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Musiktheater
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Die Zauberflöte

Deutsche Oper in zwei Aufzügen
Text von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart


Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere der Oper Köln in der Aula der Universität Köln am 11. Dezember 2010

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Oper Köln
(Homepage)

Und dann singt nur noch der Dirigent

Von Stefan Schmöe / Fotos: Oper Köln / Matthias Baus

Der akademische Geist drückt sich zunächst in einer gewissen Schäbigkeit aus, die trotz sehr frisch geweißter Wände durch die Flure des Universitätshauptgebäudes weht. Jedwedes Pathos, das dem Anfang der 30er-Jahre gebaute und 1935 eingeweihte Gebäude einmal innegewohnt haben könnte, hat man ihm gründlich ausgetrieben, und wenn sich das Opernpublikum in der Pause durch die bei aller Breite immer noch zu engen Gänge drückt, wird die Sehnsucht nach dem hoch aufragenden Foyer des Opernhauses groß (und manche literarische Verewigung auf den Toiletten deutet an, dass mit dem Eintritt ins Hochschulstudium der Reifeprozess nicht zwangsläufig abgeschlossen ist). Kurz nach dem Krieg hatte die Kölner Oper die Aula schon einmal als Ausweichspielstätte genutzt, jetzt kehrt man wegen der (zuletzt dann doch verschobenen) Sanierung des eigenen Hauses hierher zurück. Nach durchaus inspirierenden Ausflügen mit der Krönung der Poppea ins Gerling-Quartier mit dem großbürgerlichen Ambiente eines selbstbewussten Familienkonzerns und mit der Entführung aus dem Serail ins Palladium mit dem (wenn auch etwas event-mäßigen) Charme einer herausgeputzten alte Fabrikhalle ist die Uni-Aula doch eher der Rubrik „Notlösung“ zuzuordnen.

Foto kommt später Aus dem Büro direkt in die Oper? Tamino (Lothar Odinius) blickt etwas verwundert auf Vogelfänger und -käfig

Die Aula selbst ist noch der beste Teil, ein nicht uneleganter riesiger holzvertäfelter Hörsaal mit Holzsitzen und Klapptischchen, wie ihn ein Großteil des gut situierten Publikums so oder so ähnlich sicher aus der eigenen Lernbiographie kennen dürfte. Es werden schlichte (aber funktionstüchtige) Operngläschen aus Pappe und Plastiklinsen verteilt (womit man allerdings auch nicht mehr von der kaum vorhandenen Inszenierung sieht). Und das Produktionsteam hat sich konzeptionell durchaus mit diesem besonderen Raum auseinander gesetzt. An der Stirnwand ist aus ziemlich roh belassenen Holzplatten ein Bühnenportal aufgebaut worden, dessen reich verzierte Ornamentik nur vage angedeutet ist. Hier entsteht Theater quasi aus dem Nichts, erfindet sich gerade selbst, braucht den Maschinenpark (der bei Mozart und Schikaneder doch ursprünglich mitgedacht war) nicht. Bühnenbildnerin Hyung Chu gelingen mit ein paar wenigen Vorhängen und ganz wenig Requisiten trotzdem ein paar schöne, mitunter sogar allzu dekorative Bilder. Auch die sehr gelungenen Kostüme von Susanne Füller bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen Alltagskleidung und Märchenhandlung, mal mehr auf der einen oder auf der anderen Seite (allein die kissenartigen Gewänder der Knaben sind allzu verspielt).

