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Der Nussknacker

Ballett in zwei Akten in einer Choreographie von Peter Wright nach Lev Ivanov
Original-Szenario von Marius Petipa nach E. T. A. Hoffmanns Nussknacker und Mäusekönig
Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky

Aufführungsdauer: ca. 2h 20' (eine Pause)

Live-Stream aus dem Royal Opera House in London am 8. Dezember 2022 (UCI Bochum)


Royal Opera House
(Homepage)
Perfekte Einstimmung auf Weihnachten

Von Thomas Molke / Fotos: © Alastair Muir / Tristram Kenton / Foteini Christofilopoulou (Royal Opera House)

Peter Iljitsch Tschaikowskys Ballett-Klassiker Der Nussknacker gehört zur Vorweihnachtszeit wie der geschmückte Christbaum, und wenn in den Opernhäusern das Werk auf den Spielplan gestellt wird, weiß man, dass das Fest der Liebe nicht mehr weit ist. 1984 hat Peter Wright für das Royal Opera House eine Choreographie geschaffen, die sich eng an das Original von Lev Ivanov hält und seitdem in Covent Garden für ausverkaufte Vorstellungen in der Vorweihnachtszeit sorgt. Mit einer Vielzahl von Tänzerinnen und Tänzern, von der andere Bühnen nur träumen können, schwelgt die Produktion in einer Opulenz, die für kleinere Bühnen nicht realisierbar ist. Durch die Corona-Beschränkungen in den letzten Jahren konnte die Inszenierung seit 2020 nicht mehr in voller Besetzung auf den Spielplan gestellt werden und kehrt nun nach drei Jahren wieder in vollem Umfang auf die Bühne zurück, was natürlich zum Anlass genommen wird, diese Wiederaufnahme als Live-Stream in nahezu 900 Kinos zu übertragen. Die ehemalige Balletttänzerin Darcey Bussell, die mittlerweile als Coach für das Royal Ballet tätig ist, und Petroc Trelawney präsentieren interessante Hintergrundinformationen vor der Vorstellung und in der Pause.

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Weihnachtsfest bei den Stahlbaums (© Foteini Christofilopoulou)

Nun meint man, die Geschichte des Nussknackers, die hierzulande alljährlich in zahlreichen Ballettproduktionen zu erleben ist, relativ gut zu kennen. Wrights Choreographie bietet allerdings neue Einblicke, die man so andernorts selten gesehen hat. So startet der Abend in der Werkstatt Drosselmeyers, der bei Wright eigentlich die zentrale Figur des Stückes ist. Drosselmeyer arbeitet an einem Engel, der die Spitze eines Tannenbaums schmücken soll. Im Hintergrund sieht man ein großes Bild eines jungen Mannes. Dabei handelt es sich um Drosselmeyers Neffen Hans-Peter, der einst von der bösen Mausekönigin in einen hässlichen Nussknacker verwandelt worden ist, weil Drosselmeyer in einem königlichen Palast einst eine Falle erfunden hatte, mit der er die Hälfte der Mäusepopulation ausgerottet hatte. Einen kurzen Moment erwacht das Bild zum Leben und zeigt, welche Qualen Hans-Peter in der Gestalt des Nussknackers, der als Puppe vor dem Bild liegt, erleidet. Da kommt dem Zauberer durch die Einladung zur Familie Stahlbaum eine Idee. Vielleicht ist die Tochter des Hauses, Clara, das junge Mädchen, das den Nussknacker von seinem Fluch befreien kann.

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Clara und der Nussknacker im Kampf gegen den Mäusekönig und sein Heer (© Tristram Kenton)

Nach einem kurzen Spaziergang durch pittoreske Straßen der Stadt landet man erst im zweiten Bild im Haus der Stahlbaums, wo sich eine große Gesellschaft auf das Weihnachtsfest vorbereitet. Hier bietet das Bühnenbild von Christopher Carr und Gary Avis eine detailverliebte Opulenz, die nur noch staunen lässt. Blickfang ist ein riesiger Weihnachtsbaum im Hintergrund der Bühne, der des Nachts kurz vor der Auseinandersetzung zwischen Nussknacker und Mausekönig zu einer riesigen Größe anwächst. Auch der restliche Raum ist ein reiner Augenschmaus. Erwähnt sei eine große Standuhr auf der linken Bühnenseite mit einem Uhu, der des Nachts verschmitzt blinzelt. Bennet Gartside beherrscht als Drosselmeyer bei diesem Fest durch faszinierende Zaubertricks die Szene. Sae Maeda begeistert als Clara mit mädchenhaftem Charme. Das Ensemble zeigt sich wunderbar aufeinander abgestimmt und erzählt auf diesem Weihnachtsfest zahlreiche kleine Geschichten. Besonders hervorzuheben ist auch der tänzerische Nachwuchs. Die jugendlichen Tänzerinnen und Tänzer punkten durch exakte Bewegungen und große Spielfreude. Der junge Tänzer des Fritz gibt einen herrlich frechen Bruder Claras, der zunächst den Nussknacker zerstört und von Drosselmeyer in seine Schranken gewiesen werden muss. Ein weiterer Glanzpunkt der Szene sind auch die Puppen, die Drosselmeyer zur Unterhaltung der Gesellschaft auftreten lässt.

