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Musiktheater
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La fedeltà premiata

Oper in drei Akten
Text von Giovanni Battista Lorenzi zu Domenico Cimarosas L'infedeltà fedele
Musik von Joseph Haydn

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (eine Pause)

Premiere im Theater Aachen am 1. Juli 2017
(rezensierte Aufführung: 12.07.2017)

 

Logo: Theater Aachen

Theater Aachen
(Homepage)

Spiel im Theater

Von Thomas Molke / Fotos: © Carl Brunn

Seit mehreren Jahren kooperiert das Theater Aachen mit der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Aachen, und bietet Studierenden der Hochschule im Rahmen der Förderung des musikalischen Nachwuchses jeweils am Ende der Spielzeit in einer eigenen Produktion die Möglichkeit, praktische Erfahrungen auf der Bühne zu sammeln. In diesem Jahr ist die Wahl mit Joseph Haydn auf einen Komponisten gefallen, dessen Opern eher ein Schattendasein im Repertoire der Bühnen führen, aber gerade jungen Künstlern gefällige Partien bieten, die für ihre stimmliche Entwicklung nicht schädlich sein dürften. Sein Dramma pastorale giocoso La fedeltà premiata dürfte heute zwar kaum jemandem noch bekannt sein, zählte aber im ausgehenden 18. Jahrhundert neben Armida zu seinen größten Erfolgen. Komponiert hatte er das Werk für die Wiedereröffnung der im November 1779 abgebrannten Schlossoper von Esterháza, die eigentlich bereits für 1780 vorgesehen war. Da der Hausdichter Pietro Travaglia in der Kürze der Zeit keinen neuen Text abliefern konnte, griff Haydn auf ein Libretto von Giovanni Battista Lorenzi zurück, das bereits 1779 von Domenico Cimarosa vertont worden war.

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Eine junge Künstlergruppe landet von ausgelassenem Rätselraten bei Haydns Oper (von links: Lina Hoffmann, Michael Terada, Woongyi Lee, Yoonsoo Kil, Bella Adamova, Milena Knauß, Chanho Lee, Di Yang, Sissi Qi Wang, Jiyuan Qiu und Anna Christin Sayn).

Die Handlung spielt in der Antike und ist derart absurd, dass es nicht verwundert, dass das Stück heute völlig in Vergessenheit geraten ist. In Cumae leiden die Nymphen und Schäfer unter einem Fluch der Göttin Diana, wonach jedes Jahr das glücklichste Liebespaar einem Seeungeheuer geopfert werden soll, bis eine reine Seele mit seinem Freitod die Stadt erlöst. Der junge Schäfer Fileno ist unglücklich, da er glaubt, seine Braut Fillide sei durch einen Schlangenbiss gestorben. Diese ist allerdings unter dem Namen Celia auf der Suche nach ihm. Als sie ihn findet, gibt sie jedoch vor, ihn nicht mehr zu lieben, um ihn vor dem Opfertod zu schützen. Melibeo, ein Priester der Diana, ist in die schöne Amaranta verliebt und will ihr imponieren, indem er ihren Bruder Lindoro mit Celia zusammenführt, da dieser in die schöne Schäferin verliebt ist. Also droht Melibeo Celia an, sie gemeinsam mit Fileno zu opfern, wenn sie nicht bereit ist, Lindoro zu heiraten. In dieser Verwirrung wird Celia von einer Gruppe Satyrn entführt. Fileno glaubt, dass seine Geliebte nun endgültig verloren sei, und will sich das Leben nehmen, wird jedoch von der schönen Nymphe Nerina am Freitod gehindert. Diese wiederum hat sich in Fileno verliebt, nachdem sie von Amarantas Bruder Lindoro zurückgewiesen worden ist. Melibeo sichert ihr Unterstützung zu. Inzwischen ist nämlich der Conte Perrucchetto aufgetaucht und macht der schönen Amaranta den Hof. Um ihn aus dem Weg zu räumen, soll Nerina ihn gemeinsam mit Celia in eine Höhle locken, aus der sie als Liebes- und Opferpaar herausgeführt werden. Fileno hält seine Geliebte nun für untreu, und auch Amaranta weist den Conte zurück. Kurz bevor die beiden dem Seeungeheuer geopfert werden, ändert Fileno seine Meinung  und stürzt sich ins Meer. Diana erscheint und rettet Fileno vor dem Ungeheuer. Sie bestraft ihren Priester Melibeo für seine Grausamkeit und führt die richtigen Paare wieder zusammen.

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Lindoro (Jiyuan Qiu, zweiter von links) ist in Celia (Sissi Qi Wang, Mitte) verliebt. Conte Perrucchetto (Michael Terada, links) und Melibeo (Chanho Lee, zweiter von rechts) buhlen um Amaranta (Milena Knauß, rechts).

Tamara Heimbrock legt die abstruse Geschichte als ein Spiel einer jungen Künstlergruppe im Theater an. Nach einer Vorstellung versammeln sich die Darsteller zu einem gemeinsamen Spiel auf der verlassenen Bühne. Bei einer ausgelassenen Runde Prominenten-Tabu landen sie nach einer Weile bei antiken Sagengestalten, und das Spiel beginnt. Eine Kleiderstange mit Kostümen wird hereingefahren, und die jungen Künstler schlüpfen in die einzelnen Rollen. Ob die Figuren dabei immer nachvollziehbar werden, ist Ansichtssache. Zum Beispiel wird nicht klar, wieso Fileno eine Jacke trägt, die ihn als Muskelprotz erscheinen lässt, zumal er mit seinem ständigen Hang zum Selbstmord eher schwache Züge trägt. Bei der Übertitelung wird während der Arien größtenteils auf eine Wiedergabe des gesungenen Textes verzichtet und stattdessen nur eine Inhaltsangabe gegeben. Dies sorgt in den Formulierungen sicherlich für einige Komik, macht die Geschichte jedoch insgesamt auch nicht besser. Vor die eigentliche Ouvertüre wird beim Spiel der jungen Künstler Musik gespielt, die nicht von Haydn stammt und wahrscheinlich andeuten soll, dass die Künstler erst später in die Rollen der Oper schlüpfen. Wenn Celia nach der Pause aus der Hand der Satyrn befreit wird, erinnert diese Szene musikalisch eher an einen Saloon im Wilden Westen und hat ebenfalls nichts mit Haydn zu tun.

