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Musikfest Berlin 2012

Porgy and Bess

Oper in drei Akten
Buch von Edwin Du Bose Heyward, Songtexte von Edwin Du Bose Heyward und Ira Gershwin
Musik von George Gershwin

In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Dauer:  3 ¼  Stunden – eine Pause

Konzertante Aufführung am 14. September 2012 in der Philharmonie.
Weitere Aufführungen: 15. und 17. September 2012


Berliner Festspiele
Musikfest Berlin

(Homepage)  

Mit Herz und Feuer

Von Christoph Wurzel

Mangels einer geschichtlich gewachsenen Musiktradition schuf der tief in der Kultur der Ostküsten-Puritaner verankerte Charles Ives, dessen Hauptwerke beim Musikfest in so großartiger Weise vorgestellt wurden, aus divergierenden musikalischen Mitteln seinen eigenen Stil, mit dem er schließlich zum „Vater“ der amerikanischen Kunst-Musik avancieren sollte. Auch George Gershwin, der Sohn eines aus dem zaristischen Russland ausgewanderten Synagogenkantors, im Melting Pot New York geboren und aus bescheidenen Verhältnissen als musikalischer Selfmademan empor gewachsen, verstand es souverän, die unterschiedlichsten musikalischen Linien zu einem Ganzen zu verschmelzen, den gerade boomenden Jazz mit klassischer Symphonik, den Stil der Broadway-Songs mit der Gospelmusik der Afroamerikaner. Ihm gelang es, die erste amerikanische Oper zu schreiben. Weil Porgy and Bess musikalisch so tief im Volkstümlichen wurzelt, nannte Gershwin selbst sein Werk daher  zu Recht „An American Folk Opera“, wenn ihm auch bei der Uraufführung mit voreingenommener Kritik begegnet wurde. Dies zum einen wegen der „schwarzen Thematik“, dann aber auch wegen der, wie es hieß,  „halbherzigen“ Mischung aus Oper und Musical. Musikalisch wirkt die Vielfalt der Ausdrucksformen in diesem Werk auf uns heutige Hörer dagegen faszinierend. Inhaltlich berührt die Geschichte der Leute im Schwarzen-Ghetto trotz manch sentimentaler Züge zudem ebenfalls. Und dies umso mehr, wenn das Werk auf so enthusiastische Weise präsentiert wird, wie es in Berlin nun zu erleben war.

Bereits vor einigen Jahren hatte Simon Rattle mit den Philharmonikern Auszüge aus Porgy an Bess in einem Konzert präsentiert. Beim diesjährigen Musikfest mit dem Thema Amerika durfte dieses Werk natürlich nicht fehlen: zwar nicht in  voller Gänze gespielt - diese erreichte wohl Wagnersche Dimensionen -, aber doch in einer mehr als dreistündigen Fassung ausführlich mit den  auskomponierten  Rezitativen, die dieses Werk überzeugend zur großen Oper machen. Obwohl konzertant geboten, gelang zugleich, weil die Sängerinnen und Sänger ausnahmslos ihre Rollen gestisch mit Verve füllten, eine so dramatisch spannungsvolle Aufführung, dass der Widerspruch zwischen der festlichen Garderobe der Ausführenden und dem Armenmilieu der Handlung nicht einmal störte.

Wie man weiß, gibt es die verbindliche Vorschrift, dass Porgy and Bess nur von farbigen Darstellern gespielt werden darf (nur die Amtspersonen sind Weiße), anders wäre die Handlung niemals authentisch. Dass bei dieser Aufführung zudem der Chor aus Südafrika kam, erhöhte die Authentizität der Aufführung allerdings noch beträchtlich. Denn in den Volksszenen, besonders den religiösen Passagen, entfachten die exzellent geschulten Sängerinnen und Sänger (auch einige Weiße darunter) in Rhythmik und Klang solch mitreißendes Temperament, wie es Gershwin selbst bei seinen Besuchen bei den Gullahs, aus Angola stammenden Afroamerikanern auf Folly Island nahe dem Handlungsort Charleston in South Carolina, erlebt haben mag. Unbeschreiblich gut war dieser Chor! Klar auch, dass auswendig gesungen wurde, sonst hätte diese Vitalität nicht entstehen und sich solche Elastizität nicht ergeben können. Zu einem der Höhepunkte wurde im Übrigen das von sechs Chor-Solisten verteilt auf Emporen in allen Ecken der Philharmonie simultan gesungene Gebet "Oh, Doctor Jesus", womit die Menschen der Catfish Row ihre Angst vor dem drohenden Unwetter zu dämpfen versuchen.

Dazu war ein großartiges Solistenensemble versammelt. Rodney Clarke (Jake) und John Fulton (Robbins) mit kernigen, jungen Stimmen. Den diabolischen Sportin’Life  gab Howard Haskin in einer Mischung aus Mephisto und Dandy. Lester Lynch sang bezwingend stark den aggressiven Crown. Andrea Baker als Serena und Angel Blue als Clara glänzten  in den Partien der jüngeren Frauen mit großen Stimmen. Leider nicht ganz so präsent war Tichina Vaughn als Maria. Die Rolle des Peter sang hervorragend der Chorsolist Andile Tshoni. Großartig, den in dieser Rolle so erfahrenen und souveränen Willard White als Porgy zu erleben. Neben ihm überzeugend die kurzfristig verpflichtete Latonia Moore als Bess. 

Rattle dirigierte die Philharmoniker hoch konzentriert und doch zugleich locker. Diese spielten mit sichtlicher Freude und vor allem in den symphonischen Passagen mit großer Geschmeidigkeit. Besonderen Beifall erhielt und verdiente Wayne Marshall, der schon gleich zu Beginn mit seinem Blues-Solo am Klavier vorgab, mit welch rhythmischen Finessen den Abend über zu rechnen war.

Fazit

Ein ganz großer Abend, der vom begeisterten Publikum frenetisch bejubelt wird.

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Produktionsteam 

Musikalische Leitung
Sir Simon Rattle

Choreinstudierung

Albert Horne

Cape Town Voice
of the Nation Chorus


Berliner Philharmoniker


 

Solisten

Porgy
Sir Willard White

Bess
Latonia Moore

Sportin’Life
Howard Haskin Crown
Lester Lynch

Jake, Fischer
Rodney Clarke

Clara, seine Frau

Angel Blue

Robbins, ein junger Fischer
John Fulton

Serena, seine Frau
Andrea Baker

Peter, Honigverkäufer
Andile Tshoni

Maria, seine Frau
Tichina Vaughn

Jim, ein Fischer

Michael Redding

Kriminalbeamter (Sprechrolle)
Jeff Burrell

Leichenbeschauer (Sprechrolle)
Dave Wilcox

sowie in kleineren Rollen
Solistinnen und Solisten
des Chores:

Mthunzi Mbombela
Jacqueline Manciya
Arline Jaftha
Siphamandla Yukupa
Vuyisile Hlaka
Nkosana Sitimela
Xolela Sixaba
Luhanyo Moyake
Ernestine Stuurman




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