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Lohengrin

Romantische Oper in drei Aufzügen
Musik und Text von Richard Wagner

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h 15' (zwei Pausen)

Premiere im Theater Krefeld am 15. April 2017
(rezensierte Aufführung: 22.04.2017)

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Theater Krefeld-Mönchengladbach
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Glitzernder Ritter mit Blumenkrone

Von Thomas Molke / Fotos: © Thomas Esser

Wagners 1850 in Weimar uraufgeführte Oper Lohengrin kann in seiner Grundaussage nicht nur als äußerst pessimistisches Werk verstanden werden, sondern stellt auch die Regie vor eine besondere Herausforderung. Wie geht man in einer modernen Zeit mit der Wunder-Erscheinung des Gralsritters um, der dann auch noch von der liebenden Frau absolutes Gottvertrauen einfordert und ihr verbietet, nach seinem Namen zu fragen? Wie schafft man es, den völkisch-germanischen Ruf zu den Waffen mit einer gewissen Distanz in Szene zu setzen und dabei die ideologischen Tendenzen des Werkes nicht zu verharmlosen? Robert Lehmeier versucht, in seiner Inszenierung am Theater Krefeld eine Lösung für beide Probleme zu finden, was ihm mal gut und mal weniger überzeugend gelingt.

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Hochzeit zwischen Lohengrin (Peter Wedd) und Elsa (Izabela Matula) (im Hintergrund links: Ortrud (Eva Maria Günschmann), rechts: König Heinrich (Matthias Wippich))

Dafür verlegt Lehmeier die Geschichte in die heutige Zeit, was im Bühnenbild von Tom Musch und den Kostümen von Ingeborg Bernerth zum Ausdruck kommt. So sieht man im ersten Aufzug einen Verhandlungssaal mit einem großen ringförmigen Tisch in der Mitte, an dem die politischen Anzugträger den nächsten kriegerischen Einsatz planen. Ortrud hat sich in einem streng geschnittenen Kostüm dieser Männergesellschaft angepasst und versteht es, geschickt die Fäden zu ziehen. Elsa hingegen wirkt wie ein Fremdkörper. In ihrem langen, hell geblümten Kleid verkörpert sie die Illusion einer friedliebenden, paradiesischen Utopie. Ihr Traum von einem edlen Ritter wird bereits während des Vorspiels von Lehmeier in Szene gesetzt. Zu den ätherischen Klängen der Geigen tritt Elsa mit ihrem Bruder Gottfried vor den Vorhang und blickt zuversichtlich in den Saal. Wenn sich der Vorhang öffnet, steht hinter den im Saal schlafenden Politikern ihr strahlender Held mit einem glänzenden Schwert auf einer Bühne, die hinter dem Saal aufgebaut ist. Ob dieser Held wirklich splitternackt sein muss, um seine Reinheit hervorzuheben, ist sicherlich diskutabel. Auf dem Kopf trägt er einen Blumenkranz, der ihn wohl als Erlöser erscheinen lassen soll. Während Elsa ihn sehnsuchtsvoll anblickt, tritt Ortrud auf und führt Gottfried aus dem Saal, was bereits ihre Beteiligung am Verschwinden des Jungen andeutet.

Wenn Lohengrin dann im ersten Aufzug auftritt, erscheint er ebenfalls auf der hinteren Bühne, auf der Elsa zuvor ihren Ritter gesehen hat. Auf einen Schwan wird in der Inszenierung verzichtet. Stattdessen haben die Politiker bei Lohengrins Auftritt plötzlich weiße Vogelfedern in den Händen. Der Gralsritter wirkt in seinem silbern glitzernden Anzug fast wie ein Raumfahrer aus einer anderen Galaxie. Nur die Blumenkrone und das Schwert sind von Elsas Traum geblieben. Vielleicht sieht Lehmeier aber auch gerade darin das Motiv dafür, dass Elsa dem Gebot nicht Folge leisten kann. Dieser Lohengrin entspricht eben nicht genau der Gestalt, die Elsa in ihrer Vision gesehen hat, so dass ihre Zweifel letztendlich dazu führen, dass sie die verbotene Frage stellen muss. Wenn Lohengrin nämlich im Anschluss enttäuscht das Schwert und den Blumenkranz ablegt, erscheint erneut Elsas nacktes Traumbild auf der hinteren Bühne, und Elsa reicht ihm das Schwert und den Blumenkranz.

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Lohengrin (Peter Wedd, rechts) besiegt Telramund (Johannes Schwärsky, links) im Kampf um Elsas (Izabela Matula, vorne) Unschuld (im Hintergrund: Ortrud (Eva Maria Günschmann)).

Mag man dieser Deutung noch folgen können oder wollen, gestalten sich andere Regie-Ansätze etwas problematischer. Da ist zum Beispiel der Zweikampf zwischen Lohengrin und Telramund im ersten Aufzug zu nennen. Die beiden kämpfen mit nur einem Schwert, das zunächst vor ihnen auf dem Boden liegt. Wenn dann beide auf ein Startzeichen des Königs zum Schwert stürmen, begibt sich Lohengrin plötzlich zu Ortrud und drückt seinen Kopf gegen ihren, während die restliche Szene einfriert. Soll damit hervorgehoben werden, dass sie die eigentliche Drahtzieherin ist und nun versucht, mit ihren magischen Tricks den Gralsritter außer Gefecht zu setzen? Jedenfalls gelingt es ihr natürlich nicht. Telramund schafft es auch nicht, dass ergriffene Schwert gegen Lohengrin einzusetzen. Dabei unterliegt er nicht in einem regulären Kampf, sondern scheint wie von Zauberhand daran gehindert zu werden, den Gralsritter anzugreifen. Vielleicht soll damit erklärt werden, dass Telramund sich im zweiten Aufzug erneut von seiner Frau instrumentalisieren lässt und das angebliche Gottesgericht in Frage stellt.

