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Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
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Fassung von Jan Michael Horstmann und Martin Griesemer
Premiere im Opernhaus Wuppertal am 6. Juni 1996
(besuchte Aufführung: 12. Juni 1996)
Gesungen wurde ansonsten - bis auf die Angelica von Claudia Visca - durchaus akzeptabel. Anette Jahns (Bradamante), Veronika Waldner (Alcina) und Hans Christoph Begemann als Klavier und Geige spielender Orlando konnten ihre Partien anscheinend noch am ehesten sinvoll gestalten.
Jan Michael Horstmann versuchte mit Mitgliedern des Sinfonieorchester Wuppertal, durch Dynamik und einige Akzente etwas von der barocken Musik Vivaldis zu vermitteln. Die instrumentalen Einlagen aus verschiedenen anderen Werken Vivaldis, ließen dann zum Teil doch noch etwas von der - eigentlich gar nicht langweiligen - Musik Vivaldis erkennen, wenn auch immer durch die Brille von "Städtischen Sinfonikern".
Dieser Orlando ist GI, und diese Oper spielt im Berlin von 1945. Alcina ist Siegessäule, die Vorspiegelung falscher Tatsachen oder vielleicht auch schlichtweg der Kommunismus schlechthin. Orlando ist der starke Roland - eine Traditionsfigur mitteleuropäischer Epik. Bei Holk Freytags Inszenierung kämpft er vom Himmel herabschwebendend mit einem Laserschwert gegen eine alte Nazi-Seilschaft; doch erst die von den Frauen beschworenen Geister treiben ihn wirklich zum Wahnsinn.
Die Bühne (Bühnenbild und Kostüme: Wolf Münzner) besteht aus einem kunstgewerblichen Trümmerhaufen, auf dem sich die Figuren nichts zu sagen, nichts zu zeigen haben. Sie begegnen sich kaum, gehen aneinander vorbei. Aber ach, das ist kein inszenatorischer Einfall, sondern Einfallsarmut, Ideenlosigkeit par excellence.
Das Orchester sitzt auf der Bühne, wird auf- und abgefahren: Wo hat man es nur schon mal gesehen, in Butzbach, Hintertupfing oder Oberkotzau? Am Schluß ist alles Torso, Ruine, Chaos - wie bezeichnend und doch so geistig öde, leer. Tiefsinn wird hier vorgegaukelt und keine Versprechung erfüllt, keine Erfahrung gemacht.
Bitter ist der zweite Teil: Nicht nur die Symmetrie der Oper ist seltsam aus dem Gleichgewicht gekommen, auch bedauert man sein Ausharren im peinlich berührten Wuppertaler Opernhaus: Die gegen Orlando zeitlupenartig kämpfenden Geister sind schwarze Monster (Folkwang-Tänzer in der Choreographie von Markus Michalowski/Hajo Schüler) mit aufgemalten Skelett-Knochen. Die Auseinandersetzung hätte jedes Schülertheater überzeugender, weil verschämter inszeniert. Holk Freytag aber inszeniert schlichtweg unverschämt. Eine Zumutung. Dumm.
Das OMM-Redaktionsteam empfiehlt Wuppertaler Opernfreunden, den Machwerken des Schillerfreundes Freytag fernzubleiben - Nahverkehrstickets sind nicht teuer und das OMM informiert regelmäßig über erträgliche Inszenierungen der Region!