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Otello darf nicht platzen
(Lend Me a Tenor)

Musical in zwei Akten
Buch und Gesangstexte von Peter Sham nach der gleichnamigen Komödie von Ken Ludwig
Deutsche Übersetzung von Roman Hinze
Musik von Brad Carroll

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (eine Pause)

Koproduktion mit dem Stadttheater Bremerhaven

Premiere im Theater Krefeld am 10. März 2018
(rezensierte Aufführung: 24.03.2018)

Homepage

Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Sei du selbst!

Von Thomas Molke / Fotos: © Matthias Stutte

Ken Ludwigs Boulevardkomödie Lend Me a Tenor hat seit der Uraufführung 1986 beim Shakespeare Festival in Utah mit über 100 Produktionen mittlerweile Kultstatus erreicht und den Autor nicht nur auf Anhieb berühmt gemacht, sondern ihm mittlerweile so hohe Tantiemen eingebracht, dass er sich nach diesem Erstlingswerk eigentlich direkt hätte zur Ruhe setzen können. Da es bei der Komödie um das Theater im Theater um eine Opernaufführung von Verdis Otello geht, die wegen diverser Probleme mit einem italienischen Startenor zu platzen droht, kam Ludwigs Freund Peter Sham auf die Idee, aus der Geschichte ein Musical zu machen. Mit dem Komponisten Brad Carroll, den er bei den Arbeiten zu einer Neuauflage von Der Mann in La Mancha kennengelernt hatte, fand er einen geeigneten Partner, um diesen Plan umzusetzen. So kam es 21 Jahre nach der Uraufführung von Ludwigs Komödie ebenfalls beim Utah Shakespeare Festival zur ersten Produktion der Musical-Fassung. Im Londoner West End kam das Stück dann im Juni 2011 am Gielgud Theatre heraus, und die deutsche Erstaufführung fand 2013 an der Musikalischen Komödie Leipzig statt. Das Gemeinschaftstheater Krefeld-Mönchengladbach hat nun als Koproduktion mit dem Stadttheater Bremerhaven eine weitere Produktion dieser Boulevard-Musical-Komödie erarbeitet.

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Saunders (Markus Heinrich, rechts) will sich das Leben nehmen, falls Otello platzen sollte. Max (Lukas Witzel, links) muss eine Katastrophe verhindern.

Die Handlung spielt in den 1930er Jahren an einem Opernhaus in Cleveland. Der Direktor Henry Saunders hat, um das Haus vor dem Bankrott zu retten, den italienischen Startenor Tito Merelli für die Titelpartie in Verdis Oper Otello engagiert. Zur Generalprobe ist der Opernstar jedoch noch nicht da. Saunders' Assistent Max, der nebenbei auch noch unsterblich in Saunders' Tochter Maggie verliebt ist, bietet an, notfalls für Merelli in der Aufführung einzuspringen, was Saunders brüsk ablehnt. Als Merelli schließlich auftaucht, sorgt nicht nur seine eifersüchtige Ehefrau Maria für einen Eklat, weil sie Maggie im Wandschrank ihrer Suite entdeckt und anschließend ihren Gatten verlassen will. Auch Merellis Liebe zum Alkohol stellt eine weitere Gefahr für die Aufführung dar. Als er dann nach dem Genuss einer doppelten Portion Beruhigungspillen leblos im Bett liegt, fürchten Max und Saunders, dass der Startenor tot sei. Nun muss Max doch als Otello auftreten. Als Merelli jedoch während der Aufführung wieder erwacht und ebenfalls in das Otello-Kostüm schlüpft, ist das Chaos vorprogrammiert. Maggie lässt sich von dem vermeintlichen Startenor verführen, ohne zu ahnen, dass es sich dabei um Max handelt. Die Operndiva Diana Divane, die sich über Merelli einen Job an der Metropolitan Opera verspricht, bandelt mit Saunders an, der mittlerweile ebenfalls im Otello-Kostüm herumläuft. Merelli selbst versucht, seine eifersüchtige Frau zu beruhigen. Nach zahlreichen Verwicklungen und Verwirrungen finden sich am Ende doch noch die richtigen drei Paare.

