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Musiktheater
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Le Nozze di Figaro
(Figaros Hochzeit)

Opera buffa in vier Akten
Text von Lorenzo da Ponte nach Beaumarchais’ Komödie La folle journée ou Le mariage de Figaro
Musik von Wolfgang A. Mozart


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 30' (eine Pause)

Premiere im Staatenhaus Köln-Deutz (Saal 2) am 21. Mai 2017


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Oper Köln
(Homepage)

Ganz Paris Sevilla träumt von der Liebe

Von Stefan Schmöe / Fotos von Paul Leclaire

Es ist ein Fall von Blümchentapete. Nicht das Modell "Plattenbauwohnung Ost-Berlin", wie man es von Regisseur Christoph Marthaler und dessen Ausstatterin Anna Viebrock kennen- und fürchten gelernt hat; nein, hier sind es großformatige Pflanzenornamente in Pastellgrün, die die Ästhetik der Bühne bestimmen. Nicht mehr so edel wie im Rokoko, eher vergrößertes und vergröbertes Großbürgertum. Eine Reihe von Tapetentüren, von der anderen Seite verspiegelt (was zu sehr unangenehm blendenden Lichtreflexen im Publikum führen kann, und das über lange Zeiträume), das ist das Innere des gräflichen Schlosses. Ein paar Wände können nach Bedarf eingeschoben werden. Später kann das Blumenmuster später auch für den Garten des vierten Aktes herhalten, wo ein Versteckspiel zwischen Paravents statt zwischen Gebüsch und Laube stattfindet.

Szenenfoto

Wüterich vor Blümchentapete: Figaro (Robert Gleadow).

Regisseurin Emmanuelle Bastet, die an gleicher Stelle bereits einen unterkühlten Don Giovanni inszeniert hat, und Ausstatter Tim Northam beschränken sich auf ein Minimum an Utensilien. Die wenigen Möbel sind modern, die Kostüme changieren zwischen Gegenwart und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts - also einer Zeit, zu der das Butlerwesen eine letzte Blüte erlebte. Nicht nur der Graf Almaviva ist von bestechender Eleganz (die der szenisch wie sängerisch ungemein präsente, sorgsam differenziert singende Bo Skovhus mit jeder Faser verkörpert), auch der jugendlich-agile Figaro wird von Robert Gleadow formvollendet im Habitus und Bewegung präsentiert - da ist jeder Schritt ballettmäßig akkurat gesetzt. Dass die beiden außerhalb ihrer Rollen eben rivalisierende Männer sind, die sich am liebsten gegenseitig die Köpfe einschlagen würden (und das jenseits der sozialen Schranken auf Augenhöhe), das zu zeigen gehört zu den Pluspunkten der Regie, die zwar nicht so frostig ist wie bei besagtem Don Giovanni, aber den distanzierten Blick behält und die Akteure mitunter strategisch wie Schachfiguren zieht.

Szenenfoto

Wer sprang aus diesem Fenster? Gärtner Antonio (Reinhard Dorn), Figaro (Robert Meadows) und Graf Almaviva (Bo Skovhus)

Andreea Soave als Gräfin braucht einige Zeit, um sich frei zu singen; darunter litt ihre arg tastend geratene Arie "Porgi amor". Die leuchtende, nicht immer ganz souverän geführte Stimme besticht in den Ensembles, für die zweite Arie "dove sono" fehlt es noch an Gelassenheit - aber da wächst offenbar ein großes Talent heran. An szenischer Präsenz fehlt es der Sängerin, da kann sie mit dem ansonsten sehr spielfreudigen Ensemble nicht mithalten. Emily Hindrichs ist eine quirlige, stimmlich eher leichte Susanna (in der lyrischen Arie "Deh vieni, non tadar" im vierten Akt blüht die Stimme dann wunderbar auf), weniger kokett als berechnend. Großartig Regina Rechter als burschikoser, hell timbrierter dauerpräsenter Cherubino. Die kleine Partie der Barbarina ist immer dankbar für Nachwuchssängerinnen; María Isabel Segarra aus dem Opernstudio der Kölner Oper nutzt die Chance und besticht mit schönem Ton. Die Stimme von Kismara Pessatti als Marcellina ist hörbar in die Jahre gekommen, mit dem soliden John Heuzenröder als Bartolo und dem prägnanten Alexander Fedin als Basilio ist das ein mafiös-komödiantisches Intrigantenterzett.

