![]() ![]() |
Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
![]() ![]() ![]() ![]() |
|
Die Komödie ist vorbei!
Von Ursula Decker-Bönniger
/
Fotos von Stage Picture GmbH „La commedia è finita!” Kalt und unpoetisch wirkt der wie eine Bühne ausgestellte betonfarbene Dorfplatz im mediterranen Sizilien. Schwarz gekleidete Gestalten treffen sich zu einem mysteriösen Karfreitagsumzug und gruppieren sich anschließend rechts und links, nach Männern und Frauen getrennt, um die leere Mitte. Aus dem Orchestergraben lassen rührende Melodiepassagen die Herzen italienischer Belcanto-Liebhaber höher schlagen. Dann erklingt aus dem Bühnen-Off die Siciliana des verliebten Turridu, wunderbar, mit kleiner „tenorialer Träne“ und italienischem Schmelz interpretiert von Charles Kim. Das ist der eindrucksvolle Beginn des einaktigen Melodramas Cavalleria rusticana, das Christine Mielitz zusammen mit Leoncavallos I Pagliacci in Dortmund inszeniert. ![]() Valérie Suty (Santuzza) und Charles Kim (Turridu)
Cavalleria rusticana, übersetzt mit „Ländlicher Ehrenhandel“ oder „Sizilianische Bauernehre“, ist eine 1890 uraufgeführte, von den Zeitgenossen weltweit bejubelte Tragödie, deren Hauptperson, die besessen liebende, entehrte junge Bäuerin Santuzza, sich an ihrem skrupellosen Liebsten rächt, indem sie ihn an den gehörnten Ehemann Alfio verrät. Dieser schwört blutige Rache. Nachdem Turridu von seiner Mutter Abschied genommen hat und sie bittet, sich um Santuzza zu kümmern, falls er nicht zurückkomme, stellt er sich dem Kampf auf Leben und Tod und wird getötet. ![]() Simon Neal (Alfio) und Valérie Suty (Santuzza)
Auch wenn Eduard Hanslick schon die Passagen, in denen die Posaune stimmverdoppelnd eingesetzt wird, als „Aufdringlichkeit häßlicher Klänge“ empfand und als Musik mit „sozial-demokratischem Zug“ ablehnte, aus heutiger Sicht geht es nicht so naturalistisch zu. Typisch für den veristischen Opernstil ist die ein Geschehen illustrierende Harmonik und Instrumentation wie z.B. in der Osterchor-Szene. Cavalleria bleibt jedoch in den überwiegenden Teilen Opern-Bühnenmusik in Belcanto-Tradition, wo dramatisch erregte Szenen kontrastreich musikalischen Ruhepunkten gegenübergestellt sind gleich der Ruhe vor dem Sturm tragischer Ereignisse. Die Inszenierung von Christine Mielitz und das Bühnenbild von Harald Thor setzen die in der Musik ausbleibenden veristischen Akzente und damit einen szenisch eindrucksvollen Kontrapunkt. ![]() Sylvia Koke (Nedda/Colombine)
Ob Streit oder liebevolle Umarmung, alles findet unter dem normativen Blick der in ansprechender Choreographie aufgestellten Chor-Öffentlichkeit (Dorfbewohner) statt. Verkörpert im Ehrbegriff des kräftig, markant, geradezu angsteinflößend von Simon Neal dargebotenen Alfio („Il cavallo scalpita“) lassen diese keine Andersartigkeit zu und sind zu einer ritualisierten, nach archaischen Gesetzen handelnden Masse zusammengeschweißt. Santuzza - sängerisch wie schauspielerisch expressiv und differenziert interpretiert von Valéry Suty - ist eine besessen liebende Frau und bleibt Außenseiterin, ohne die herrschenden Traditionen infrage zu stellen. Auch in I Pagliacci (hierzulande bekannter unter dem deutschen Titel Der Bajazzo) geht es um Mord aus Eifersucht und Liebe. Allerdings wird hier die aus dem Leben der Schausteller erwachsene Dramatik mit der theatralen Scheinwelt der Commedia dell' Arte konfrontiert. Während das Bühnenbild die Gemeinsamkeiten der Opern betont - aus dem podestartigen Dorfplatz ist die betonfarbene Show-Bühne eines an ein Fußballstadion erinnernden Festgeländes geworden – inszeniert Christine Mielitz die Theaterwelt als marionettenhaftes, vordergründig burleskes, buntes Spiel. Entsprechend dem musikalischen Wechsel von leidenschaftlichen, freien Formen der Haupthandlung und den spielerischen, grazilen Melodien der Barocktänze in der Komödie werden Doppelbödigkeit und dramatische Wende auch durch geschickte Farb- und Lichtgestaltung hervorgehoben. ![]()
Silvia Koke überzeugt als facettenreiche Nedda insbesondere in der hohen Lage. Simon Neal ist vor allem im Prolog ein farbiger, ausdrucksstarker Tonio, während Jürgen Müller die Rolle des Canio ein wenig zu zurückhaltend interpretiert. Umso temperamentvoller singen und spielen der Chor und vor allem die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Ekhart Wycik. „Singende“ Streicher, eindrucksvolle Soli und eine ausdrucksstarke Gestaltung in Tempo und Dynamik machen die Musik zu einem sinnlichen Erlebnis. FAZIT Sehenswerte Inszenierung der Verismo-Klassiker. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Choreographie
Choreinstudierung
Einstudierung Knabenchor
Dramaturgie
Solisten* Besetzung der rezensierten AufführungCavalleria rusticana
Santuzza
Turiddu
Lucia
Alfio
Lola
I Pagliacci
Canio / Bajazzo
Nedda / Colombina
Tonio / Taddeo
Peppe
Silvio
Erster Bauer
Zweiter Bauer
|
© 2008 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de