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A Kékszakállú Herceg Vára
(Herzog Blaubarts Burg)


Oper in einem Akt
Libretto von Béla Balázs
Musik von Béla Bartók
Bearbeitung von Eberhard Kloke


in Ungarischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h (keine Pause)

Premiere am 10. September 2021 im Opernhaus Düsseldorf


Homepage

Rheinoper
(Homepage)
Eine Reise zur Schneekönigin

Von Stefan Schmöe / Fotos von Ingo Schäfer


Szenenfoto

Folterkammer? Judith hat die erste Tür in Herzog Blaubarts Burg geöffnet. Im Bild tanzt Feras Al-Husseini, in der Premiere Otto Jendrek

Das passt auf den ersten Blick so gar nicht zusammen: Ein Junge mit einem Bündel blauer Luftballons tritt aus der Tür, hinter der sich laut dem Libretto die Folterkammer des Herzog Blaubart befindet (wobei es diese Tür überhaupt nicht gibt auf der Bühne, man muss sie sich denken). Ein Junge in knielangen Hosen, wie sie Buben vor langer Zeit einmal getragen haben, der zackige Bewegungen vollführt, fast wie eine Aufziehpuppe. Otto Jendrek tanzt ihn eindrucksvoll an diesem Premierenabend. Aber Folterkammer? Diese Tür hat Blaubart noch ziemlich bereitwillig geöffnet auf Drängen von Judith, die für ihn Familie und Verlobten verlassen hat und jetzt alle Geheimnisse des Schlosses, die ja eigentlich Geheimnisse von Blaubarts Seele sind, erkunden will. Hinter der sechsten Tür wird sie einen See aus Tränen finden, und das werden zu Schnee gefrorene Tränen sein. Mit ihnen wird einer dieser blauen Luftballons herabsinken, Blaubart wird wie zerbrochen mit diesem Ballon am Boden sitzen. Und die Metapher der Folterkammer, so ahnt man, muss man wohl auf Blaubarts eigene Kindheit beziehen.

Szenenfoto

Blaubart und Burg

Choreographie wie Regie liegen in den Händen von Düsseldorfs Ballettchef Demis Volpi, die über weite Strecken nüchtern schwarze, von einem Metallgestänge eingegrenzte Bühne hat Markus Meyer konzipiert, die großartigen Kostüme, Kunstwerke für sich, Carola Volles. Was sich hinter den ominösen Türen verbirgt, jedenfalls hinter den ersten fünf davon, wird jeweils tänzerisch dargestellt: Ein muskulös-kriegerischer junger Mann mit orientalisch anmutender Hose (Evan L´Hirondelle) für die Waffenkammer, die Schatzkammer selbst wie ein funkelnder Edelstein (Futuba Ishizaki), der Garten ein durch Bänder mühsam gebändigter Ausbund an Blüten (Sara Giovanelli). Diese Figuren, allesamt puppenhaft unwirklich getanzt, wirken noch märchenhaft illustrativ, vergleichsweise nah am Text, und wenn Sara Giovanelli für die fünfte Tür eine Art eingeschnürten Eisberg als Symbol für Blaubarts Ländereien auf die Bühne zieht, dann bleibt zwar die Märchenwelt erhalten, bekommt aber eine andere Richtung, zeigt das Bild der Vereisung, das sich dann im oben beschriebenen sechsten und noch viel stärker im Schlussbild, der siebenten Tür, verdichtet. Blaubarts frühere Frauen, die für den Morgen, den Mittag und den Abend stehen, sind wie alles zu Eis gefroren, und man sieht zu, wie auch Judith erstarrt zur Schneekönigin.