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Nerina (Anna Christin Sayn) soll Fileno (Woongyi Lee) verführen (im Hintergrund: Celia (Sissi Qi Wang)).

Das Bühnenbild von Detlef Beaujean deutet mit leicht abstrakten Bäumen auf unterschiedlich hohen Podesten eine hügelige Waldlandschaft an. Durch einzelne Klappen können die Akteure in den Podesten verschwinden. Durch Einsatz der Drehbühne werden unterschiedliche Gegenden in diesem Wald angedeutet. Ein besonders hohes Podest fungiert als Höhle, in die Celia und der Conte hineingeführt werden. Ob sie dann in weißen Zwangsjacken zum Opfertod wieder herausgeholt werden müssen, ist Geschmacksache. Die meisten Partien sind doppelt besetzt. Dabei übernehmen in der Aufführung jeweils die Alternativbesetzungen die Rolle des Chors. Dramaturgisch weist die Geschichten einige Längen auf. So hätte man die ausgelassene Jagdszene gut streichen können, da sie die Handlung überhaupt nicht weiterbringt. Nicht wirklich erschließt sich der Gag mit dem Schaf Olaf, das im Programmheft sogar eigens unter den Darstellern genannt wird und zu Beginn als ständiger Begleiter Celias über die Bühne gezogen wird. Kurz vor dem glücklichen Ende wird es dann in den Schnürboden gezogen. Melibeo trägt für die Opferszene ein langes rotes Gewand mit einem goldenen Sternenkranz auf dem Kopf, als ob der Priester selbst die Gestalt der Göttin annehmen wolle. Die Göttin Diana tritt in der Inszenierung nicht auf, sondern führt durch die Nymphe Nerina das glückliche Ende herbei.

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Fileno (Woongyi Lee), Amaranta (Milena Knauß, Mitte) und Nerina (Anna Christin Sayn, links) wollen Celia und den Conte vor dem Opfertod retten.

Die durch teilweise recht lange Accompagnati eingeleiteten Arien und Ensemble erinnern stark an Mozart. Hervorzuheben sind die von drei Hörnern begleitete Arie Celias "Deh socorri un infelice", in der die junge Schäferin ihr Unglück beklagt, und die große Ombra-Szene "Ah come il core", in der Celia sich vor dem drohenden Unheil fürchtet. Sissi Qi Wang stattet die Partie der Celia mit einem runden Sopran aus und punktet mit einer warmen Mittellage. Woongyi Lee verfügt als Fileno über einen weichen, lyrischen Tenor, der besonders in seiner großen Arie "Miseri affetti miei" deutlich macht, dass der junge Schäfer das ganze Stück über leidet. Wesentlich selbstbewusster tritt Milena Knauß als Amaranta auf. Mit strahlenden Koloraturen verdreht sie den Männern den Kopf und weist Melibeo mit ihrer Arie "Vanne, fuggi, traditore" überzeugend in seine Schranken. Chanho Lee verfügt als Priester Melibeo über einen dunklen Bass, der den bösen Charakter der Figur unterstreicht. Wie ein Vorgänger von Leporello oder Figaro kommt Michael Terada als Conte Perrucchetto daher und unterstreicht mit komödiantischem Spiel den leichtlebigen Charakter der Figur. Stimmlich überzeugt Terada mit beweglichem Bariton. Anna Christin Sayn stattet die leicht naive Nymphe Nerina mit einem mädchenhaften, leichten Sopran aus und verleiht der Figur nahezu tragische Größe, wenn sie in aufreizender Kleidung mit knallrotem Lippenstift gegen ihren Willen Fileno verführen soll. Jiyuan Qiu verfügt als Amarantas Bruder Lindoro über einen leichten Spieltenor. Herbert Görtz arbeitet mit dem Orchester der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Aachen, den federleicht sprudelnden Tonfall der Partitur sorgfältig heraus, so dass es am Ende großen Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Inhaltlich ist die Oper völlig absurd. Haydns Musik ist gefällig, mehr aber auch nicht. Für einen festen Platz im Repertoire dürfte das nicht reichen.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Herbert Görtz

Inszenierung
Tamara Heimbrock

Bühne
Detlef Beaujean

Kostüme
Lea Reusse

Licht
Manuel Michels

Choreographie
Rolf Berg

Dramaturgie
Christoph Lang



Orchester der Hochschule für
Musik und Tanz Köln,
Standort Aachen


Solisten

*rezensierte Aufführung

Celia (Fillide)
Bella Adamova /
*Sissi Qi Wang

Fileno
Woongyi Lee

Amaranta
Lina Hoffmann /
*Milena Knauß

Conte Perrucchetto
*Michael Terada /
Di Yang

Nerina
Yoonsoo Kil /
*Anna Christin Sayn

Lindoro
Jiyuan Qiu

Melibeo
Chanho Lee


Weitere Informationen
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Theater Aachen
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