Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-mail Impressum



Sweat of the Sun 

Musiktheater für fünf Sänger, zwei Schauspieler und Kammerorchester
Libretto: Auszüge aus Eroberung des Nutzlosen von Werner Herzog
Musik von David Fennessy

in englischer und deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 10' (keine Pause)

Kooperation mit der Münchner Biennale

Premiere im Theater am Domhof am 2. Juni 2017

 

Logo: Theater Osnabrück

Theater Osnabrück
(Homepage)

Die Eroberung des Nutzlosen          

Von Ursula Decker-Bönniger / Fotos von Jörg Landsberg

Zeitgenössisches, experimentelles Musiktheater muss nicht nur auf Festivals stattfinden. Das Theater Osnabrück hat die künstlerischen Ambitionen und den enormen technischen Aufwand nicht gescheut, sein Stadttheater in eine Experimentalbühne zu verwandeln und ein Jahr nach der Uraufführung als kooperierender Partner der Münchener Biennale David Fennessys  Sweat of the Sun zu zeigen. Noch drei Mal werden die surreale Performance und faszinierende Klangreise zu erleben sein. Noch drei Mal wird eine traditionelle Klang- und Theaterwirklichkeit aus den Angeln gehoben.

Bild zum Vergrößern

Szene aus dem dritten Teil; Marco Vassalli, Stephanie Schadeweg, José Gallisa, Katarina Morfa, Jan Friedrich Eggers, Gesche Geier

Die Vorstellung beginnt, bevor man Platz genommen hat. Ein leises Grundrauschen erfüllt den Raum, vereinzelt klingen Töne, als wenn Instrumente gestimmt würden. Vor allem die auf einer kleinen, ansteigenden Tribüne im hinteren Bühnenbereich sitzenden Zuschauer sind mittendrin. Umgeben von Filmausschnitten, Bildschirmen für die Textübertragung, Scheinwerferanlagen und Schnürboden, taucht man ein in einen Kosmos besonderer Art. Selten kommt man den Künstlern, dem Dirigenten, den Sängern und Schauspielern und dem Kammerorchester so nah.

Computer-Performer Pete Dowling, Streicher und Klarinette des Osnabrücker Symphonieorchesters sitzen auf beweglichen Podesten. Zunächst bilden sie ein geschlossenes Ensemble – Protagonist, in Osnabrück übernimmt Bariton Jan Friedrich Eggers schauspielerisch überzeugend diese Rolle und Dirigent An-Hoon Song gegenüber.

Andere Klangfarben wie Posaune, Celesta oder Schlagwerk sind überall im Theaterraum verteilt. Trommelschläge, eingespielte Tonschnipsel von Enrico Caruso, gehauchte Klarinettentöne, zarte Celestafarben, Table-Guitar-Arpeggien, flirrende Streicherflageoletts  oder Posaunenchoral, Geräusche, Farbmischungen, Klangwelten aus aufsteigenden Glissandi kommen aus verschiedenen Richtungen und verbinden sich zum Raumklang. Sie verwirren, wirken fremdartig und monumental wie ein tropischer Regenwald.

Bild zum Vergrößern

Szene aus dem ersten Teil; Stephanie Schadeweg, Jan Friedrich Eggers, An-Hoong Song, Osnabrücker Symphonieorchester

Fennessy, der sich seit Jahren in seinen Kompositionen mit Werner Herzogs Tagebuch Die Eroberung des Nutzlosen auseinandersetzt, thematisiert in Sweat of the Sun assoziativ die Suche eines Besessenen. Umgeben von Filmausschnitten aus dem Dokumentarfilm Burden of Dreams, in dem Les Blank 1982 die Dreharbeiten des Films „Fitzcarraldo“ aufzeichnet, taucht man in die permanenten Katastrophen und die Sinnlosigkeit des Unterfangens ein, ein Dampfschiff über einen Berg zu ziehen. Musik, gesungene, gesprochene Wortfetzen wirken wie ein permanenter, spannungsgeladener  Ausnahmezustand.

Nach diesem ersten Teil beruhigt sich die Atmosphäre. Das Kammerorchester auf der Bühne teilt sich und formt einen Kreis. Dirigent An-Hoon Song wandert mit, sodass das gebietende Spiel, die Traumvisionen des Protagonisten ins Blickfeld rücken. Collagenartig setzt sich das Raumklangbild nun auch aus Erinnerungsfetzen und neuen Beobachtungen zusammen. Spielerisch tut sich ein neuer Klangkosmos auf, überlagern und wechseln Ausschnitte einer von Caruso gesungenen Rigoletto-Arie, Naturbeobachtungen, Bachchoral und ein bayrisches Volkslied. Katarina Morfa tritt als klangvolle Muse hinzu.

Der abschließende Teil trägt den Titel Sweat of the Sun. Vier Stahlmaste werden auf der Bühne errichtet. Zugleich schwebt ein von Fennessy selbst entwickeltes, an ein Monochord erinnerndes „large stringed instrument“ herab, dessen Saite gestrichen, gezupft oder geschlagen wird. Der Protagonist bleibt am Ende verlassen zurück und spielt sein Instrument.

Mit dieser letzten Premiere der Spielzeit 2016/17 zeigt das Theater Osnabrück wieder einmal seine anspruchsvollen Musiktheaterproduktionen. Hier wird nicht erzählt oder  dargeboten, sondern ein Erfahrungsraum geschaffen. Aufwendige, wohl durchdachte Raumklangkonzeption, ein ambitioniert singen- und schauspielendes Ensemble führen nicht nur vor Augen, sondern machen eine zeitgenössische, assoziations- und erlebnisreiche Klangreise sinnlich wahrnehmbar.

FAZIT

Musik als stimmige, sinnliche Klangperformance und Erfahrungsraum – diese zeitgenössischen ästhetischen Konzepte sind im Theater Osnabrück wunderbar zu erleben.



Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Produktionsteam

Musikalische Leitung
An-Hoon Song

Inszenierung
Marco Štorman

Bühne und Kostüme
Jil Bertermann

Video
Ole Heinzow

Dramaturgie
Katharina Ortmann
Alexander Wunderlic

 

Osnabrücker Symphonieorchester

Table Guitar
Niki Liogka
Frank Lorenz
Jakob Lübke
Ingo Reddemann
Vincent Vogel

Long-Strings
Lisa Kläger
Matthias Wernecke
Stefan Zwick

Computer-Performer
Pete Dowling


Solisten

Sopran 1
Susann Vent-Wunderlich

Sopran 2
Gesche Geier

Alt
Katarina Morfa

Bariton
Marco Vasalli

Bass
José Gallisa

Schauspielerin
Stephanie Schadeweg

Schauspieler
Jan Friedrich Eggers




Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Osnabrück
(Homepage)





Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Musiktheater-Startseite E-mail Impressum

© 2017 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -