Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Die Fledermaus

Operette in drei Akten
Libretto von Richard Genée
Musik von
Johann Strauss (Sohn)

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (eine Pause)

Premiere der konzertanten Aufführung im Opernhaus Dortmund am 5. März 2017




Theater Dortmund
(Homepage)
Champagner mit Kabarett-Einlage

Von Thomas Molke / Fotos von Björn Hickmann (Stage Picture)

Die Operette hat auch heute noch eine große Anhängerschaft und wird derzeit in Dortmund recht umfangreich bedient. Neben der obligatorischen szenischen Operette im Jahresspielplan gab es in dieser Saison mittlerweile zum dritten Mal eine Operettengala, in der Publikumsliebling Hannes Brock einen Streifzug durch zahlreiche Werke dieser Gattung präsentiert und damit stets für ein nahezu ausverkauftes Haus gesorgt hat. Jetzt gibt Intendant Jens-Daniel Herzog einen weiteren Nachschlag und stellt auch noch die "klassischste" aller Operetten, Johann Strauss' unverwüstliche Fledermaus, auf den Spielplan. Da man aber sparen muss, gibt es nach der opulenten Blume von Hawaii von Paul Abraham "nur" eine konzertante Aufführung. Ganz so "konzertant", wie das auf der Bühne platzierte Orchester vermuten lässt, ist die Produktion aber dann doch nicht. So hat man beispielsweise den Chor und die Solisten mit opulenten Kostümen aus dem Fundus ausgestattet. Auch die Notenständer dienen den Solisten größtenteils eher als Requisiten und werden nur selten dazu verwendet, den gesungenen Text darauf abzulegen. Weitere Akzente setzt der Kabarettist Fritz Eckenga, der auf der Bühne und im Radio zahlreiche für das Ruhrgebiet typische Figuren geschaffen hat, die mit liebevollem Lokalkolorit eine Menge über diese Region zu erzählen haben.

Bild zum Vergrößern

Fritz Eckenga als Frosch

In der Fledermaus schlüpft er nun nicht nur in die Rolle des Gefängnisdieners Frosch, sondert führt auch mit launischem Spiel als leicht griesgrämiger Hausmeister, oder wie man Neudeutsch sagt "Facility Manager", durch die Handlung. Auf die gesprochenen Texte des Librettos wird an diesem Abend nämlich komplett verzichtet. Statt dessen schafft Eckenga mit kurzen Erläuterungen den Übergang zwischen den musikalischen Nummern und stellt dabei den einen oder anderen Handlungsstrang in Frage. Aber dafür gibt es ja den Champagner, oder in Eckengas Fall ein gutes Brinckhoffs, wovon er im Laufe des Abends die eine oder andere Flasche leert. Dabei trifft seine Moderation vielleicht nicht den Geschmack eines jeden Besuchers im Saal. Ein Teil des Publikums scheint es nicht witzig zu finden, als "Operetten-Ultras" bezeichnet zu werden, und reagiert etwas steif, auf Eckengas Versuche, für Stimmung zu sorgen. Aber dadurch lässt Eckenga sich nicht aus der Ruhe bringen, und irgendwann hat man den Eindruck, dass er den Saal dann doch auf seiner Seite hat, spätestens dann, wenn er das Publikum im dritten Akt fragt, ob sie eigentlich außerhalb der Operette auch Geld dafür bezahlen würden, um Leute im Gefängnis zu sehen, bzw. welche Leute in diesem Fall denn dann eingesperrt sein müssten.

Bild zum Vergrößern

"Es lebe Champagner der Erste": von links: Dr. Falke (Gerardo Garciacano), Frank (Luke Stoker), Eisenstein (Ks. Hannes Brock), Prinz Orlofsky (Ileana Mateescu), Rosalinde (Emily Newton), Adele (Ashley Thouret) und Ida (Enny Kim), dahinter: Chor des Theaters Dortmund