Foto kommt später

An den beiden hätte auch Mozart seine helle Freude gehabt: Pamina (Mojca Erdmann) und Papageno (Miljenko Turk)

Die Zauberflöte aus dem Alltagsgeschehen heraus zu erschaffen, das ist ja nicht der schlechteste Ansatz, wenn auch sicher einer der am wenigsten intellektuellen – denn Regisseur René Zisterer beschränkt sich darauf, kreuzbrav die Geschichte nachzuerzählen. Die reduzierte Ausstattung kommt ihm entgegen, wird dadurch doch mancher rezeptionsgeschichtliche Ballast zwischen Schinkelpathos und Pappmachéelöwenkitsch ausgespart. Der Raum mit Mittelgang und aufsteigenden Treppen wird pflichtschuldig einbezogen (wenn auch nie im Hinblick auf seine universitäre Funktion), das Orchester sitzt wie in einem Schwimmbecken vertieft inmitten der Bühne – und zwar „falsch herum“, sodass der Dirigent zum Publikum schaut. Das alles lockert die gewohnt distanzierte Theatersituation auf. Doch damit ist auch schon fast alles erzählt. Es scheint, als habe der Regisseur den Darstellern ein kumpelhaftes „Hört's euch einfach eine alte Schallplattn von der Zauberflöte an, dann wisst's schon, wie das geht“ mit auf den Weg gegeben und den Rest dem Schicksal respektive den Eingebungen der Sänger überlassen. So kämpft sich das Ensemble zwar bemüht durch die altbekannten Dialoge hindurch, aber vieles davon wirkt mehr abgearbeitet als inspiriert. Die Zauberflöte ist allemal bühnenwirksam genug, um das auszuhalten, und so gibt es eine ganze Reihe ansehnlicher Szenen – es liegt aber auch ein ordentliches Maß an Belanglosigkeit über der Szenerie.

Foto kommt später Wo bitte geht's zum hohen f? Die Königin der Nacht (Jeanette Vecchione)

Mag sein, dass die Rahmenbedingungen unglücklich waren und deshalb vieles unausgereift wirkt – schwer vorstellbar, dass hier im laufenden Uni-Betrieb konzentriertes Proben möglich sein soll. Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt auch die musikalische Seite. Das Gürzenich-Orchester, zuletzt in Poppea und Entführung unter Leitung von Konrad Junghänel noch in bestechender Form, scheint mit dem Zauberflöten-Dirigenten Modestas Pitrenas, dessen ausladende Arm- und Mundbewegungen eher zu Strauss und Mahler als zu Mozart zu passen scheinen, weniger gut zurecht zu kommen, jedenfalls sind etliche Einsätze verwackelt und die ersten Takte einer Nummer werden regelmäßig zur Zitterpartie (bis hin zum völlig verpatzten Einsatz im Terzett „Soll ich dich Theurer! nicht mehr seh'n?“, bei dem nur einer sang – nämlich der Dirigent). Wenn dann eine Nummer erst einmal angelaufen ist, dann hat das Orchester auch schöne Momente. Allerdings ist Pitrenas' Interpretation arg vordergründig und auf knallige Effekte ausgerichtet, oft auch zu schnell im Forte angekommen – gerade gegenüber Junghänels sehr stringentem Mozart-Dirigat in der Entführung nur zwei Wochen zuvor fällt das um einiges ab.

Foto kommt später

Feuerprobe, hübsch anzusehen

Die nie abgelegte Unsicherheit schlägt sich auch auf die Sänger nieder, obwohl ein an sich grandioses Ensemble beisammen ist. Angefangen bei denen, die im Besetzungszettel ganz unten stehen, zu Recht aber mit Ovationen überschüttet wurden: Klangschöner und intensiver leuchtend als Daniel Krähmer, Alexander von Both und Johannes Möhrle, allesamt Solisten des Tölzer Knabenchores, dürften die drei Knaben selten geklungen haben. Und auch die ebenso homogenen wie präsenten drei königlichen Damen (Susanne Niebling, Regina Richter, Katrin Wundsam) lassen keine Wünsche offen. Problematischer ist die Besetzung der Königin der Nacht mit Jeanette Vecchione, die zwar in ihrer ersten Arie die Koloraturen wie am Schnürl abspult, mit ziemlich körperloser Stimme aber wenig imperiale Aura versprüht. Dass sie in der zweiten Arie, wohl der allgemeinen Nervosität geschuldet, bei den von aller Opernwelt mit Spannung erwarteten Spitzentönen patzt, machte sie am Premierenabend zur tragikomischen Figur. Auch ihr Gegenpart Sarastro macht nicht ganz glücklich; Stefan Kocán singt mit recht ungehobelter Riesenstimme zwar engagiert und angenehm unsentimental, vor allem aber laut.

