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Hübsch
aber zäh Von Bernd Stopka / Fotos: Falk von Traubenberg Der Zigeunerbaron bildet mit Die Fledermaus und Eine Nacht in Venedig das unverwüstliche Triumvirat der Johann Strauss-Operetten. Wird die Fledermaus mit allem Recht als „Königin der Operette“ bezeichnet, ging Strauss mit dem Zigeunerbaron in die Richtung der Spieloper, vielleicht sogar der komischen Oper. Möglicherweise, um auch als ernsthafterer Komponist wahrgenommen zu werden und nicht immer nur als der „Walzer-Schani“. Aber trotz der ernsthafteren und emotionalen Szenen ist der Zigeunerbaron eine Operette und wird auch als solche gesehen, wodurch ihm – wenn auch nicht immer, aber doch überwiegend – die Interpretationsversuche des modernen Opernregietheaters erspart bleiben, die sich in der Geschichte um Eigentumsrechte, Eheanbahnungen und –konflikte, Patriotismus, Krieg und Verbannung sowie des heute politisch nicht korrekten Begriffes „Zigeuner“ geradezu anbieten. Ensemble Auch in Hildesheim muss sich der Zigeunerbaron davor nicht fürchten, denn Regisseur Frank-Bernd Gottschalk erzählt die Geschichte ganz so, wie sie im Libretto steht. Ausstatter Michael Goden hat dazu stimmungsvolle Bühnenbilder geschaffen, die aus realistischen Elementen bestehen: verfallene Gemäuer, die den heruntergekommenen Palast andeuten, eine Holzhütte als Czipras Unterkunft und einen, auf einer von einem Schwein getragenen Säule stehenden Balkon, der das Haus des wohlhabenden Schweinezüchters ahnen lässt. Für das Wien des dritten Aktes sind dem Bühnenbildner – weniger überzeugend – Sonnenblumen in diversen Variationen eingefallen. Das Ganze spielt vor einem Hintergrundprospekt, der den Himmel in seinen im Tagesverlauf wechselnden Farben zeigt. Da darf dann auch ein Mond vor dunkelblauem Himmel nicht fehlen. Die folkloristischen, aber nicht zu bunten und auch nicht Klischees bedienenden Kostüme ergänzen den ersten Eindruck eines gemütlichen Theaterabends.
Doch ganz so einfach macht es
der Regisseur sich und uns dann doch nicht. Unter den Choristen sind
zwei Männer mit Metzgerschürzen auszumachen – zum Streicheln
züchtet Kálmán Zsupán seine Schweine nicht...
Eine Andeutung, aber nicht mehr. Das reicht ja auch. Von humorvollen
Details, wie dem viel zu scharfen Schnaps oder der gar nicht
vergnüglichen Wiedererkennungsszene der Eheleute Carnero
wünscht man sich mehr, denn manches wirkt auch etwas
überzogen, z. B. im Spiel des später abgesetzten
Sittenkommissars und des kostüm- und maskenbildnerisch etwas
sehr deutlich gezeichneten Schweinezüchters.
Dem versucht Chorleiter und Dirigent Achim Falkenhausen vom Pult aus mit unterschiedlichem Erfolg gegenzusteuern, wird aber zwischen den einzelnen Musiknummern immer wieder ausgebremst. Elan, Schwung und auch Sinn für die elegischen Passagen beweist er mit dem konzentriert und souverän spielenden Orchester vor allem in den Vor- und Zwischenspielen, hat den Chor bestens einstudiert und nimmt gern Rücksicht auf die Sänger. Das ist auch nötig, denn sowohl Konstantinos Klironomos als Barinkay als auch Arantza Ezenarro als Saffi agieren in ihren Partien eher vorsichtig und mit nicht allzu üppigem Stimmvolumen. Peter Kubik als Graf Peter Homonay lässt dagegen satte Töne hören und Uwe Tobias Hieronimi dröhnt als Conte Carnero mit bekannter Stimmkraft. Sandra Fechner singt mit berückenden Tönen eine geheimnisvolle und doch selbstbewusste Czipra, himmelsklar und glockenrein klingen die Koloraturen von Martina Nawrath als Arsena. Neele Kramer ist eine klangschöne und selbstbewusste Mirabella und Aljoscha Lennert stellt den verliebten, aber trotteligen Ottokar überzeugend dar. Die Krone des Abends gebührt aber Levente György als Schweinezüchter Kálmán Zsupán, der nur eine Zehenspitze auf die Bühne stellen muss, um dem Abend das zu geben, was man von einer Operette an Spielfreude in Verbindung mit stimmlicher Souveränität erwartet. Deutlich artikulierend, niemals mit seinem satten, runden, kernigen Bass prahlend, präsentiert er mit der Schreiben-und-Lesen-Arie und vor allem mit seinem Auftritt im dritten Akt zwei Kabinettstückchen und kann seine ungeheure Bühnenpräsenz auch akustisch untermauern. FAZITEin durch überdehnte Dialoge etwas zäh fließender Operettenabend in hübschen Bühnenbildern. Sängerisch kann vor allem Levente György überzeugen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
ProduktionsteamMusikalische
Leitung Inszenierung Bühne
und Kostüme Chor Dramaturgie
Opernchor des TfN Statisterie des TfN Orchester des TfN
Solisten*Premierenbesetzung Graf Homonay Conte Carnero, königlicher
Kommissär Sándor Barinkay, ein junger
Emigrant Kálman Zsupán, ein
reicher
Schweinezüchter Arsena, seine Tochter Mirabella, deren Erzieherin Ottokar, ihr Sohn Saffi, ein Zigeunermädchen Czipra, Zigeunerin Pali Ein Landvermesser Ein Notar Ein Gendarm
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