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Der Widerspenstigen Lähmung
Von Peter Bilsing / Fotos von Eduard Straub „Sei dabei, oder sei ein faules Ei!“ (Alf) Augenscheinlich wollten die verantwortlichen Theatermacher in Düsseldorf die Karnevalszeit schon jetzt einläuten - oder was sonst ist von einer Cole-Porter-Produktion zu halten, die ununterbrochen und geradezu penetrant Lokalkolorit, Karnevalshumor und Stammtischscherze versprüht? RTL-Brachialhumor ist angesagt. Man paßt sich dem anscheinend neu gewonnenen Düsseldorfer Event-Publikum an. ROM – das „RheinOpernMobil“, dass als Ersatz für's sanierungsbedürftige Opernhaus dient - ist zur Zeit in. Mega-in! „Schatzi, geh´ n wir heute auf die Kirmes, oder ins Opern-Zirkuszelt ?“ ![]() Hoppe, hoppe Reiter... Der positive Aspekt dabei: Kulturelle Schwellenängste werden im ROM zur Zeit geradezu erschreckend schnell abgebaut. Das ist eine bemerkenswerte theaterpädagogische Leistung! Leider spielt sich das alles auch noch auf einem Seichtigkeitsniveau ab, das jeden Anspruch auch auf marginal qualitative Unterhaltung strikt und empörend von sich weist. Ich notiere immerhin noch Platz zwei auf meiner nach unten offenen Bewertungs-Skala „Schlechteste Inszenierung aller Zeiten“, die konkurrenzlos immer noch vom letztjährigen Kölner Orpheus angeführt wird (unsere Rezension). Heute singt wenigstens kein abgehalfterter Regierungspräsident......noch nicht! Schade, denn Kiss me Kate ist zwar ein recht alter Musicalschinken, aber immerhin noch so aktuell und scheinbar interessant, daß er im Düsseldorfer Nahbereich nicht nur in Essen (Premiere bereits 2005), heuer in Wuppertal bzw. Düsseldorf und nächste Saison auch in Krefeld auf dem Kultur-Speiseplan zu finden ist. Können vier verschiedene Kuturgestalter irren? Dass man nun ausgerechnet jenes Team (Kentrup, Hope, Fratz), welches 2002 an der Deutschen Oper am Rhein schon mit dem höchst überflüssigen Machwerk The bird garden das Publikum zu Tode gelangweilt hat, heuer nun mit einer Musical-Regie betraut, mutet bereits im Vorfeld, je nach Sichtweise, entweder tollkühn, dreist oder publikumsignorant an. ......schön, wenn Vorurteile bestätigt werden! ![]() Ein kurzer Blick auf den Außenumschlag des Programmheftes spricht Bände. Die unzählige diverse Seiten füllenden Paraphrasen von Regisseurs Norbert Kentrup – ein geschwätzig banales Plädoyer im Tenor eines Werbespotmonologs fürs Opernhausnotquartier ROM („unglaubliche Spielmöglichkeiten... Umsetzung von Shakespeares Behauptung... Geheimnis der leeren Bühne“... etc. pp) - und der permanente penetrante, selbstbeweihräuchernde und immer, immer wiederkehrende Hinweis auf das „Globe-Theatre" am Rhein“ gerieren Wunschdenken und implementieren Peinlichkeit, die dann tatsächlich ihre Umsetzung in der Szene findet.
Dämliche Textveränderungen, pars pro toto: „Du warst wohl früher Rasiercremetester bei Schlecker...?“ ergänzen sich prächtig mit dem kunterbunten (meist bonbonfarbenen) Kostüm-Fundus-Allerlei und der „naiven“ Vorhangpepinselung von Polly Hope (Bühne & Kostüme); immerhin gibt es vorne zwei antike Real-Säulen; auf der einen nisten zwei Stoffstörche, und die andere krönt eine TV-Empfangsschüssel, die permanent blinkt und leuchtet, wenn ein Darsteller mit seinem Handy telefoniert, was so ca. alle 5 Minuten der Fall ist. Technische Logik a la DOR! ![]() Opfer der schenkelklopffreudigen Regie: Morenike Fadayomi (Lilli) Die Künstler tun mir leid. Musikalisch geben sich in dieser Produktion heuer Opernsänger und Nichtsänger die Hand. Wir hören Stimmen und Stimmchen. Eine große Stimme ist Morenike Fadayomi (Lilli), nachdem sie sich gerade zu einer tollen dramatischen und überzeugenden Künstlerin gewandelt hat, darf sie nun wieder mal - wie in alten Zeiten - Augen rollen und mit den Füßen stampfen. Ludwig Grabmeier ist zumindest darstellerisch überzeugend, Schweigen wir über den Rest. Das ist bestimmt die Regie schuld; ist halt Karneval im ROM – da gelten andere Kriterien! Was unterscheidet nun einen zeitgenössischen Andrew Lloyd-Webber von einem „Grufti“ aus der Musicalsteinzeit der 50er Jahre (oder war es der Gattung Glanzzeit?) namens Cole Porter ? Ich würde mal polemisch antworten: In einem einzigen Porter-Musical – wie z.B. Kiss me Kate – gab es mehr Welt-Hits und Evergreens als in 15 Webber-Produktionen. Wer sich im Kurzdurchgang mit dem genialen Musical-Composer beschäftigen möchte, dem sei der hinreißende Film von Irvin Winkler „De-Lovely“ (Die Cole Porter Story – MGM 2004) wärmstens ans Herz gelegt. Und für schlappe 6 Euro gibt es bei JPC die „Original-Broadway-Cast-CD“ des Musicals für alle, die nach dem ROM-Besuch mal hören wollen, wie Cole Porters Musik wirklich klingt. Auch der wunderbare MGM-Film von 1953 (MGM) ist in neuen Farben auf DVD wieder billigst zu haben – herrlich die Originaltexte, spritzig, witzig und von kabarettistisch-sprachspielerischem Format. Nun ist Martin Fratz durchaus ein guter Dirigent und das „Orchester Düsseldorfer Altstadtherbst“ eine mehr als verdienstvolle Truppe, aber reicht das für ein Weltmusical? Nein ...auch nicht ansatzweise, leider. Hinzu kommt, daß man die Musiker (welch glorreiche Idee!) oben im 1.Rang quasi unter der Zirkuskuppel postiert hat. Kein Wunder, daß alles dann auch wie Zirkusgetröte klingt ....von Cole-Porter keine Spur! So gibt man einer unseligen Produktion natürlich den Rest. Ein „Rest“, der (ich will es nicht verhehlen!) augenscheinlich dem Publikum mehr als zusagte; Lachsalven, Brüllen und Schenkelklopferei ohne Ende, man schüttete sich förmlich aus ... einzig der griesgrämige bärbeißige Kritiker saß verständnis- und ratlos dabei und fuhr anschließend weinend nach Hause. Gute Nacht!
Helau! - an der Rheinoper hat der Karneval schon begonnen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Choreographie
Licht
Regiemitarbeit
SolistenLilli Vanessi / KateMorenike Fadayomi
Fred Graham / Petruchio
Ann Lane / Bianca
Bill Calhoun / Luccentio
Hattie
Erster Ganove
Zweiter Ganove
Hortensio
Gremio
Harry Trevor / Baptista
Harrison Howell
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E-Mail: oper@omm.de
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