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Mit einiger Verspätung kommt Tito Merelli (Andrea Matthias Pagani, links) mit seiner Frau Maria (Gabriela Kuhn) in Cleveland an (rechts: Max (Lukas Witzel), im Hintergrund: Opernchor).

Das Regie-Team um Ansgar Weigner vertraut dem Komik-Potenzial der Vorlage und schafft es, das Publikum mit einer kurzweiligen Boulevard-Musical-Komödie bestens zu unterhalten. Hervorzuheben ist das großartige Bühnenbild von Christian Robert Müller, bei dem die Bühne auf der Bühne blitzschnell in eine Hotelsuite verwandelt werden kann, indem die beiden Zimmer der Suite von hinten hineingeschoben werden. Die Suite liefert mit den obligatorischen Türen und dem Wandschrank die Grundvoraussetzungen dafür, dass die Slapstick-Komik durch zahlreiche Auf- und Abtritte temporeich umgesetzt werden kann. Hinzu kommt ein fast beiläufiger Running Gag mit einem Heizkörper auf der linken Seite, an dem sich die Figuren regelmäßig die Finger verbrennen. Die Kostüme, für die ebenfalls Müller verantwortlich zeichnet, atmen den Geist der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, und Verdis Otello ist optisch ein Mohr, wie man ihn sich in einer traditionellen Inszenierung vorstellt. Weigner gelingt es, mit einer detaillierten Personenregie die zahlreichen Pointen punktgenau zu setzen und spult die Geschichte präzise wie ein Uhrwerk ab.

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Maggie (Elena Otten) lässt sich von dem verkleideten Max (Lukas Witzel) verführen.

Eine solche Inszenierung steht und fällt natürlich mit den Darstellern, wobei das Theater Krefeld neben drei großartigen Gästen auch über für die Rollen prädestinierte Ensemble-Mitglieder verfügt. Da ist zunächst einmal Debra Hays zu nennen, die die Opernsängerin Diana Divane zu einer wahren Diva mutieren lässt. Dabei verfügt sie über einen wunderbaren Schuss Ironie, wenn sie als Desdemona auf der Bühne stirbt, vorher aber dafür sorgt, dass sie von Otello im rechten Licht für das Publikum umgebracht wird und dann auch noch einmal kurzfristig ihre Todesposition ändert, um sich besser zu präsentieren. Auch beim Schlussapplaus der Oper spielt sie sich wunderbar in den Mittelpunkt und versucht, dem eigentlichen Star Tito Merelli die Show zu stehlen. Ein musikalischer Glanzpunkt ist ihr Potpourri der diversen Opern, das sie Tito Merelli im Schlafzimmer präsentiert und mit dem sie ihn überreden will, sie an die Met zu vermitteln. Dabei verfügt sie zwar über einen großen dramatischen Sopran, lässt es sich aber trotzdem nicht nehmen, den eigenen Beruf mit übertriebenem Pathos zu karikieren. Markus Heinrich nimmt man den gestressten und überforderten Operndirektor Henry Saunders in jedem Moment ab. Wenn er selbst als Otello über die Bühne läuft, versprüht er ebenfalls großartige Komik. Gabriela Kuhn gibt Titos eifersüchtige Ehefrau Maria mit großem Hang zur Dramatik und sorgt ebenfalls für komische Momente.

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Auf der Jagd nach dem Opernstar: Maggie (Elena Otten, links) und Diana (Debra Hays, Mitte) (rechts: der als Otello verkleidete Max (Lukas Witzel))

Als Gast für den Startenor Tito Merelli hat man Andrea Matthias Pagani verpflichtet und verteilt bereits im Foyer Autogrammkarten von ihm. Pagani gestaltet die Partie mit großem Spielwitz und mimt glaubhaft einen leidenschaftlichen Italiener, der bei aller Liebe zu anderen Frauen schließlich doch bei seiner Maria bleiben will. Am Ende beweist er Größe, wenn er die doppelte Gage einfordert und sie anschließend Max für dessen Auftritt überlässt. Lukas Witzel ist eine Idealbesetzung für Max. Ihm gelingt eine glaubhafte Entwicklung vom etwas unbeholfenen Assistenten, der vergeblich die Tochter des Chefs anhimmelt, zum selbstbewussten Opernsänger, der dank Tito erkennt, welches Talent wirklich in ihm schlummert, und der so die Vorstellung von Otello retten kann. Elena Otten überzeugt als Maggie durch wunderbare Tanzeinlagen mit Witzel. Auch spielt sie ihre Zuneigung zu Tito Merelli so glaubhaft aus, dass man eigentlich kaum nachvollziehen kann, wieso Max ihr am Ende verzeiht und sie doch noch glücklich in seine Arme schließt. Aber das ist wohl dem Boulevard-Charakter des Stückes geschuldet. Andreas Fellner zaubert mit den Musikern der Niederrheinischen Sinfoniker einen flotten Musical-Sound aus dem Orchestergraben, und auch der Chor des Theaters Krefeld und Mönchengladbach unter der Leitung von Michael Preiser punktet durch homogenen Klang und selbstironisches Spiel.

