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Don Giovanni

Dramma giocoso in zwei Akten
Text von Lorenzo da Ponte
Musik von Wolfgang A. Mozart


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 15' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Bonn am 11. Dezember 2016


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Theater Bonn
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Der Frauendompteur und der Tod

Von Stefan Schmöe / Fotos von Thilo Beu


Das Auge schaut in einen Abgrund. Spiralförmig windet sich eine Wendeltreppe in die Tiefe, in edlem kupferstichgrau, wie die Carceri des Piranesi. Das ist schon sehr eindrucksvoll, was Ausstatter Markus Meyer da entworfen hat (und von Max Karbe elegant ausgeleuchtet wird), was die Personen aus ganz ferner Tiefe aufsteigen lässt. Die sind weitestgehend in Schwarzweiß-Tönen kostümiert, alles sehr genau durchgestylt und geschmackvoll, Zirkuspersonal offenbar. Vorne das Rund der Manege, darin verbrannte Erde. Alles ist rund, sogar der Tisch, an dem Don Giovanni mit seinem steinernen Gast sein letztes Mahl zu sich nehmen wird. Regisseur Jakob Peters-Messer hilft im Programmheft auf die Sprünge: "Eine Art Welttheater, ein Globe Theatre für die Scharaden, die Tricks, die Magie des großen Verführers." Ach so.

Szenenfoto

Spring, Zerlina: Don Giovanni hat seine eigene Art, mit Frauen umzugehen.

Peters-Messer arrangiert das Bühnenpersonal klug, nutzt den runden Vorhang für die vielen schnellen Szenenwechsel. Die Figuren sind klar charakterisiert: Don Giovanni als Direktor und Dompteur, der die Frauen durch den Ring springen und nach seiner Peitsche tanzen lässt (nicht wirklich, aber die entsprechenden Accessoires liegen bereit). Leporello als sein ins Komische gewendetes Abbild. Donna Anna als kühle Schöne der vielleicht 1920er oder 1930er-Jahre, Don Ottavio als sehr beherrschter Offizier mit Führungsansprüchen (die Figur wirkt ungewohnt machtbewusst). Elvira als todessüchtige, nicht mehr junge Frau im Trauerflor, die vom Leben gezeichnete Außenseiterin. Zerlina als Zirkusprinzessin im allerstrahlendsten Weiß, Masetto sehr jungenhaft im hellen Anzug, beide ein wenig clownesk wie die Choristen. Und der Kontur lebend als Seniorchef, im Tod als kahlköpfiger Geist.

Szenenfoto

Da glauben sie, Don Giovanni dingfest gemacht zu haben, und es ist doch nur Leporello (liegend): Zerlina, Masetto, Anna, Ottavio und Elvira.

Sieht alles gut aus. Dazu hat die Bonner Oper ein großartiges Ensemble. Giorgios Kanaris ist ein metallisch strahlender, permanent auftrumpfender, jederzeit großartiger und großsüchtiger Giovanni (die delikaten Zwischentöne lässt er der Einfachheit halber meistens gleich weg). Martin Tzonev gibt einen soliden Leporello, der mehr und mehr burleske Zwischentöne ins ansonsten reichlich ernste Spiel einflechtet. Grandios Sumi Hwang als glasklare, in den Koloraturen bestechend genaue, großformatig strahlende Anna. Christian Georg hat einen nicht zu hellen und nicht zu leichten Tenor, dem es allein in der Höhe eine Spur an Weite fehlt, aber ansonsten einen furiosen Ottavio gibt. Susanne Blattert singt alle Bühnenerfahrung für die Elvira aus, klar fokussiert und sehr präsent. Daniel Pannenmeyer ist trotz jugendlicher Erscheinung ein gestandener, hell timbrierter, aber durchsetzungsfähiger Masetto, und Kathrin Leidig eine Zerlina von recht großer, leuchtender Stimme, die ihren Masetto schon sehr sexy tröstet - nur gesanglich bleibt sie diese Erotik weitgehend schuldig, weil sie allzu pauschal im Forte verharrt. Leonard Bernad schließlich gibt einen eindrucksvollen Komtur, dem vokal dann aber im finalen Duell mit Giovanni die Kräfte ausgehen. Und der von Marko Medved einstudierte Chor macht alles richtig, aber eine Choroper ist dies nun wirklich nicht.

Szenenfoto

So ungemütlich kann es werden, wenn man die Toten zum Essen lädt: Giovanni und Komtur.

Sieht alles schick aus, klingt alles gut - und trotzdem fehlt etwas. Peters-Messer arrangiert sehr ansehnlich, aber zu wirklichem Theaterleben erweckt er die Figuren nicht - die bleiben an der aufpolierten Oberfläche. Die Zirkus-Metaphorik ist freilich auch reichlich beliebig und lässt sich irgendwie auf alles anwenden, ohne die Charaktere dadurch näher zu bringen. Wenn am Ende der Tod über Giovanni siegt, ein Duell am runden Tisch, ist das natürlich richtig (und mit riesiger Totenkopfskulptur bildmächtig untermauert), aber ein wenig wie aus dem Lehrbuch. Und es fehlt der Inszenierung an Tempo - es wird doch ziemlich viel gestanden. Das giocoso aus Mozarts Gattungsbezeichnung Dramma giocoso, also das komödiantische Element, das kommt ziemlich kurz.

Szenenfoto

Stimmlich bleibt Giovanni zwar Sieger, aber die Maske des Todes muss er trotzdem überstreifen: Das Duell am Tisch kann er nicht gewinnen.

Es ist aber auch das über weite Strecken reichlich akademische Dirigat von Stefan Zilius, das den Witz und die Abgründe der Partitur zu oft überspielt. Der Kapellmeister hat akribisch mit dem guten Beethoven-Orchester gearbeitet, die Details werden sauber ausgespielt, es wird sängerfreundlich gespielt und bei Bedarf schlank, aber energisch attackiert. Aber es fehlt an Spontanität, an den kurzen Momenten der Irritation, die Mozart immer wieder einkomponiert hat, an Flexibilität in den Tempi, kurz: An Esprit. Das trifft in besonderem Maße auf die Rezitative zu, die meist allzu brav dem Notentext mehr dem Buchstaben als dem Geiste nach folgen. Premierenbefangenheit? Im zweiten Akt wurde manches freier und gelöster. Vielleicht braucht dieser Don Giovanni noch ein wenig Reifezeit.


FAZIT

Keine schlechte, ja stellenweise eine sehr gute Aufführung, der es aber (noch?) an Witz und Leichtigkeit fehlt.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Stefan Zilius

Inszenierung
Jakob Peters-Messer

Ausstattung
Markus Meyer

Licht
Max Karbe

Chor
Marco Medved

Dramaturgie


Chor des Theater Bonn

Beethoven Orchester Bonn


Solisten

Don Giovanni
Giorgos Kanaris

Donna Anna
Sumi Hwang

Don Ottavio
Christian Georg

Komtur
Leonard Bernad

Donna Elvira
Susanne Blattert

Leporello
Martin Tzonev

Masetto
Daniel Pannermayr

Zerlina
Kathrin Leidig



Weitere
Informationen

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Theater Bonn
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