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Der Zigeunerbaron

Operette in drei Akten
Libretto von Ignaz Schnitzer nach der Novelle Saffi von Mór Jókai
Musik von Johann Strauß (Sohn)

Aufführungsdauer: ca. 2 h 30' (eine Pause)

Premiere im Stadttheater Hildesheim des Theaters für Niedersachsen am 3. Dezember 2016



Theater für Niedersachsen
(Homepage)

Hübsch aber zäh

Von Bernd Stopka / Fotos: Falk von Traubenberg

Der Zigeunerbaron bildet mit Die Fledermaus und Eine Nacht in Venedig  das unverwüstliche Triumvirat der Johann Strauss-Operetten. Wird die Fledermaus mit allem Recht als „Königin der Operette“ bezeichnet, ging Strauss mit dem Zigeunerbaron in die Richtung der Spieloper, vielleicht sogar der komischen Oper. Möglicherweise, um auch als ernsthafterer Komponist wahrgenommen zu werden und nicht immer nur als der „Walzer-Schani“. Aber trotz der ernsthafteren und emotionalen Szenen ist der Zigeunerbaron eine Operette und wird auch als solche gesehen, wodurch ihm – wenn auch nicht immer, aber doch überwiegend – die Interpretationsversuche des modernen Opernregietheaters erspart bleiben, die sich in der Geschichte um Eigentumsrechte, Eheanbahnungen und –konflikte, Patriotismus, Krieg und Verbannung sowie des heute politisch nicht korrekten Begriffes „Zigeuner“ geradezu anbieten.

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Ensemble

Auch in Hildesheim muss sich der Zigeunerbaron davor nicht fürchten, denn Regisseur Frank-Bernd Gottschalk erzählt die Geschichte ganz so, wie sie im Libretto steht. Ausstatter Michael Goden hat dazu stimmungsvolle Bühnenbilder geschaffen, die aus realistischen Elementen bestehen: verfallene Gemäuer, die den heruntergekommenen Palast andeuten, eine Holzhütte als Czipras Unterkunft und einen, auf einer von einem Schwein getragenen Säule stehenden Balkon, der das Haus des wohlhabenden Schweinezüchters ahnen lässt. Für das Wien des dritten Aktes sind dem Bühnenbildner – weniger überzeugend – Sonnenblumen in diversen Variationen eingefallen. Das Ganze spielt vor einem Hintergrundprospekt, der den Himmel in seinen im Tagesverlauf wechselnden Farben zeigt. Da darf dann auch ein Mond vor dunkelblauem Himmel nicht fehlen. Die folkloristischen, aber nicht zu bunten und auch nicht Klischees bedienenden Kostüme ergänzen den ersten Eindruck eines gemütlichen Theaterabends.

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Graf Homonay (Peter Kubik), Barinkay (Konstantinos Klironomos), Saffi (Arantza Ezenarro), Chor

Doch ganz so einfach macht es der Regisseur sich und uns dann doch nicht. Unter den Choristen sind zwei Männer mit Metzgerschürzen auszumachen – zum Streicheln züchtet Kálmán Zsupán seine Schweine nicht... Eine Andeutung, aber nicht mehr. Das reicht ja auch. Von humorvollen Details, wie dem viel zu scharfen Schnaps oder der gar nicht vergnüglichen  Wiedererkennungsszene der Eheleute Carnero wünscht man sich mehr, denn manches wirkt auch etwas überzogen, z. B. im Spiel des später abgesetzten Sittenkommissars und des kostüm-  und maskenbildnerisch etwas sehr deutlich gezeichneten Schweinezüchters.
Der Regisseur hatte zuvor erklärt, dass er die Operette ernst nehmen wolle. Das ist ein löblicher Vorsatz, in der Umsetzung stellt es sich aber eher als zäh dar, wenn Dialoge allzu akademisch, mit oft zu langen, bedeutungsschwangeren Pausen gesprochen werden. Mehr  Spieltempo und –witz wären hier gefragt. So wirkt das Ganze doch etwas sehr behäbig.

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Kálman Zsupán (Levente György)

Dem versucht Chorleiter und Dirigent Achim Falkenhausen vom Pult aus mit unterschiedlichem Erfolg gegenzusteuern, wird aber zwischen den einzelnen Musiknummern immer wieder ausgebremst. Elan, Schwung und auch Sinn für die elegischen Passagen beweist er mit dem konzentriert und souverän spielenden Orchester vor allem in den Vor- und Zwischenspielen, hat den Chor bestens einstudiert und nimmt gern Rücksicht auf die Sänger. Das ist auch nötig, denn sowohl Konstantinos Klironomos als  Barinkay als auch Arantza Ezenarro als Saffi agieren in ihren Partien eher vorsichtig und mit nicht allzu üppigem Stimmvolumen. Peter Kubik als Graf Peter Homonay lässt dagegen satte Töne hören und Uwe Tobias Hieronimi dröhnt als Conte Carnero mit bekannter Stimmkraft. Sandra Fechner singt mit berückenden Tönen eine geheimnisvolle und doch selbstbewusste Czipra, himmelsklar und glockenrein klingen die Koloraturen von Martina Nawrath als Arsena. Neele Kramer ist eine klangschöne und selbstbewusste Mirabella und Aljoscha Lennert stellt den verliebten, aber trotteligen Ottokar überzeugend dar. Die Krone des Abends gebührt aber Levente György als Schweinezüchter Kálmán Zsupán, der nur eine Zehenspitze auf die Bühne stellen muss, um dem Abend das zu geben, was man von einer Operette an Spielfreude in Verbindung mit stimmlicher Souveränität erwartet. Deutlich artikulierend, niemals mit seinem satten, runden, kernigen Bass prahlend, präsentiert er mit der Schreiben-und-Lesen-Arie und vor allem mit seinem Auftritt im dritten Akt zwei Kabinettstückchen und kann seine ungeheure Bühnenpräsenz auch akustisch untermauern.

FAZIT

Ein durch überdehnte Dialoge etwas zäh fließender Operettenabend in hübschen Bühnenbildern. Sängerisch kann vor allem Levente György überzeugen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Achim Falkenhausen

Inszenierung
Frank-Bernd Gottschalk

Bühne und Kostüme
Michael Goden

Chor
Achim Falkenhausen

Dramaturgie
Roland Mörchen

 

Opernchor des TfN

Statisterie des TfN

Orchester des TfN

 

Solisten

*Premierenbesetzung

Graf Homonay
Peter Kubik

Conte Carnero, königlicher Kommissär
Uwe Tobias Hieronimi

Sándor Barinkay, ein junger Emigrant
*Konstantinos Klironomos /
Dirk Konnerth

Kálman Zsupán, ein reicher Schweinezüchter
Levente György

Arsena, seine Tochter
Martina Nawrath

Mirabella, deren Erzieherin
Neele Kramer

Ottokar, ihr Sohn
Aljoscha Lennert

Saffi, ein Zigeunermädchen
*Arantza Ezenarro /
Theresa Sommer

Czipra, Zigeunerin
Sandra Fechner

Pali
Michael Farbacher

Ein Landvermesser
Stephan Freiberger

Ein Notar
Michael Farbacher

Ein Gendarm
Harald Strawe

 


Weitere
Informationen

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Theater für Niedersachsen
(Homepage)



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