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Geburtsstunde einer neuen Norma
Von Christoph Wurzel "Eine vortreffliche Norma ist heute in Deutschland die größte Seltenheit. Natürlich, unseren Coloratur - Sängerinnen fehlt die Stimme und das Darstellungstalent, unseren dramatischen' die Gesangstechnik." So klagte Eduard Hanslick im Jahre 1885. Auch heute sind wirklich überzeugende Sängerdarstellerinnen dieser anspruchsvollen Rolle rar. Gegen die wenigen großartigen Sängerinnen, deren Normas auf Schallplatte bzw. CD konserviert sind, ist natürlich auch schwer anzusingen. Ebenso finden sich schlüssige Inszenierungen jenseits des Klischees der reinen Belcantooper im Repertoire nicht oft. Inzwischen hat aber die ganz Große ihres Fachs Bellinis Paraderolle als - wie sie selbst andeutet - letzten Edelstein ihrer an Glanz nicht armen Karriere hinzugefügt: in Japan gab Edita Gruberova ihr (konzertantes) Norma - Debut im vergangenen Jahr und nun präsentierte sie zum ersten Mal in Europa ihre Auffassung der Rolle der Norma - vorerst ebenfalls konzertant. Dass sie hierbei vortrefflich war, ist zu bestätigen. Auf der Bühne hat sie die Bewährungsprobe noch vor sich, das wird wie verlautet im übernächsten Jahr in München sein. Mit Spannung fiebert natürlich jedes Publikum einer Norma - Aufführung dem Gebet "casta diva" im 1. Akt entgegen. Und die Gruberova erfüllte schon hier alle Erwartungen, die auch angesichts ihrer großen Vorgängerinnen, ob Callas, Caballé oder Sutherland natürlich hoch gesteckt waren. Was die Stärken der Primadonnen der Vergangenheit gewesen sein mögen, die Ausdrucksintensität der einen, die Tonschönheit der anderen, die Brillanz der dritten - dies vermochte die Gruberova in ihrer Rollengestaltung zu vereinigen, so dass ihre Norma ein neuer Höhepunkt in der Historie der Gestaltung dieser Rolle werden dürfte. Foto (pr Festspielhaus)Dabei besticht die Gruberova nicht allein durch eine stupende Technik, die die Tugenden des Belcantogesangs wahrhaft zum Leuchten bringt, sondern verfügt auch über ein subtiles Ausdrucksrepertoire, durch das sie allein mit der Stimme dieser Partie ein breites Spektrum von Empfindungen zu verleihen vermag. Ihre Norma wird glaubwürdig als eine Frau von großer Tragik, zwischen Krieg und Frieden für ihr Volk wählen zu müssen, zwischen Rache und Liebe für den untreuen Geliebten hin und her geworfen zu sein und schließlich zwischen Hass und Liebe für ihre Kinder zerrissen zu werden droht - eine Tragik, die sie allein durch den Opfertod aufzulösen vermag. Die zentralen Stellen der inneren Dramatik der Oper vor allem im 2. Akt werden so dank Gruberovas Gestaltungskunst zu ergreifenden Momenten: die Betrachtung der schlafenden Kinder, ihr Entschluss zur Rache und schließlich ihr Abschied am Schluss. Doch eine Freude kam nicht allein an diesem Abend. In der Rolle der Adalgisa war die aus Riga stammende Mezzosopranistin Elina Garanca zu erleben, die wohl am Beginn einer viel versprechenden großen Karriere steht. Sie verfügt über ein außergewöhnlich samtiges Timbre und eine sicher geführte Stimme mit großem Ambitus: in der Höhe offen und strahlend, in der Tiefe füllig und weich. Schön mischte sich ihre aparte Stimmfarbe mit dem hellen Sopran der Gruberova. Aber auch der vokale Ausdruck der Jüngeren ergänzte sich beeindruckend mit dem der gestandenen Diva, so dass ihre beiden Duette zu den Höhepunkten des Abends zählten. Den dreisten Besatzer und rücksichtslosen Geliebten, den römischen Feldherrn Pollione, sang Aquiles Machado mit durchaus heldischem Impetus. An dem nötigen Feuer in der Stimme fehlte es nicht, in der Höhe jedoch kam er nicht ganz ohne Druck aus. Den tenoralen Schmelz des Verführers jedoch konnte er nicht ganz entfalten und dass er gleich zwei Priesterinnen vom Pfad der Tugend offensichtlich abbringen konnte, machte die etwas kalte Stimme nicht ganz glaubhaft. Gut vertreten die Nebenrollen: Alastair Miles setzte seinen Bass für einen seriösen Oroveso ein, Judith Howard war als Clotilde Normas warmherzige Vertraute und Ray M. Wade gab einen diskreten Flavio. Das Orchester ist bei Bellini ja in besonderer Weise der Diener der Sänger. Friedrich Haider formte aus der geschmeidig spielenden Staatsphilharmonie Rheinland - Pfalz einen tragenden Untergrund für die Sängerinnen und Sänger, vernachlässigte aber keineswegs, vor allem in den solistischen Stellen (Flöten, Blech) die zahlreichen Orchesterfarben aufblühen zu lassen. Schön martialisch in den Bandapassagen, kantabel und weich in den Streichern zeigte sich das Orchester den hohen Ansprüchen der Sängersolisten ebenbürtig gewachsen. Markante Akzente setzte der Doppelchor aus Rastatter Vokalensemble und Stuttgarter Choristen.
Von dieser Aufführung ist ein Livemitschnitt als CD geplant sowie die Übertragung im Programm des SWR zu einem bisher unbestimmten Zeitpunkt. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
SolistenPollione,römischer Prokonsul in Gallien Aquiles Machado
Oroveso
Norma,
Adalgisa,
Clotilde,
Flavio,
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