Foto kommt später Familienfoto zum Finale: Pamina und Tamino im göttlichen Glanz, von Papagena und Papageno sieht man nur die Silhouetten

(Zu) laut ist auch Lothar Odinius als metallisch strahlender, nicht allzu lyrischer Tamino. Der Sänger bringt alle stimmlichen Voraussetzungen mit, um die Partie „männlich“ kraftvoll anzulegen – aber in der ohnehin knalligen und direkten Akustik dürfte es doch viel mehr Piano sein. Das bringt die optisch wie stimmlich sehr attraktive Mojca Erdmann als glockenhell mädchenhafte Pamina ein, riskiert selbst in der hohen Lage noch zarte Töne im (immer tragfähigen und runden) Pianissimo - das ist schon große Opernkunst. Miljenko Turk gestaltet den Papageno mit geradezu verschwenderisch elegantem Kavaliersbariton und stürzt sich mit Verve auf die Partie, aber der Kroate entspricht (trotz nahezu perfekter Aussprache) eben nicht den Typus des Wiener Volksschauspielers, der dem Regisseur vorgeschwebt haben dürfte. Maike Raschke aus dem hauseigenen Opernstudio, die schon in der Krönung der Poppea starken Eindruck hinterließ, ist als Papagena bei ihrem einzigen Duett sofort mit höchster Präsenz und strahlender Stimme bei der Sache und dürfte schon bald in größeren Partien zu erleben sein. Martin Koch als zupackender Monostatos und Wilfried Stabler als sonorer Sprecher sind erstklassige Besetzungen, Alexander Fedin und Yong Doo Park könnten als Geharnischte und Priester noch an Homogenität gewinnen.

Klangbeispiel Klangbeispiel: "Der Vogelfänger bin ich ja" - Miljenko Turk (Papageno)
(MP3-Datei)


Klangbeispiel Klangbeispiel: "Dies Bildnis ist bezaubernd schön" - Lothar Odinius (Tamino)
(MP3-Datei)


Klangbeispiel Klangbeispiel: "Bei Männern, welche Liebe fühlen" - Mojca Erdmann (Pamina), Miljenko Turk (Papageno)
(MP3-Datei)



FAZIT

Die Inszenierung bietet nicht mehr und nicht weniger als leidlich solides Familientheater; musikalisch gibt's manchen Glanz – aber alles wirkt noch sehr unausgereift. Sicher keine schlechte Aufführung, aber angesichts des hohen Potenzials, das dieses Sängerensemble besitzt, ist eben doch manches verschenkt.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Modestas Pitrenas

Inszenierung
René Zisterer

Bühne
Hyun Chu

Kostüme
Susanne Füller

Licht
Nicol Hungsberg

Chor
Andrew Ollivant

Dramaturgie
Birgit Meyer


Chor der Oper Köln

Gürzenich-Orchester Köln


Solisten

Pamina
Mojca Erdmann

Tamino
Lothar Odinius

Königin der Nacht
Jeanette Vecchione

Sarastro
Stefan Kocán

Papageno
Miljenko Turk

Papagena
Maike Raschke

1. Dame
Susanne Niebling

2. Dame
Regina Richter

3. Dame
Katrin Wundsam

Monostatos
Martin Koch

Sprecher
Wilfried Staber

Erster Geharnischter /
Erster Priester
Alexander Fedin

Zweiter Geharnischter /
Zweiter Priester
Yong Doo Park

1. Knabe
Daniel Krähmer

2. Knabe
Alexander von Both

3. Knabe
Johannes Möhrle


Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Oper Köln
(Homepage)





Da capo al Fine

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