Wenn die Inszenierung und das Ensemble auch keine Wünsche an der Umsetzung offen lassen und jeder, der Ludwigs Stück nicht kennt, sicherlich bestens unterhalten wird, muss man trotzdem die Frage stellen dürfen, ob das Stück selbst den Witz der Vorlage erreicht. Ludwigs Komödie lebt vor allem vom Tempo, welches in dem Musical eigentlich nur in den Dialogszenen gehalten werden kann. Die eingefügten Lieder wirken an einigen Stellen eher retardierend und verleihen dem Stück mit dem Haupt-Song "Sei du selbst" eine Ernsthaftigkeit, die die Boulevard-Komödie gar nicht anstrebt. So kann man über das Pathos, das dieser Song dem Stück gibt, geteilter Meinung sein. Die Revue-Elemente sind musikalisch hingegen gut gelungen und passen sich in einem Stil, der an Cole Porter erinnert, der Zeit an, in der das Stück spielt. Ganz großen Lob verdienen auch die Operneinschübe. Wenn die Sorge um den nicht erscheinenden Startenor musikalisch auf den Sturm-Chor aus Otello übertragen wird, ist das musikalisch genauso witzig wie der Einfall, das "Pillen"-Duett zwischen Maria und Tito im Parlando-Stil eines Rossini zu komponieren. Hays' großartiges Opernpotpourri wurde bereits oben erwähnt. Trotzdem mag ein Fan von Ludwigs Stück der Boulevard-Komödie den Vorzug vor der Musical-Fassung geben.

FAZIT

Dem Regie-Team gelingt mit einer punktgenauen Inszenierung mit großem Komik-Potenzial beste Unterhaltung. Ludwigs Stück funktioniert auch als Musical, wenn auch vielleicht nicht ganz so gut wie als Boulevard-Komödie ohne Gesang.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Andreas Fellner

Inszenierung
Ansgar Weigner

Ausstattung
Christian Robert Müller

Choreographie
Andrea Danae Kingston

Choreinstudierung
Michael Preiser

Dramaturgie
Ulrike Aistleitner
Juliane Piontek

 

Chor des Theaters
Krefeld und Mönchengladbach

Statisterie des Theaters
Krefeld und Mönchengladbach

Niederrheinische Sinfoniker

 

Solisten

*rezensierte Aufführung

Henry Saunders, Operndirektor
Markus Heinrich

Max Garber, sein Assistent
Lukas Witzel

Tito Merelli, internationaler Opernstar
Andrea Matthias Pagani

Maria Merelli, seine unbeherrschte Frau
*Gabriela Kuhn /
Susanne Seefing

Maggie, Direktor Saunders' Tochter
Elena Otten

Diana Divane, Operndiva
*Debra Hays /
Gabriela Kuhn

Bernie Guter, Inspizient
*Alexander Kalina /
James Park

Erste Anna, Dame der Operngilde
Agnes Thorsteins /
*Johanna Werhahn

Zweite Anna, Dame der Operngilde
Sabine Sanz /
*Margriet Schlössels

Dritte Anna, Dame der Operngilde
Debra Hays /
*Pia Melenk

Polizist Mickey
Manfred Feldmann

Polizist Joe
Frank Rammelmüller

Liftboy Harry
Gereon Grundmann

Paparazzo
Rochus Triebs

Reporterin
Birgitta Henze


Weitere
Informationen

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Theater Krefeld-
Mönchengladbach

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Da capo al Fine

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