Szenenfoto

Annäherungsversuche: Graf Almaviva (Bo Skovhus) und Susanna (Emily Hindrichs)

So erzählt die Inszenierung die Geschichte in vertrauten Bahnen mit detaillierter Personenregie. Wenn sie an wenigen Stellen davon abweicht, wird es sofort fragwürdig. Zu Figaros an Cherubino gerichteter Arie "Non piú andrai", die ironisch von den Gefahren des dem Knaben strafhalber drohenden Militärdienstes spricht, werden Bilder von den Schützengräben des ersten Weltkriegs eingeblendet - unmotiviert und unpassend, denn Figaro sinniert ja längst darüber, dies abzuwenden. Die Gräfin singt ihre Auftrittsarie in der Badewanne - dabei ist sie doch die melancholische Figur im Spiel (und in der Musik), die hier ohne plausiblen Grund zum Luxusweibchen degradiert wird (durch den Verlauf der Aufführung wird das nicht glaubwürdiger). Und warum bleibt am Ende ausgerechnet Cherubino allein auf der Bühne zurück? Weil die Regie um jeden Preis ein einprägsames Schlussbild haben möchte?

Szenenfoto

Bitte um Vergebung: Gräfin (Andreea Soave) und Graf (Bo Skovhus)

Obwohl sich die Aufführung musikalisch auf exzellentem Niveau bewegt, bleibt eine Distanz. Würde man nur Theresia Renelt am Hammerklavier hören, es ergäbe einen formidablen, virtuosen Klavierabend - sie macht aus der Begleitung der Rezitative kleine Sonatinen. Sicher GMD François-Xavier Roth dirigiert einen in erster Linie edlen, nicht vorrangig komödiantischen Figaro. Nach der rasanten Ouvertüre ist der erste Akt ein wenig wie mit angezogener Handbremse musiziert, jedes Detail fein herausgearbeitet, aber ohne das unterschwellig Drängende - vielleicht musste man sich da erst einmal in die akustisch keineswegs idealen Bedingungen im Ausweichquartier Staatenhaus einhören. Die Aufführung, die auch in den riskanten Ensembles kaum Wackler zeigt (und die fängt Roth souverän auf), gewinnt aber an Tempo. Das ausgezeichnete Gürzenich-Orchester hält viele schöne Klangfarben bereit. Auch wenn es um einen Konflikt zwischen Adel und Dienerschaft geht - hier ist die Musik durch und durch aristokratisch, nicht unpassend zur Regie. Ein Figaro eher aus der Sicht der vornehmen Pariser Arrondissements als der Wiener Vorstadt.


FAZIT

Ein eleganter Figaro von hoher musikalischer Eloquenz in einer nicht weiter aufregenden Inszenierung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
François-Xavier Roth

Inszenierung
Emmanuelle Bastet

Bühnenbild und Kostüme
Tim Northam

Licht
Nicol Hungsberg

Choreinstudierung
Andrew Ollivant

Dramaturgie
Tanja Fasching
Georg Kehren


Chor der Oper Köln

Gürzenich-Orchester Köln

Theresia Renelt, Hammerklavier


Solisten

Graf Almaviva
Bo Skovhus

Gräfin Almaviva
Andreea Soare

Susanna
Emily Hindrichs

Figaro
Robert Gleadow

Cherubino
Regina Richter

Marcellina
Kismara Pessatti

Basilio
John Heuzenröder

Bartolo
Paolo Battaglia

Don Curzio
Alexander Fedin

Antonio
Reinhard Dorn

Barbarina
María Isabel Segarra

Blumenmädchen
Sara Jo Benoot
Maria Kublashvili



Weitere
Informationen

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