Szenenfoto

Blaubarts Garten: Sara Giovanelli

Volpi bewegt sich in seiner Inszenierung ziemlich geschickt auf dem schmalen Pfad, der Oper ihre symbolistische Aura zu belassen und mit eigenen Bildern Akzente zu setzen, ihr aber auch eine interpretatorische Ausrichtung zu geben, ohne die Geschichte erklären zu wollen. Die visuellen Bezüge zu den Märchen aus 1001 Nacht und zu Hans Christian Andersens Schneekönigin, weniger zu den (ohnehin im deutschen Bewusstsein verankerten) Gebrüdern Grimm, heben das archetypische Moment der Konstellation hervor. Gleichzeitig sind Blaubart und Judith moderne Menschen. Sie steht ziemlich haltlos auf einer Bühne ohne Fenster und Türen. Dorottya Láng singt mit jugendlich-dramatischem Mezzo, nicht zu schwer, in der Höhe mitunter angestrengt, sehr intensiv. Er sitzt an einem kleinen Tisch mit einer Burg aus Bausteinen vor sich (Judith wird sie natürlich zerstören), er ist der moderat unheimliche Psychopath von nebenan, wie man ihn aus dem Tatort kennt. Bogdan Taloș gibt ihm eine donnernde, etwas ungehobelte Stimme. Volpi deutet den Geschlechterkampf eher vorsichtig an. Es bleiben viele Freiräume für eigene Assoziationen in dieser Inszenierung.

Szenenfoto

Eiszeit überall - aber Blaubarts Burgwelt scheint wieder geordnet

Vielleicht ist einiges an der Personenregie ja auch eine Konzession an die Hygienevorschriften und Abstandsregeln in der Pandemie, was an anderen Stellen noch weitaus deutlicher wird. Mit einer Spieldauer von gerade einmal einer Stunde wird Herzog Blaubarts Burg meist mit einer anderen Oper gekoppelt; diese Produktion entstand zu einer Zeit, als man froh war, überhaupt eine Stunde spielen zu können und eine Pause gar nicht zulässig war - und die sehr intensive Aufführung reicht für sich aus, braucht keine Ergänzung vor oder nach einer Pause. Und an ein riesiges Orchester, wie Béla Bartók es in seiner 1918 fertiggestellten Partitur vorgesehen hat, war zwischenzeitlich auch nicht zu denken, und so hatte die Rheinoper wie schon bei Tristan und Isolde eine Fassung für Kammerorchester bei Eberhard Kloke in Auftrag gegeben. So ambitioniert und eigenständig wie bei Tristan ist diese Bartók-Bearbeitung nicht geworden, aber doch sehr praktikabel. Sie ist naturgemäß viel durchsichtiger als das Original und unterstreicht das Kammerspiel, behält aber vieles von der Farbpalette, ist weniger grundierend als der große Orchestersatz, reagiert flexibler auf die Situation. An einigen wenigen Stellen wie dem Ausblick auf die Ländereien fehlt die überwältigende Wucht des spätromantischen Orchesters. Von den Düsseldorfer Symphonikern würde man sich hier und da noch mehr Präzision wünschen, genauere Einsätze, denn man hört durch die transparente Besetzung natürlich auch jede kleine Ungenauigkeit. GMD Axel Kober entwickelt vom ersten Ton an große Spannung und trifft sowohl die unheimliche Stimmung der Musik wie die dramatische Flexibilität. Viel Applaus vom immer noch spärlichen Publikum - während andere Häuser wieder zum Normalbetrieb übergehen und alle Plätze verkaufen, bleibt in Düsseldorf derweil noch jede zweite Reihe vollständig und in den besetzten Reihen jeder zweite Platz leer.


FAZIT

Ursprünglich als "Corona-Fassung" konzipiert, bietet dieser Blaubart in der Bearbeitung von Eberhard Kloke musikalisch wie szenisch große Oper, für die Demis Volpi eindrucksvolle Bilder findet.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Axel Kober

Inszenierung und Choreographie
Demis Volpi

Bühne
Markus Meyer

Kostüme
Carola Volles

Licht
Volker Weinhart

Dramaturgie
Anna Grundmeier



Statisterie der
Deutschen Oper am Rhein

Düsseldorfer Symphoniker


Solisten

Blaubart
Bogdan Taloș

Judith
Dorottya Láng

Tür 1
Otto Jendrek

Tür 2
Evan L`Hirondelle

Tür 3
Futuba Ishizaki

Tür 4
Sara Giovanelli

Tür 5
Mariana Dias



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



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