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Die Fledermaus

Operette in drei Akten
Libretto von Karl Haffner und Richard Genée
nach dem Lustspiel Le Réveillon von Ludovic Halévy und Henri Meilhac
Musik von Johann Strauß

in deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere der Deutschen Oper Berlin am 28. April 2018


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Deutsche Oper Berlin
(Homepage)
Ein Frosch im Orbit

Von Roberto Becker / Fotos: © Thomas Jauk

Rolando Villazón setzt sich beim Schlussapplaus gerne mal die rote Clownsnase auf. Das machte er auch nach der Fledermaus-Premiere an der Deutschen Oper, als ihm neben Beifall und Zustimmung auch ein paar Buhs entgegen geflogen kamen. Der Startenor gibt aber auch als Regisseur gerne den Spaßvogel. Dass er kräftig oder besser fröhlich zulangen würde, wenn er schon im Vorfeld seiner Inszenierung an in Berlin erklärt, dass der Wiener Operetten-Klassiker zu allen Zeiten gilt, war zu erwarten. Aber: Eigentlich ist ein Tenor, der Regie führt, eben auch nichts anderes als ein Regisseur, der zu singen versucht. In der Regel jedenfalls.

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Natürlich demonstriert der Mexikaner bei jeder Gelegenheit, dass er weiß, wie man Musik in Bewegung umsetzt. Bei den Protagonisten und beim Chor. Auf dieser Ebene der Details funktioniert seine Inszenierung durchaus. Aber aus deren Summe entsteht noch längst nicht ein Großes und Ganzes. Dazu braucht es zunächst eine praktikable Bühne. Für die ist dank Johannes Leiackers drei Räumen auf der Drehbühne und mit seiner zerfließenden Dali-Uhr Richtung Graben gesorgt. Darüber hinaus bedarf es dann aber vor allem einer Idee, die ins Schwarze trifft. Und das ist gerade bei klassischen Selbstläufern wie der Fledermaus gar nicht so einfach.

Die Zeitreise, zu der uns Villazón mitnimmt, vermag das jedenfalls nicht. Am stimmigsten ist noch der Salon der Eisensteins zu Beginn. Mondän mit einem flackerndem Kaminfeuer, das Dr. Falke auf einen Bildschirm zaubert. Thomas Lehman taucht da zunächst nur für die Zuschauer sichtbar als Magier wie aus einem Grusical auf. Bei Gabriel und Rosalinde von Eisenstein wird auf den ersten Blick gelogen wie immer. Alle sind angeblich traurig, dass sie voneinander scheiden müssen. Der Hausherr muss - angeblich - für eine Woche ins Gefängnis. Adele ihr "kranke" Tante besuchen. Und die zurückbleibende Rosalinde sieht ihrem öden Dasein als Strohwitwe entgegen. Dabei erwartet die ihren Liebhaber Alfred. Adele und Gabriel haben ihre Einladung zum Ball des Prinzen Orlowsky schon und Rosalinde kriegt sie umgehend, ist also auch für das vorher besungene Wiedersehen bereit, das sich freilich ganz anders gestaltet als gedacht. Es gehört zu den handwerklich perfekten Szenen, wie sie die drei hier anlügen, und wie man das durch einen geschickten, passgenauen Beleuchtungswechsel auch sieht.

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Ohne Pause, nach einem Dreh der Bühne, finden sie sich allesamt in der Scheinwelt des Maskenballs von Prinz Orlowsky wieder. Der entpuppt sich als Reise in einen Party-Keller in der tiefsten DDR. Jedenfalls so, wie sich Villazón die DDR vorstellt. Mit einer dominierenden Vorliebe für NVA-Uniformen drüber und Dessous drunter. Mit Spitzeln, die auf den ersten Blick zu erkennen sind, mit Gardisten, die noch weiter aus dem roten Osten kommen, und mit allerhand Friedrichstadtpalast-Ballett-Trallala. Mit Sputnik-Bild an der Wand und mit einem vom Stalin-Nachfolger Nikita Chrustschow, das freilich auf wundersame Weise nach der Pause mitten im zweiten Akt durch ein Porträt seines Vorgängers Josef Stalin ersetzt ist.

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Und dann wirft ein Urmensch wie in Stanley Kubricks Filmklassiker 2001 - A space Odyssey einen Knochen in die Höhe, und mit der Fanfare aus Also sprach Zarathustra (da bricht das Pathos von Richard Strauss in den Rausch von Johann Strauß) geht's direkt in einen Weltraumknast im Orbit mit Blick auf den Blauen Planeten. Dort wartet schon der Android Frosch. Florian Teichtmeister bleibt kein Raum fürs Politisieren, nur für die (schmerzliche) Erinnerung an den Slibowitz-Liebhaber. Der allerdings nur bei kurzen Störungen der Software "durchkommt". Sonst sucht der Ärmste - so wie einst Mr. Data aus der zweiten Enterprise-Generation - dauernd nach den Emotionen in seinen Schaltkreisen. Er probiert sogar (Tenor-)Witze zu erzählen und zu verstehen. "Kommt ein Tenor in eine Bibliothek" so fängt einer davon an. Und ist für den Gefängnisdirektor Frank auch schon der Witz. Markus Brück torkelt mit jeder Menge komödiantischem Talent durch sein seltsames Gefängnis.

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Der Prophet als König

GMD Donald Runnicles versucht mit seinen Musikern im Graben, mit den Walzern, Couplets und dem Schmäh abzuheben. Bis ins All reicht es da freilich nicht. Auch seine Rosalinde Annette Dasch setzt auf Bodenständigkeit, kann sich in der Halbwelt des zweiten Aktes ebenso resolut behaupten, wie an der Spitze ihres Haushaltes. Angela Brower hat als Prinz Orlowsky nicht wirklich eine Chance gegen ihre übermächtige Vorgängerin in dieser Rolle an diesem Haus, Brigitte Fassbaender. Da hilft auch die Aufmachung als Transvestit kaum. Meechot Marrero ist eine selbstbewusst ehrgeizige Adele, Thomas Blondelle ein passend selbstverliebter Eisenstein. Markus Brück macht aus dem verkaterten Gefängnisdirektor Frank ein Kabinettstück. Enea Scala darf beim regieführenden Tenor natürlich ein Alfred mit dessen Temperament werden.

Am Ende wird die ganze Szene zurück gespult. Alles auf Anfang im großbürgerlichen Salon? Aber da war doch was?


FAZIT

Die neue Fledermaus an der Deutschen Oper funktioniert vor allem bei den Fans von Rolando Villazón, die bereit sind darüber hinwegzusehen, dass ihm - trotzt der kosmischen Dimension - nicht wirklich etwas Erhellendes zu einem Klassiker, der es in sich hat, eingefallen ist.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Donald Runnicles

Inszenierung
Rolando Villazón

Bühne
Johannes Leiacker

Kostüme
Thibault Vancraenenbroeck

Licht
Davy Cunningham

Choreographie
Philippe Giraudeau

Chor
Jeremy Bines

Dramaturgie
Lars Gebhardt



Chor der Deutschen Oper Berlin

Orchester der Deutschen Oper Berlin


Solisten

Gabriel von Eisenstein
Thomas Blondelle

Rosalinde
Annette Dasch

Alfred
Enea Scala

Prinz Orlofsky
Angela Brower

Adele
Meechot Marmor

Dr. Falke
Thomas Lehman

Frank
Markus Brück

Dr. Blind
Jörg Schörner

Frosch
Florian Teichtmeister

Ida
Kathleen Bauer







Weitere
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Deutschen Oper Berlin
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Da capo al Fine

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