Böke der historischen Evita optisch sehr nahekommen lässt - und die trauernden Massen überstrahlt, die zum einen in Gestalt des Chors mit gesenktem Haupt über die Bühne laufen, zum anderen auf eine weitere herabgelassene Leinwand projiziert werden (Lob an dieser Stelle auch für die Videoeinspielungen von Jakob Creutzburg), bleibt Che von der schrecklichen Nachricht ungerührt und leitet zur Erzählung über Evitas Leben über. Die verschiedenen Stationen werden mit wenigen Requisiten, die schnelle Szenenwechsel ermöglichen, und diversen Videoeinspielungen in rascher Folge erzählt, wobei auch ein gewisses Wuppertaler Lokalkolorit nicht fehlen darf, wenn Evita beispielsweise in einer Projektion mit ihrem Gatten herrschaftlich die Treppe zum Kronleuchter-Foyer im Opernhaus herabschreitet.

Neben den Solisten lebt dieses Werk vor allem von großen Massenszenen. Hier präsentiert sich der von Jens Bingert einstudierte Chor in faszinierender Spielfreude, sei es nun als Evitas Familie, die von Magaldi fordert, Eva mit in die Großstadt Buenos Aires zu nehmen, als Evitas Liebhaber, die ihre Karriere ermöglichen, als Aristokraten und Generäle, die den Aufstieg des Mädchens aus einfachen Verhältnissen sehr argwöhnisch beobachten und zu verhindern versuchen, oder als Volksmasse, die Evita ergeben zu Füßen liegt. In all diesen unterschiedlichen Partien machen der Chor und Extrachor der Wuppertaler Bühnen durch eine geschickte Personenführung von Aurelia Eggers eine gute Figur. Besonders beeindruckend gelingt das Bild, wenn der Jubel für den neu gewählten Präsidenten Perón zu Beginn des zweiten Aktes auf Evita übergeht und Evita auf einem Podest umgeben vom Volk emporgefahren wird und gewissermaßen über den Köpfen des Volkes das berühmte "Don't Cry for Me, Argentina" singt. Etwas schwach gelöst wird hingegen die "Rainbow-Tour", die von Evitas Besuch bei diversen europäischen Staatsoberhäuptern berichtet. Da wird Evita zwar auf einem roten Teppich postiert, an dem mehrere Personen vorbeimarschieren, ein Bezug zum gesungenen Text lässt sich allerdings an dieser Stelle nicht erkennen. Vielleicht hätte man an dieser Stelle mit der Leinwand arbeiten sollen. Großartig hingegen gelingt der Abschluss des ersten Aktes, wenn das Volk eine riesige argentinische Flagge emporhält und mit dem Song "A New Argentina" auf eine bessere Zukunft für das eigene Land hofft.

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Evita (Banu Böke) und Che (Patrick Stanke)

Einziger Gastsolist in dieser Inszenierung ist Patrick Stanke, der als mittlerweile renommierter Musical-Star an den Ausgangspunkt seiner Karriere zurückgekehrt ist. Am TiC (Theater in Cronenberg) sammelte er nämlich seine ersten Musical-Erfahrungen, bevor er nach seiner Ausbildung zum Musicaldarsteller an der Bayerischen Theaterakademie August Everding auch internationale Erfolge in diesem Genre feierte. Als Che begeistert er das Publikum mit beweglicher und durchschlagskräftiger Stimme, die den Registerwechseln der Partie in jeder Hinsicht gewachsen ist, und charismatischem Spiel, das der Funktion eines Spielleiters mit leicht zynischem Unterton mehr als gerecht wird. Boris Leisenheimer überzeugt in knallrotem Outfit in der Partie des schmierigen Sängers Augustin Magaldi und setzt den Song "On This Night of a Thousand Stars" mit herrlich übertriebenem Schmalz wunderbar komödiantisch an. Annika Boos gefällt mit mädchenhaftem Sopran als Mistress von Perón in ihrer Arie "Another Suitcase in Another Hall", wenn sie von Evita kurzerhand vor die Tür gesetzt wird. Olaf Haye stattet Evitas Gatten Perón mit markantem Bariton aus und macht darstellerisch wunderbar deutlich, wie er auch als Präsident noch zum Spielball seiner Frau wird.

