![]() ![]() |
Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
![]() ![]() ![]() ![]() |
|
In Klamauk versenkt
Von Rainhard Wiesinger / Fotos von Armin Bardel und Rolf Bock ![]()
Nun hat also auch Wien neben den konventionellen Produktionen an Staats- und Volksoper eine sogenannte zeitgemäße und noch dazu begeistert akklamierte (!) Auslegung des Werks. Keith Warner ignoriert von Beginn an Zeit sowie Ort des Librettos und lässt die Geschichte in einem modernen Hotel spielen, in dem Leporello als tölpelhafter Portier sein Dasein fristet. Zentrum der Bühne ist ein Fahrstuhl, der immer wieder zum Schauplatz von Giovannis Treiben wird. Um wenigstens am Ende des ersten Akts die Kurve zu einem opulenten historischen Ausstattungsspektakel zu kratzen, verkündigen schon zu Beginn Plakate einen anstehenden Maskenball. Über die Psychologie der Figuren lernt man an diesem Abend kaum Neues, genauso wenig darf man die Logik des Konzepts im Zusammenhang mit Da Pontes Text hinterfragen. Völlig im dunklen bleibt der Sinn des zweiten Finales, in dem Don Giovanni und Leporello als gebrechliche Greise gemeinsam mit gesichtslosen Puppen tafeln. Je nach Temperament und Laune fühlt man sich durch Warners Gags allerdings immer wieder gut unterhalten. Wesentlich interessanter verläuft da schon die musikalische Seite der Produktion: Bertrand de Billy widmete sich ausführlich der Frage nach der Wiener Fassung, die ja bekanntlich deutlich von der der Prager Uraufführung abweicht. So endet nun die Oper ohne Sextett mit Don Giovannis Höllenfahrt, weiters bekommt man im zweiten Akt ein nie gespieltes Duett zwischen Leporello und Zerlina zu hören, allerdings muss man auf Don Ottavios „Il mio tesoro intanto“ ebenso verzichten wie auf Leporellos „A pieta signori miei“. ![]() Gerald Finley als Giovanni (links), Hanno Müller-Brachmann als Leporello (Foto: Rolf Bock)
De Billy spult die Partitur mit Sinn für Lebendigkeit und dramatische Akzente ab, das Radiosymphonie-Orchester gefiel an diesem Abend dank des erstaunlich federnden Spiels der Streicher. Dass im selben Haus noch vor wenigen Jahren Riccardo Muti dieselbe Oper mit den Philharmonikern musizierte, sollte man sich derzeit freilich nicht in Erinnerung rufen. Im Gegensatz zu Muti steht de Billy mit Gerald Finley der vielleicht beste Don Giovanni der Gegenwart zur Verfügung. Nicht nur von der Persönlichkeit her die Inkarnation der Titelfigur, versteht es Finley zudem, seiner vollen, modulationsfähigen Stimme von Phrase zu Phrase die entsprechenden Färbungen und Akzente zu geben. In punkto Differenzierung kann Hanno Müller-Brachmanns Leporello nicht ganz mithalten, seine etwas unstet geführte Stimme lässt häufig die feinen Zwischentöne vermissen. Matthias Zachariassen (Don Ottavio), Markus Butter (Massetto) und Attila Jun (Commendatore) erweisen sich als rollendeckend. Weitaus unausgeglichner präsentieren sich die Damen, von denen nur Adriane Queirozs apart timbrierte Zerlina wirklich überzeugt. Myrto Papatanasiu hat als Donna Anna nicht immer Erfolg, ihr schrilles Organ der Gesangslinie entsprechend zu bändigen und der Zustand von Heidi Brunners zum Sopran hochgeschraubten Mezzos lässt Befürchtungen aufkommen, dass hier wieder einmal ein kaum nachvollziehbarer Fachwechsel irreversible Schäden angerichtet hat.
Hörens- aber nicht sehenswert! Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Ausstattung
Solisten
Don Giovanni
Donna Anna
Don Ottavio
Commendatore
Donna Elvira
Leporello
Masetto
Zerlina
|
© 2006 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de
- Fine -