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Schlussbild: Gottfried (Thaddäus Hildemann, Mitte) ist als Krieger zurückgekehrt (vorne: Elsa (Izabela Matula), hinten: Ortrud (Eva Maria Günschmann) mit dem Heerrufer (hier: Rafael Bruck))

Ab dem zweiten Aufzug betont Lehmeier, dass sich das Volk auf dem Weg in den Krieg befindet. Deswegen treten die Chormitglieder, der König und der Heerrufer nun in militärischen Kampfanzügen auf. Außerdem ist Lohengrin nicht der einzige, der kurz vor dem Feldzug noch vermählt werden soll. Beim Hochzeitszug sitzen lauter Hochzeitspaare im Saal, die alle noch schnell verheiratet werden sollen, bevor die Männer in den Krieg ziehen. Beim berühmten "Treulich geführt" im dritten Aufzug sind die ganzen Paare dann auf der hinteren Bühne positioniert. Dass die Frauen dabei alle ein Maschinengewehr statt eines Brautstraußes im Arm tragen, gehört zu den überflüssigen Regie-Einfällen. Wenn Gottfried nach Lohengrins Rückzug im dritten Aufzug zurückkehrt, trägt auch er einen Kampfanzug und wirkt mit dem Maschinengewehr äußerst bedrohlich. Völlig unklar bleibt, wieso Ortrud am Ende in der Mitte des Tisches Platz nimmt und die Führung übernimmt.

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Ortrud (Eva Maria Günschmann) manipuliert ihren Gatten Telramund (Johannes Schwärsky).

Werfen die Regie-Einfälle auch einige Fragen auf, lässt die musikalische Umsetzung keine Wünsche offen und bewegt sich auf hohem Niveau. Hervorzuheben ist dabei, dass die Partien mit einer Ausnahme komplett mit Ensemble-Mitgliedern besetzt werden können. Peter Wedd überzeugt als Gast in der Titelpartie mit klarer Diktion und sauber ausgesungenen Höhen. Dabei ist seine Konzentration bei der Gralserzählung regelrecht bewundernswert, da man selten so viel störendes Husten im Publikum in dieser Szene gehört hat. Die leisen, zarten Momente gehen dabei durch die ständige Geräuschkulisse im Saal beinahe verloren. Izabela Matula glänzt als Elsa an seiner Seite mit einem kräftigem Sopran mit strahlender Wärme und guter Textverständlichkeit. Besondere Akzente setzt sie in ihrer Traumerzählung im ersten Aufzug, "Einsam in trüben Tagen", und in ihrer großen Szene mit Wedd im dritten Aufzug, wenn sie endlich den Namen ihres Geliebten erfahren will. Ein weiterer Höhepunkt stellt die Szene mit Ortrud im zweiten Aufzug dar. Dabei lässt ihre glaubhaft vermittelte Überzeugung "Es gibt ein Glück" sogar die finstere Ortrud für einen Moment schwach werden. Eva Maria Günschmann wird an diesem Abend zwar als leicht indisponiert angesagt, meistert die Partie der Ortrud allerdings musikalisch beachtlich. Darstellerisch beherrscht sie mit diabolischem Spiel die Szene. Johannes Schwärsky stattet den Telramund mit dunklem Bariton aus und lässt sich absolut glaubhaft von seiner Frau manipulieren.

Matthias Wippich kann als König Heinrich mit kräftigem Bass ebenso überzeugen wie Andrew Nolen als Heerrufer. Der von Maria Benyumova einstudierte Chor und Extrachor überzeugen durch fulminanten Klang und bewegtes Spiel. Mihkel Kütson lotet mit den Niederrheinischen Sinfonikern die Feinheiten der Partitur sauber aus, wobei ihm ähnlicher Respekt gezollt werden muss wie Peter Wedd, da sich gerade bei den filigranen Passagen die Hustengeräusche im Publikum zu vervielfachen scheinen. So gibt es am Ende großen Jubel für alle Beteiligten.

FAZIT

Das Gemeinschaftstheater Krefeld-Mönchengladbach verdient Respekt, dass es Wagners Lohengrin größtenteils mit Ensemble-Mitgliedern auf musikalisch hohem Niveau stemmen kann. Die Inszenierung von Robert Lehmeier hingegen ist diskutabel.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Mihkel Kütson

Inszenierung
Robert Lehmeier

Bühne
Tom Musch

Kostüme
Ingeborg Bernerth

Choreinstudierung
Maria Benyumova

Dramaturgie
Andreas Wendholz

 

Chor und Extrachor des
Theater Krefeld und Mönchengladbach

Statisterie des
Theater Krefeld und Mönchengladbach

Niederrheinische Sinfoniker

 

Solisten

*rezensierte Aufführung

König Heinrich
Matthias Wippich

Lohengrin
Michael Siemon /
*Peter Wedd

Elsa von Brabant
Izabela Matula

Friedrich von Telramund
Johannes Schwärsky

Ortrud, seine Gemahlin
Eva Maria Günschmann

Der Heerrufer des Königs
Rafael Bruck /
*Andrew Nolen

Vier brabantische Edle
*Xianghu Alexander Liu
*Kairschan Scholdybajew
Markus Heinrich
*Shinyoung Yeo
*Rafael Bruck
Andrew Nolen

Vier Brautjungfern
Julia Danz
*Sophie Witte
*Gabriela Kuhn
*Susanne Seefing
*Agnes Thorsteins

Gottfried
Emil Braß /
*Thaddäus Hildemann /
Friedrich Littgen


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