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Musiktheater
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Maskerade

Komische Oper in drei Akten
Text von Vilhelm Andersen nach der Komödie von Ludvig Holberg (1724)
Neue deutsche Fassung von Martin G. Berger
auf der Grundlage der Linearübersetzung von Hans-Erich Heller
Musik von Carl Nielsen


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 50' (eine Pause)

Premiere am 31. Oktober 2021 in der Oper Frankfurt

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Oper Frankfurt
(Homepage)
Gut gereimt ist halb gewonnen

Von Roberto Becker / Fotos von Monika Rittershaus

Die Uraufführung dieses von den Dänen, als Nationaloper geliebten Werkes fand am 11. November 1906 im Königlich Dänischen Opernhaus in Kopenhagen statt. Bei der Premiere einer der ganz seltenen Inszenierungen außerhalb Dänemarks gab es jetzt in der Oper Frankfurt, zwar kaum bemerkt, aber doch zumindest etwas königlichen Glanz. Mit dezentem Nachdruck bahnte hilfreiches Personal ohne groß aufzufallen der Schwester von Königin Margarethe II. von Dänemark, Prinzessin Benedikte, ihren Weg in eine der vorderen Reihen im dicht besetzten Parkett. Besonders ängstlich ob der in Frankfurt ja lückenlos sitzenden Zuschauer schien die Prinzessin nicht. Ob ihr gefallen hat, was sie zu sehen und hören bekam, lässt sich schwer sagen.

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Dem Premierenpublikum gefiel aber, was ihnen Tobias Kratzer servierte. Die Frankfurter haben auch schon einige Übung mit der Handschrift dieses Regisseurs. Wobei man das gar nicht so sagen kann, denn er versucht (mit Erfolg), sich möglichst nicht zu wiederholen. Er erfindet sich gleichsam jedesmal neu, ganz gleich, was er sich vornimmt. Im Falle der Maskerade haben er und sein langjähriger Ausstatter Rainer Sellmaier aber nicht das Stück überschrieben, was bei Werken, die dem Publikum gänzlich unbekannt sind, auch problematisch wäre. Sie haben sich eine eigene Neuübersetzung des auf die Komödie des dänischen Molieres Ludvig Holberg aus dem Jahre 1724 zurückgehenden Librettos von Vilhelm Andersen dichten lassen. Man könnte auch sagen: reimen lassen. Regisseur Martin G. Berger bot diesmal als Übersetzer so viel Reim-Dich-oder-ich-streich-Dich-Ehrgeiz auf, dass das einigen wenigen Zuschauern zu weit ging. Die Buhs mögen aber auch an mangelnden Vergleichsmöglichkeiten mit dem Original gelegen haben.

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Ohne den Bogen zu überspannen und zu dem ganz heutig kostümierten Personal passend, hat er vorsichtig modernisiert. Lust am Spaß sollte man freilich mitbringen, wenn man sich auf diese komische Oper einlässt, die für die außerhalb seiner Heimat kaum bekannte heitere Seite des Komponisten Carl Nielsen (1865-1931) steht. Gastdirigent Titus Engel kann sich am Pult des Frankfurter Opern- und Museumsorchester voll auf die pralle Theatertauglichkeit dieser Musik verlassen.

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Im Stück wollen die heiratsfähigen Kinder Leander (Michael Porter mit gewinnendem Tenorcharme) und Leonora (Monika Buczkowska) nicht so wie die Väter - Alfred Reiter ist Leanders Vater Jeronimus und Michael McCown der Vater von Leonora. Doch die gemeinsame, fast die gesamte Opernhandlung einnehmende Flucht, erst der jungen Leute, dann auch der älteren Semester, in die Welt der vergnügungssüchtigen Maskeraden führt am Ende die richtigen Paare doch zusammen. Maskiert begegnen sich auf dem Ball auch Jeronimus' tanzwütige Gattin Magdelone (Susan Bullock) und Leonoras Vater Leonard. Was aber quasi im Rahmen der am Ende erweiterten Familie bleibt.

Die musikalische Maskerade bringt viel Erinnerungen ans Singspiel oder auch an Mozart, und der eingebaute Nachtwächter muss sich richtig Mühe geben, nicht wie sein Kollege aus den Meistersingern zu klingen. Božidar Smiljanić ist im Zweitjob praktischerweise der Meister der Maskerade, weiß also genau, wann mit dem Ball Schluss zu sein hat. Auf einem etwa gleichbleibenden Erregungsniveau auf dem ziemlich viel und über weite Strecken durchgereimt parliert wird, katapultiert sich das turbulente Geschehen am Ende auch mit dem integrierten Ballett wie von selbst ins Happy End, bei dem die zusammenkommen, die es auch wollen.

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Optisch beginnt und endet das Ganze mit einem grauen Morgenkater. Die jungen Leute liegen halbnackt in Unterwäsche wie nach einer durchzechten Nacht überall auf dem Boden zwischen den schlichten grauen Wänden aus lauter Türen herum. Kratzers Kunst besteht darin, in diesem nüchternen Ambiente gleichwohl Opulenz durch die Spielfreude der Akteure zu ersetzten. Kinsun Chans Balletteinlage beim Ball, die durchspielt, was passiert, wenn Venus mit Mars fremd geht und Vulkan sie dabei erwischt, läuft hier ab, als wäre es eine Vision des griesgrämigen Moralapostels Jeronimus, der immer so dreinblickt, als wollte er Thilo Sarrazin imitierten. Für das Salz in der Handlungssuppe und vokalen Parlandoglanz sorgt darüber hinaus das Personal, vor allem Liviu Holender als Leanders Kammerdiener Henrik und Barbara Zechmeister als Leonores Zofe Pernille. Das Ganze ist vor allem eine ziemlich flotter, intelligent auf den Spielwitz der Vorlage zielender Spaß, der aus der Vorlage herausholt, was herauszuholen ist, ohne sich dabei auf eine historisierenden Ausstattung herauszureden.


FAZIT

Tobias Kratzer ist in Frankfurt eine witzige Version einer selten gespielten komischen Oper gelungen. Musikalisch ist es eine Ensembleleistung, die vom Publikum mit einhelligem Beifall quittiert wurde.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Titus Engel

Regie
Tobias Kratzer

Bühne und Kostüme
Rainer Sellmaier

Licht
Joachim Klein

Choreographie
Kinsun Chan

Einstudierung Chor
Tilman Michael

Dramaturgie
Konrad Kuhn



Statisterie der Oper Frankfurt

Chor der Oper Frankfurt

Frankfurter Opern-
und Museumsorchester


Solisten

Jeronimus, Ein Bürger Kopenhagens
Alfred Reiter

Magdelone, seine Frau
Susan Bullock

Leander, ihr Sohn
Michael Porter

Henrick, Leanders Kammerdiener
Liviu Holender

Arv, Jeronimus' Diener
Samuel Levine

Leonard aus Slagelse
Michael McCown

Leonora, seine Tochter
Monika Buczkowska

Pernille, Leonoras Zofe
Barbara Zechmeister

Ein Nachtwächter/ Meister der Maskerade
Božidar Smiljanić

Ein Maskenverkäufer
Danylo Matviienko

Ein Magister
Gabriel Rollinson

Ein Blumenverkäufer
Joel Stambke

Ein Türsteher
Yongchul Lim



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Oper Frankfurt
(Homepage)







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