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Evita (Banu Böke) blickt auf ihr Leben zurück.

Ein großartiges Rollen-Debüt liefert Banu Böke in der Titelpartie ab und beweist, dass sie neben dem Opernfach auch die vermeintlich "leichte Muse" beherrscht. Darstellerisch vollzieht sie einen glaubhaften Wandel von dem kleinen Mädchen zu einer Frau, die zielstrebig ihren Weg bis an die Spitze des Staates verfolgt. Wie ihre anfängliche Naivität beim ersten Treffen mit Magaldi einem immer manipulativer werdenden Charakter weicht, wird von Böke bemerkenswert in Szene gesetzt. Auch tänzerisch macht sie in der Tango-Choreographie eine großartige Figur. Musikalisch wird ihre Interpretation des berühmten Hits "Don't Cry for Me, Argentina" allen Erwartungen gerecht. Einen weiteren Höhepunkt stellen der Song "Buenos Aires" im ersten Akt, in dem sie ihre Karriere-Erwartungen an die Großstadt zum Ausdruck bringt, und das Duett mit Stanke im zweiten Akt "A Waltz for Eva and Che" dar, in dem die beiden ihre unterschiedlichen Ansichten über das Gute für das Volk diskutieren. Eggers lässt Böke und Stanke dabei in einem kreisrunden Lichtkegel auftreten, was an zwei Tiere erinnert, die zum Kampf in eine Manege geführt worden sind. Das Sinfonieorchester Wuppertal setzt unter der Leitung von Tobias Deutschmann Webbers Musik punktgenau um, auch wenn die Lautstärke mit den durch Headsets verstärkten Sängern für die Ausmaße des Opernhauses bisweilen ein bisschen heruntergeschraubt werden könnte. Am Ende gibt es lang anhaltende, stehende Ovationen für alle Beteiligten.

FAZIT

Die Wuppertaler Bühnen haben bewiesen, dass sie es auch mit der Gattung Musical im großen Stil aufnehmen können. Das Publikum wiederum hat durch den großen Zuspruch gezeigt, welche Art des Theaters man sich in dieser Stadt wünscht. Hoffentlich wird das auch von den Verantwortlichen der Kulturpolitik für die Zukunft berücksichtigt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Tobias Deutschmann

Inszenierung und Choreographie
Aurelia Eggers

Bühne
Jürgen Lier

Kostüme
Veronika Lindner

Choreographie Tango Argentino
Doña Piedra

Licht
Henning Priemer

Video
Jakob Creutzburg

Choreinstudierung
Jens Bingert

Dramaturgie
Ulrike Olbrich
 

Opernchor, Extrachor, Kinderchor  und Statisterie der
Wuppertaler Bühnen

TänzerInnen des
Estudio de Tango Wuppertal

Sinfonieorchester Wuppertal


Solisten

Evita
Banu Böke

Che
Patrick Stanke

Perón
Olaf Haye

Augustin Magaldi
Boris Leisenheimer

Mistress
Annika Boos

Eva's mother
Dorothee Fischer

Eva's sisters
Annika Boos
Katrin Natalicio

Eva's brother
Marco Agostini

Lovers
Andreas Heichlinger
Tomasz Kwiatkowski
Jaroslaw Nowaczek
Mario Trelles Diaz
Javier Zapata Vera

Officers
Jochen Bauer
Andreas Heichlinger
Oliver Picker
Javier Zapata Vera

Aristocrats
Tanja Ball
Katharina Greiß
Angelika März
Ja-Young Park
Barbara Pickenhahn
Banu Schult
Jung Wook Kim
Hak-Young Lee
Oliver Picker
Mario del Rio
Mario Trelles Diaz

Secret Police
Nathan Northrup
Jaroslaw Nowaczek
Jung Wook Kim

Solo-Officers
Marco Agostini
Javier Zapata Vera

Admiral
Andreas Heichlinger


Weitere Informationen
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(Homepage)



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