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Musiktheater
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Der tapfere Soldat

Operette in drei Akten
Text von Rudolf Bernauer und Leopold Jacobson
mit Benutzung von Motiven aus Bernard Shaws Helden

in deutscher Sprache (keine Übertitel)

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere im Theater am Gärtnerplatz am 14. Juni 2018


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Gärtnerplatztheater München
(Homepage)
Operettenkrieger laden mit Schokolade nach

Von Joachim Lange / Fotos von Christian POGO Zach

In der Semperoper flogen zum Jahresende 1999 erst die Krücken von tanzenden Soldaten aus dem Bühnenschützengraben - und dann die Fetzen. Peter Konwitschny hatte mit seiner Version der Csárdásfürstin einen Nerv getroffen, der zu einem Krach mit Nachspiel führte. Der eigentliche Skandal bestand darin, dass die damalige Intendanz in eine vorher nicht beanstandete Inszenierung eingriff und sie gegen den Willen des Regisseurs "korrigierte". Im Ergebnis der folgenden juristischen Auseinandersetzung bekam der Regisseur recht. Dabei wurde die Inszenierung an sich als ein eigenständiges Kunstwerk definiert. Zur Operette kehrte Konwitschny danach nur noch einmal an der Komischen Oper zurück. Im Land des Lächelns traten zwar auch etliche Politiker auf, aber aufgeregt hat sich darüber niemand mehr.

Vergrößerung Die Braut mit dem „falschen“ Bräutigam, der Schweizer mit Toblerone bewaffnet

Kunst kann tatsächlich alles. Wenn sie es kann. Dazu gehört auch, zu lachen, wenn alles schon in Trümmern liegt. Und weil der Balkan ein großer Teil des europäischen Hinterlandes der Operette ist, kracht es und lacht man dort besonders gerne. In Oscar Straus' (der, der nur ein einfaches s im Namen, also weder was mit Johann noch mit Richard zu tun hat) Operette Der tapfere Soldat aus dem Jahre 1908 ist es gleich ein "richtiger" Krieg. Zwischen Serbien und Bulgarien. Warum spielt keine Rolle. Allerdings haben die einen nicht daran gedacht, dass man für Kanonen auch Munition braucht. Und die anderen halten es für möglich, hoch zu Ross und mit gezogenem Säbel gegen Kanonen zu kämpfen. Da besonders ein Major namens Alexius Spiridoff, den Maximilian Mayer so hackenknallend spielt, dass er auch Spiridoof heißen könnte.

Vergrößerung

Punktlandung im Schlafzimmer

Wo so viel Librettistenwillkür (Rudolf Bernauer und Leopold Jacobson) zusammenkommt, da macht es auch nichts mehr, wenn ein Schweizer in serbischen Diensten namens Bumerli (Daniel Prohaska) auf der Flucht vor den Bulgaren genau auf dem Schlafzimmerbalkon der bulgarischen Obristentochter Nadina (Sophie Mitterhuber) landet. Auch, dass ihn dann eine ganze durchs Schlafzimmer robbende bulgarische Kompanie nicht findet, obwohl ihn Nadina, deren Mama (Ann-Katrin Naidu) und eine Verwandte in ihren Diensten (Jasmina Sakr ist Mascha) nur recht notdürftig versteckt haben. Eher so zum Zeitvertreib und weil's halt ein Mann ist. Da ist doch endlich mal was los und geradezu zwingend, dass die Damen dem Eindringling allesamt ein Foto von sich mit Widmung in den vom Oberst "ausgeborgten" Hausrock stecken. Was eigentlich nur die Vorlage für die Szene ist, in der sie sich diese Bilder zurückholen, denn der korrekte Schweizer bringt den geliehenen Rock brav wieder zurück. Am Fallschirm baumelnd versteht sich. Wenn schon, denn schon.


Vergrößerung Operettenkrieger unter sich

Das ist alles ziemlich starker Komödien-Tobak. Und genauso spult Konwitschny das auch ab. Präzise, pointiert, mit leichter Ironie. Etwas ernsthafter wird es, als Nadina von ihrem Schweizer die Sache mit der fehlenden Munition erfährt. In der bulgarischen Version der Geschichte, so wie sie der "Held" vollmundig verkündet, kommt dieser Umstand natürlich nicht vor. Nadina schminkt sich also den "Helden ihrer Träume" (so einer der Hits der Operette) ab. Oder wechselt ihn aus. Dafür muss sie nicht einmal ins feindliche Lager wechseln, weil die Schweiz auch in der Operette neutral ist.

Vergrößerung

Granateneinschlag in der Operette

Der mittlerweile zum Altmeister avancierte Konwitschny hält natürlich die Balance zwischen Komödie und Tragödie, weil er das eine perfekt beherrscht und seine Protagonisten auch die ja immer heiklen gesprochenen Passage auf den Punkt über die Rampe bringen. Zusammen mit seinem Ausstatter Johannes Leiacker hat er den von der Musik kräftig parodierten kriegerischen Hintergrund der Geschichte in griffig klare Bilder übersetzt. Die sparsame Ausstattung beschränkt sich auf einen grafisch abstrakten Hintergrund, liefert ein paar diverse pyrotechnische Granateneinschläge, einen Zwischenvorhang mit einer Kollektion von Comic-Waffen und dann im letzten Akt eine Bühne, in der die Raketen im Boden stecken geblieben sind und vor sich hin rauchen. Eine Fallhöhe, bei der die Protagonisten im Lazarett landen. Und das von der Musik fröhlich beschworene Happy End zwischen Nadina und den in München vom Schokoladen- zum Waffenfabrikanten mutierten Bumerli ohne die Braut stattfindet. Soviel Interpretations-Gegenwind muss dann doch sein. Der u.a. im Orchestergraben der Leipziger Oper bestens mit Musiktheater vertraute Dirigent Anthony Bramall sorgt am Pult des hauseigenen Orchesters für die musikalische Leichtigkeit, die immer noch zündet. Und die im Laufe des Abends in einen spannenden Gegensatz zur Szene gerät.


FAZIT

Wieder einmal knall es in einer Operetten-Inszenierung von Peter Konwitschny - hier aber nur auf der Bühne und ohne die Folgen wie seinerzeit in Dresden nach der Csárdásfürstin.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Anthony Bramall

Inszenierung
Peter Konwitschny

Bühne und Kostüme
Johannes Leiacker

Licht
Michael Heidinger

Choreographische Beratung
Karl Alfred Schreiner

Chor
Karl Bernewitz

Dramaturgie
Bettina Bartz
Michael Alexander Rinz



Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz


Solisten

Oberst Kasimir Popoff
Hans Gröning

Aurelia, seine Frau
Ann-Katrin Naidu

Nadina, beider Tochter
Sophie Mitterhuber

Mascha, eine junge Verwandte
Jasmina Sakr

Major Alexius Spiridoff
Maximilian Mayer

Bumerli
Daniel Prohaska

Hauptmann Massakroff
Alexander Franzen



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Gärtnerplatztheater München
(Homepage)



Da capo al Fine

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