So erlebt man folglich keine Fledermaus im herkömmlichen Sinne, sondern eine Mischung aus Kabarett und den großartigen Melodien aus Strauss' berühmtester Operette. Motonori Kobayashi gelingt es dabei, mit den Dortmunder Philharmonikern in den wunderbaren Melodien zu schwelgen und schon mit der schmissigen Ouvertüre das Publikum zu begeistern. Mit leichter Hand führt Kobayashi die Musiker durch die Partitur und lässt die Walzerseligkeit wie den Champagner perlen. Das Solisten-Ensemble und der von Manuel Pujol einstudierte Chor präsentieren sich dabei äußerst spielfreudig. Ashley Thouret stellt die kecke Adele als leicht widerspenstiges Kammermädchen dar, das auf dem Ball des Prinzen Orlofsky seine Bestimmung findet und sich anschließend für das Theater entdecken lässt, auch wenn Eckenga trocken bemerkt, dass die Schauspielausbildung des 19. Jahrhunderts für ein junges Mädchen eigentlich dem Weg ins Bordell gleichkomme. Thouret begeistert stimmlich beim berühmten "Mein Herr Marquis" im zweiten Akt und "Spiel ich die Unschuld vom Lande" im dritten Akt mit sauber sitzenden Koloraturen und kokettem Spiel. Da verwundert es nicht, dass sie den Prinzen um den Finger wickeln kann. Ileana Mateescu stattet den Prinzen Orlofsky mit kräftigem Mezzo und sehr deutlicher Diktion aus und spielt die Melancholie der Figur mit großartiger Mimik aus. Zu einem Höhepunkt avanciert das berühmte Couplet "Ich lade gern mir Gäste ein", bei dem sie durch die Reihen geht und einzelne Zuschauer nötigt, etwas zu trinken.

Bild zum Vergrößern

Eisenstein (Ks. Hannes Brock, Mitte) hat sich als Advokat Dr. Blind verkleidet, um seine Ehefrau Rosalinde (Emily Newton) und Alfred (Joshua Whitener, links) der Untreue zu überführen.

Kammersänger Hannes Brock lässt sich als Gabriel von Eisenstein von Eckenga zwar als leicht indisponiert entschuldigen, meistert die Partie aber mit großem Spielwitz. Als seine Gattin Rosalinde punktet Emily Newton mit strahlendem Sopran, auch wenn sie in ihrem großen Csárdás "Klänge der Heimat" im zweiten Akt, in dem sie sich als ungarische Gräfin präsentiert, am Schluss die entscheidende Durchschlagskraft in den Höhen vermissen lässt. Mit großem Witz gestaltet sie mit Brock im zweiten Akt das Duett, in dem sie ihm als maskierte Gräfin seine Taschenuhr entwendet. Auch das Terzett mit Brock und Joshua Whitener als Alfred im dritten Akt überzeugt durch gute Textverständlichkeit und komödiantisches Spiel. Eisenstein hat sich hierbei als Advokat Dr. Blind verkleidet, um seine Frau und Alfred, der als falscher Eisenstein im Gefängnis sitzt, der Untreue zu überführen. Joshua Whitener begeistert als Alfred mit strahlendem Tenor und selbstgefälligem Spiel. Nach der Pause steht er vor Beginn des dritten Aktes in einer Zelle auf der linken Bühnenseite und singt sich mit bekannten Opernmelodien die Seele aus dem Leib, während die Zuschauer noch ihre Plätze einnehmen. Auch dem auftretenden Orchester gelingt es kaum, ihn ruhig zu stellen. Da muss ihm Eckenga schon dem Mund mit einem Schal stopfen.

Luke Stoker, Gerardo Garciacano und Fritz Steinbacher runden die gute Ensemble-Leistung als Gefängnisdirektor Frank mit sauber geführtem Bariton, als Notar Dr. Falke mit markantem Bariton  und als stotternder Notar Dr. Blind mit leichtem Spieltenor wunderbar ab, so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Bei dieser Fledermaus kommt man musikalisch voll auf seine Kosten und wird dazu noch mit kurzweiligen Kabaretteinlagen unterhalten.

Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Motonori Kobayashi

Szenische Einrichtung
Jens-Daniel Herzog
Alexander Becker

Licht
Stefan Schmidt

Chor
Manuel Pujol

Dramaturgie
Georg Holzer

 

Dortmunder Philharmoniker

Chor des Theaters Dortmund

 

Solisten

Gabriel von Eisenstein
Ks. Hannes Brock

Rosalinde, seine Frau
Emily Newton

Frank, Gefängnisdirektor
Luke Stoker

Prinz Orlofsky
Ileana Mateescu

Alfred
Joshua Whitener

Dr. Falke, Notar
Gerardo Garciacano

Dr. Blind, Advokat
Fritz Steinbacher

Adele, Kammermädchen
Ashley Thouret

Ida, Adeles Schwester
Enny Kim

Frosch, Gefängnisdiener
Fritz Eckenga

 


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2017 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -