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Und noch einmal Die Walküre
Von Thomas Tillmann
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Fotos von Eduard Straub
Siegmund (Michael Weinius) und Sieglinde (Elisabet Strid) entdecken ihre Liebe zueinander.
Sie funktioniert irgendwie immer noch, die inzwischen 23 Jahre alte Kurt-Horres-Inszenierung der Walküre, vor allem wenn man erfahrene Interpretinnen und Interpreten beschäftigt, die mit wenig Proben auskommen und wenn man ihnen gestattet, sich über weite Strecken in der Nähe des Dirigenten aufzuhalten - unter diesen Umständen kann man für vier Vorstellungen (davon drei im Theater Duisburg, deren erste ich besuchte) auch vier verschiedene Wotane und drei unterschiedliche Brünnhilden engagieren. Der Machtkampf zwischen Fricka (Martina Dike) und Wotan (Jürgen Linn) ist in vollem Gange.
Enttäuschend fand ich Sabine Hogrefe, die sich nicht zuletzt durch ihre Mitwirkung beim Siegfried bei den Bayreuther Festspielen 2010 einen Namen gemacht und alle drei Brünnhilden an kleineren Häusern gesungen hat. Die Stimme entwickelte angesichts des riesigen Orchesters einfach nicht die nötige Durchschlagskraft, es fehlt ihrem reifen Sopran jeglicher vokaler Glanz, die wobbelig-flackernden Töne in der Mittellage klingen besonders unattraktiv, und eine beeindruckende Darstellerin ist die Deutsche leider auch nicht. Insofern hatte es die intensive, wie ihr Bühnenbruder auf äußerste Textverständlichkeit achtende Elisabet Strid leicht, ihr als Sieglinde die Show zu stehlen, wobei ich anders als viele Besucherinnen und Besucher die sehr nordische, "gerade", eher herbe, bei aller Belastbarkeit und nie nachlassender Power im Kern doch lyrische Stimme der Schwedin eher durchschnittlich und für noch dramatischere Aufgaben sicher nicht geeignet halte. Nicht glücklich wurde ich mit Martina Dike, die als Fricka zwar mit stählernd-durchdringenden, wirklich imponierenden Spitzentönen in Sopranlage aufhorchen ließ, dafür aber ab der unteren Mittellage fast gar nicht mehr zu hören war - ich bin fast sicher, dass sie am Abend zuvor im Essener Tristan als Brangäne größeren Eindruck gemacht hat als an diesem als schauspielerisch ziemlich eindimensionale Fricka. Nolens volens weiht Wotan (Jürgen Linn) Brünnhilde (Sabine Hogrefe) in seine veränderten Pläne ein.
Michael Weinius hatte mir bereits bei dem Klangrausch-Konzert im November 2011 im Auszug aus dem ersten Aufzug gut gefallen "als Siegmund, der nicht nur einiges aus dem Text machte, ohne dass seine deklamatorischen Bemühungen zu Lasten der vokalen Linie gegangen wären, sondern auch stimmlich mit seinem nicht allzu dunklen, in der Höhe problemlos ansprechenden Tenor aufhorchen ließ, der die Baritonvergangenheit nicht mehr erkennen lässt". Schön zu erleben, dass er auch die gesamte Partie auf diesem Niveau problemlos und auf hohem Niveau durchsteht, ihn würde man - auch das schrieb ich damals bereits - gern öfter an der Rheinoper und anderswo in diesem Repertoire hören. Jürgen Linn war nichts weniger als ein interessanter, sehr individueller Wotan, der zunächst irritierend ziemlich jovial und hemdsärmelig wie ein Verwandter des Ochs auf Lerchenau begann (massiert ein Wotan Fricka die Schultern, um sie zu besänftigen?), so dass ich eilig im Programmheft nachlesen musste, ob er eine Musical- oder gar Boulevardvergangenheit hat, aber sein eigenwilliges, sehr eigene Akzente setzendes Singen, der reife, dunkle Klang seines sowohl zu mächtigen Entladungen als auch zu zarten Tönen fähigen Bassbaritons und sein großes schauspielerisches Engagement sorgten dafür, dass man diesem rechten Mannsbild auch in den langen Erzählungen gebannt zuhörte, und das kann man nicht von jedem Wotaninterpreten sagen. Thorsten Grümbel war ein Hunding ohne Fehl und Tadel mit überraschendem Volumen, angemessen dunkler Farbe und viel Charakter in der Stimme, während man bei den Walküren nicht nur angenehme Töne zu hören bekam. Wotan (Jürgen Linn) hat die ungehorsame Tochter (Sabine Hogrefe) in tiefen Schlaf versetzt.
Die beste Leistung ist an diesem Abend aber den Duisburger Philharmonikern und dem die Vorstellung mit großer Übersicht leitenden Axel Kober zu bescheinigen, die wirklich intensiv, inspirierend und glutvoll-zupackend, aber nie unkontrolliert musizierten und denen viele herrliche, auch sehr feine, intime Momente gelangen, die man im Gedächtnis behält.
Es ist schön, dass es immer noch Häuser gibt, die ihre guten alten Produktionen wieder und wieder aufnehmen - diese Produktion begleitet den Rezensenten beinahe sein ganzes Kritikerleben. Und an diesem Abend, dem man freilich mehr Zuschauer gewünscht hätte, gab es doch auch das eine oder andere musikalische Highlight zu genießen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Licht
Spielleitung
SolistenSiegmundMichael Weinius
Hunding
Sieglinde
Wotan
Fricka
Brünnhilde
Gerhilde
Ortlinde
Helmwige
Waltraute
Siegrune
Grimgerde
Rossweiße
Schwertleite
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