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Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Eindringliches
Psycho-Drama Von Thomas Molke / Fotos vom Pedro Malinowski
Narraboth (Lars-Oliver Rühl) und Salome (Majken Bjerno) (im Hintergrund: Rasmus Baumann) So ist Majken Bjerno nicht nur während der kompletten 105 Minuten selbst in der ersten Szene, in der sich Salome eigentlich noch im Palast befindet, auf der Bühne präsent, sondern scheint auch die interpretierte Rolle in ihrer Mimik regelrecht zu durchleben. Überhaupt gibt es trotz der konzertanten Aufführung auch etwas zu sehen. So wird ein blass weißer Lichtkegel oben rechts an die Bühnenwand geworfen, der den besungenen Mond darstellt. Dieses Licht verlischt erst mit Salomes Tod am Ende der Oper. Auch zu Jochanaan wird eine räumliche Distanz geschaffen, wenn in den ersten beiden Szenen nur seine Stimme aus der Zisterne zu hören ist. Mark Morouse ist in diesen Szenen auf der rechten Seite hinter dem Orchester platziert, so dass sein herrlich tragender Bariton wie eine Stimme aus weiter Ferne mahnt. Nur unter den im Programmheft angekündigten Kostümen von Andreas Meyer hätte man sich vielleicht etwas Spektakuläreres versprochen als schwarze Anzüge für die Herren und Abendkleider für Majken Bjerno und Gudrun Pelker, die sie auch bei jedem normalen Konzertabend hätten tragen können. Allerdings bekommt man in manchen Inszenierungen ja auch nichts anderes geboten, und immerhin geht es hierbei ja in erster Linie um die Musik. Salome (Majken Bjerno) (im Hintergrund: Rasmus Baumann) Und die kann sich in jeder Beziehung hören lassen. Mit unglaublichem Verve kitzelt Rasmus Baumann mit der Neuen Philharmonie Westfalen die teils schneidende Bitonalität und Dramatik aus der Partitur, die das Stück zu einem regelrechten Psycho-Thriller werden lässt. Großes Lob verdient Lars-Oliver Rühl als Narraboth der mit leuchtendem und absolut textverständlichem Tenor seine fatale Liebe zu Salome besingt. Dabei bewältigt er die Höhen geradezu spielerisch, ohne dabei zu forcieren. Auch Almuth Herbst begeistert als Page der Herodias mit wohl timbriertem und ebenfalls textverständlichem Mezzo. Eindringlich gestalten die beiden die erste Szene, in der der Page Narraboth vor der Gefahr warnt, die von Salome ausgeht. Parallel dazu lenken Joachim G. Maass und Sejong Chang als Soldaten die Aufmerksamkeit auf den eingesperrten Jochanaan, wobei Changs sehr junger Bass noch nicht die Tiefe besitzt, mit der Maass die Rolle ausstatten kann. Großartig gelingt auch das Streitgespräch der Juden über Gott in der vierten Szene, in der Hongjae Lim, E. Mark Murphy, Georg Hansen, Artavazd Zakaryan und Joachim G. Maass mit eindringlichem Geplapper demonstrieren, wie zerstritten sie sind. Herodias (Gudrun Pelker) und Herodes (William Saetre) (im Hintergrund: Rasmus Baumann) Eine Idealbesetzung stellen Gudrun Pelker als Herodias und William Saetre als Herodes dar. Schon ihr Bühnenauftritt demonstriert, dass dieses Herrscherpaar sich das Leben gegenseitig zur Hölle macht. Pelker mimt dabei mit keifendem Mezzo eine zanksüchtige Frau, um die Herodes sicherlich kein Mann beneidet. Saetre findet ein herrliches Gleichgewicht zwischen schwachem Herrscher, der seinem Verlangen nach der bildschönen Salome erliegt, und einem Tyrann, der in seiner Willkür für das Volk unberechenbar ist. Eindringlich gelingen dabei seine nahezu hündischen Bitten, wenn er Salome zunächst anfleht, für ihn zu tanzen, koste es, was es wolle, und ihr hinterher demütig die schönsten Schätze anbietet, nur damit sie auf den geforderten Kopf des Jochanaan verzichtet. Dabei zeigt Pelker auch komödiantisches Talent, wenn sie mit überraschter Mimik von irgendwelchen Schätzen erfährt, die ihr Mann ihr verheimlicht hat.
Und zu guter Letzt ist Majken
Bjerno zu nennen, die ein eindringliches Rollenportrait der Titelfigur
abliefert. Wie sie sich in jugendlicher Naivität nach Jochanaan verzehrt, den
sie anbetenden Narraboth aber gar nicht zur Kenntnis nimmt, macht sie schon
allein dadurch deutlich, dass sie Lars-Oliver Rühl gar nicht ansingt, sondern
sich häufig von ihm abwendet, während sie Mark Morouse in der dritten Szene
nahezu gar nicht aus den Augen lässt. Auch wie ihre Verabscheuung des
Stiefvaters allmählich dem Gefühl der Macht weicht, die sie über ihn ausüben
kann, und sie sich kalt berechnend auf den Schleiertanz einlässt, ist mimisch
hervorragend von Bjerno dargestellt. Der Wahn, der sie ergreift, nachdem sie den
Kopf des Jochanaan in ihren Händen hält, äußert sich in bewusst schrillen Tönen.
Ansonsten zeichnet sich ihr dramatischer Sopran mit großem Volumen in den tiefen
Lagen und enormer Durchschlagskraft in den Höhen aus. Die Neue Philharmonie
Westfalen präsentiert einen Schleiertanz, der vor Erotik knistert und vor dem
geistigen Auge des Zuhörers Träume wahr werden lässt. Wenn sich Salome am Ende
fragt, ob man ihrem Verlangen wirklich Folge leistet, entwickelt sich die Musik
beim tiefen Gemurmel der Kontrabässe und dem Schlagen auf die Saiten zu einem
Hör-Drama, mit dem man manchen Thriller kongenial untermalen könnte. Großen
Applaus für einen packenden und eindringlichen Abend gibt es am Ende für alle
Beteiligten.
FAZIT Das Musiktheater im Revier hat
bewiesen, dass auch eine konzertante Oper das Publikum fesseln kann und
keineswegs langweilig sein muss. Ob man diese Spannung einer konzertanten
Aufführung auch auf die Operette Der Zigeunerbaron übertragen kann,
bleibt abzuwarten.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung Kostüme Künstlerische Umsetzung Licht
Dramaturgie
Neue Philharmonie
Solisten
Herodes
Herodias
Salome Jochanaan
Narraboth
Ein Page der Herodias 1. Jude
2. Jude
3. Jude
4. Jude
5. Jude
1. Nazarener
2. Nazarener
1. Soldat
2. Soldat
Ein Kappadozier
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