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Clara und Hans-Peter im Reich der Süßigkeiten (© Alastair Muir)

Der nächtliche Kampf des Mäusekönigs gegen den Nussknacker und sein Heer ist einem dann doch wieder vertrauter. Auch hier sind die Kostüme von Julia Trevelyan Oman eine reine Augenweide. Drosselmeyer entfacht zunächst den Kampf, zieht sich dann aber zurück, weil er weiß, dass sein Zauber hier nicht viel ausrichten kann. Jetzt ist es Clara, die den Nussknacker im Kampf gegen den Mäusekönig unterstützen muss. Als der Mäusekönig den Nussknacker schon fast besiegt hat, schreitet sie ein und setzt ihn außer Gefecht. So hat sie den Nussknacker nicht nur gerettet, sondern auch von seinem Fluch befreit und ihn wieder in einen jungen Mann verwandelt. Die Szene verwandelt sich, und der Engel, den Drosselmeyer für die Christbaumspitze gebaut hatte, taucht nun in menschlicher Größe auf, um Clara und Hans-Peter in einem riesigen Schlitten in das Land des Schnees zu führen, von wo aus sie eine magische Reise zum Zuckergarten im Königreich der Süßigkeiten antreten und auf die Zuckerpflaumenfee und ihren Prinzen treffen. Mit wunderbarer Leichtigkeit begeistern die Tänzerinnen beim berühmten Schneeflocken-Walzer, und der leise aus dem Schnürboden rieselnde Schnee macht diese Szene märchenhaft schön.

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Die Zuckerpflaumenfee (Fumi Kaneko) und der Prinz (William Bracewell) (© Alastair Muir)

Nach der Pause ist man nun im Zuckergarten angekommen, der im Bühnenbild durch einen herrlichen Schlossgarten angedeutet wird. Hier berichtet Hans-Peter nun der Zuckerpflaumenfee und dem Prinzen von seiner Befreiung aus der Gestalt des Nussknackers. Joseph Sissens setzt dies mit eindrucksvoller Gestik um und lässt den Kampf noch einmal Revue passieren. In die zahlreichen berühmten folgenden Tänze werden Sissens und Maeda teilweise wunderbar mit einbezogen. Auch hier können die hiesigen Ballett-Compagnien nur davon träumen, mit einer solch großen Besetzung bei den einzelnen Tänzen aufzuwarten. Dabei bestechen alle Tänzerinnen und Tänzer durch perfekte Eleganz, die sie eigentlich allesamt als Solistinnen und Solisten auszeichnet. Ein weiterer Höhepunkt ist dann der Blumenwalzer. Im Anschluss haben dann Fumi Kaneko als Zuckerpflaumenfee und William Bracewell als Prinz ihren großen Auftritt. Kaneko glänzt durch scheinbare Leichtigkeit und unglaubliche Eleganz. Bracewell punktet durch kraftvolle Sprünge und Drehungen und findet im Zusammenspiel mit Kaneko zu einer betörenden Innigkeit.

Nach diesem Divertissement kehren Clara und Hans-Peter in die Realität zurück, gehen aber nun getrennte Wege. Clara befindet sich auf dem Weg zu Drosselmeyer, um ihm von ihrem nächtlichen Abenteuer zu berichten, und trifft auf Hans-Peter, ohne ihn zu erkennen. Er fragt sie nach dem Weg zu Drosselmeyer, und erst da scheint es Clara zu dämmern, dass es sich bei dem jungen Mann um ihren nächtlichen Begleiter handelt. Das letzte Bild zeigt dann Drosselmeyer in seiner Werkstatt. Sehnsuchtsvoll blickt er zum Portrait des jungen Mannes und fragt sich, ob Clara ihn wohl von seinem Fluch hat befreien können. Da öffnet sich die Tür, und Hans-Peter steht vor seinem Onkel. Die beiden fallen sich glücklich in die Arme, und das Märchen hat einen in jeder Hinsicht guten Ausgang genommen. Das Publikum spendet frenetischen Applaus.

FAZIT

Diese Produktion ist eine perfekte Einstimmung auf das Weihnachtsfest und bietet im Live-Stream eine Opulenz und eine Nähe zur Originalproduktion von 1892, die man auf deutschen Bühnen in der Regel so nicht erleben kann.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Barry Wordsworth

Choreographie
Peter Wright

Kostüme
Julia Trevelyan Oman

Bühnenbild
Christopher Carr
Gary Avis

Lichtdesign
Mark Henderson

Produktionsberater
Roland John Wiley

Arabischer Tanz bearbeitet von
Gary Avis

 

Orchestra of the Royal Opera House

The Royal Ballet


Tänzerinnen und Tänzer

Die Zuckerpflaumenfee
Fumi Kaneko

Der Prinz
William Bracewell

Herr Drosselmeyer
Bennet Gartside

Clara
Sae Maeda

Hans-Peter / Der Nussknacker
Joseph Sissens

 

 


Weitere Informationen
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Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



Da capo al Fine

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