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Der Alptraum von der ewigen Jugend
Von Roberto Becker
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Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Es ist schon erstaunlich, dass es der große Tscheche Leoš Janáček ausgerechnet in Wien so schwer hat. Für Die Sache Makropulos war die aktuelle Premiere an der Staatsoper tatsächlich die erste Inszenierung an diesem Haus, das sich ja immer noch für Weltspitze hält. Dabei liegt die Uraufführung von Janáčeks vorletzter Oper in Brünn schon 89 Jahre zurück. Diese Abstinenz sieht fast schon wie ein verspäteter k.u.k.-Trotz nach dem Motto aus: wenn Ihr Böhmen und Mähren schon nicht mehr zu uns gehören wollt, dann spielt's euch euren Janá#269;ek doch selbst.
In der Anwaltskanzlei
Nun gibt es also die Geschichte von der Frau mit den Kürzeln E.M., die mit über 300 Jahren immer noch so aussieht, als hätte sie die ominösen 39 noch nicht erreicht; die sich in einen komplizierten Erbschaftsstreit vertieft, um an das Rezept für die ewige Jugend zu kommen, das einst ihr Vater für den Kaiser Rudolf II. entwickelt hatte und an ihr ausprobieren musste. Halbwegs erfolgreich, wie man in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts sieht, wo Karel #268;apek, auf dem Janá#269;ek basiert, seine Geschichte angesiedelt hat. Oder eben auch nicht, denn wenn man als Individuum (und sei es als erfolgreiche Sängerin) über 300 Jahre lebt, dann wird man als soziales Wesen einsam und stirbt viele Tode.
Der Blick von Emilias Garderobe in den Saal
In Wien wurde die überfällige Premiere - um es mit einem Kalauer zu sagen: in Stein gemeißelt auf die Bühne gebracht. Bei Regisseur Peter Stein wäre es eine Überraschung, wenn er da eine Ebene der Hinterfragen einziehen würde, die man nicht auf dem ganz kurzen Wege aus der Partitur und dem Librettotext herleiten könnte. Mit seinem ausgestellten Altersgroll auf den Opern-Betrieb bezeichnet sich Stein selbst in einem seiner reichlichen Vorfeldinterviews ohne Probleme als reaktionär. Jedenfalls ist er einer, der jede Deutungsambition für Teufelszeug hält. Seine jubelnden Anhänger (wohl aus Italien mit angereist) ficht das nicht an. Und doch ist es eine Leistung, so langweilig und vorhersehbar in den effektvoll üppigen Bühnenbildner von Ferdinand Wögerbauer zu arrangieren. Und das nicht mal präzise.
Emilia und ihr viel zu junger Verehrer
Eine üppige Anwaltskanzlei, eine Bühne mit Blick in den Zuschauerraum und die Art-Deco-Suite für den Star sehen zwar hübsch aus, reißen aber den Abend nicht. Das schafft auch die Emilia von Laura Aikin nicht wirklich - und da muss man nicht gleich mit der Makropulos-Legende Anja Silja kommen. Da reicht schon die Erinnerung an Angela Denoke in Salzburg vor vier Jahren. Zum Schluss freilich, wenn das Geheimnis enthüllt ist, lässt Peter Stein seine Heldin in Minutenbruchteilen den aufgeschobenen Alterungsprozess nachholen: Die Enttarnte wankt wie eine Mumie zur Rampe, um zusammen mit dem in den aufgedimmten Zuschauerraum marschierenden Chor, die Moral von der Geschichte zu verkünden. Da Peter Stein für die Selbstparodie der Humor fehlt - ein ziemlicher Kitschunfall.
Gesungen wird insgesamt eher auf gutem Niveau - das Wiener Opernorchester unter der Leitung von Jakub Hrůša setzt auf atmosphärisches Strömen, wobei man sich das durchaus noch raffinierter an den Sound der Sprache angeschmiegter vorstellen kann. Das Sängerensemble, das Laura Aikin anführte, war solide. Dabei ragten vor allem die prägnante Margarita Gritskova als Kristina und Markus Marquardt als Jaroslav Prus heraus. Heinz Zednik lieferte - sozusagen außer Konkurrenz - die anrührende Studie eines alt und schrullig gewordenen Hauk-Sendorf.
Der Jubel in Wien war einhellig. Sofern er Jan#aček betraf war dieses verspätete Votum auch voll und ganz nachvollziehbar. Das Problem dieser überfälligen Wiener Erstaufführung war die Regieverweigerung durch Peter Stein.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Solisten
Emilia Marty
Albert Gregor
Krista
Jaroslav Prus
Janek Prus
Dr. Kolenaty
Hauk-Sendorf
Vítek
Maschinist
Aufräumerin
Kammermädchen
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