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Musiktheater
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Marlene, Judy, Marilyn - Endstation Hollywood (UA)

Ein musikalisch-szenischer Abend von Roland Hüve
Dialogtexte, Songauswahl und Konzeption von Roland Hüve
Musik von Cole Porter, Friedrich Hollaender, Irving Berlin u. a., Musikalische Arrangements von Heinz Hox

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h 35' (keine Pause)

Premiere im Theater Krefeld am 18. September 2015
(besuchte Aufführung: 08.11.2015)

Homepage

Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Gelungener Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik

Von Thomas Tillmann / Fotos von Matthias Stutte

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Frau Sehfing spielt Marlene Dietrich, die sich auf ihren Auftritt in Sydney vorbereitet.

Sie sind beliebt, diese Abende, deren Hauptzutaten gute, beliebte Songs und die Biografie von Legenden sind, nicht nur beim Publikum, das mehr oder minder heimlich mittaktiert oder -summt, sich an Details erinnert, die man über diese Stars gehört hat, und letztlich doch froh ist, nach 95 Minuten in eine gesicherte bürgerliche Existenz zurückkehren zu dürfen, sondern auch bei Theaterleitungen, die ohne allzu großen Aufwand einen gut funktionierenden Abend im Spielplan haben, der keine Riesenlöcher ins schmale Budget reißt, namentlich in einer Stadt, die so notorisch pleite ist wie Krefeld. Roland Höve gelingt es, die Biografien von Marlene Dietrich, Judy Garland und Marilyn Monroe geschickt miteinander zu verknüpfen, die sich realiter zwar über den Weg gelaufen sind, aber keinen engeren Kontakt miteinander hatten, gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse herauszufiltern (meine Sitznachbarin konnte sich gar nicht beruhigen über den Umstand, dass offenbar alle drei mit Frank Sinatra im Bett waren) und sie auch immer wieder in den berühmten Musiknummern zusammenzubringen, anstatt diese nacheinander von nur einer der Diven singen zu lassen. Natürlich ist sich der Autor und Regisseur bewusst, dass man in der Kürze eines Theaterabends den schillernden Biografien dieser drei Frauen nicht gerecht werden kann, und hier könnte natürlich auch Kritik ansetzen an der Konzeption, denn man hätte sich natürlich auch problemlos auf eine der Damen oder zwei konzentrieren können, wie ähnlich funktionierende Stücke es getan haben und tun, und wäre dann vielleicht zu noch spannenderen, tiefgründigeren Momenten vorgedrungen. In Endstation Sehnsucht bleibt es dagegen bei "ein paar Blicke(n) auf ihre Temperamente, ihre Verzweiflung, ihr Glück", auf ihre gebrochenen Biografien, auf "Lebensgeschichten, die trotz des äußeren Erfolgs letztlich zu inneren Katastrophen, Niederlagen, zu Verzweiflung, Krankheit und Tod geführt haben", auf die Diskrepanz zwischen Glanz und Glamour einerseits und privatem Unglück andererseits, das letztlich aber eben doch immer wieder in Kauf genommen wurde für den Weg zurück ins strahlende, vertraute Rampenlicht.

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Frau Hays spielt Marilyn Monroe, die Präsident Kennedy ein Geburtstagsständchen zu singen hat.

Die Grundsituation, die Damen in einer Garderobe aufeinandertreffen zu lassen, ist so neu natürlich nicht, aber in Höves Stück ist diese fiktive Garderobe "aus der Zeit gefallen". So glaubt die Dietrich sich vor ihrem letzten Konzert 1975 in Sydney, Judy Garland wähnt sich 1969 in Kopenhagen, die Monroe 1962 in New York, kurz bevor sie ihr berühmtes "Happy Birthday, Mr. President" anstimmt. Und diese Garderobe (man hätte Ausstatter Siegfried E. Mayer einen etwas größeren Etat für Kostüme und Perücken gewünscht) ist natürlich weit mehr als ein Platz zum Kostümwechsel und Schminken, sondern ein "Rückzugsort für diese gequälten Kreaturen, die vor allem gegen ihre Angst zu kämpfen hatten", Schauplatz auch für komische Dialoge, intime Bekenntnisse, Divengezicke, für das Sezieren der Abgründe dreier Frauen, die nicht mehr unterscheiden konnten zwischen der Privatperson und ihren Wünschen und dem Bild, das sie selber und das Publikum von ihnen entworfen hat und dem sie um jeden Preis entsprechen zu müssen meinten.

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Frau Kuhn spielt Judy Garland, die ein Konzert in Kopenhagen zu überstehen hat (im Hintergrund: Debra Hays als Marilyn Monroe und Susanne Seefing als Marlene Dietrich).

Natürlich geht es bei einem Theaterstück nicht um äußerliche Ähnlichkeiten wie etwa bei einer Travestieshow, dieser platten Publikumserwartung entzieht Höve sich, indem er die Rollen bereits dialektisch anlegt (etwa Marlene Dietrich / Frau Seefing) und seine Darstellerinnen zu Beginn reflektieren lässt, wie schwer es ist, in deren Fußstapfen zu treten, aber Gabriela Kuhn hat mit Judy Garland kaum etwas gemein, auch nicht die Tragik, die die Amerikanerin umflorte, selbst wenn sie einen Song wie "The Man That Got Away" auf ihre Art sehr gut singt. Gleiches gilt für Debra Hays, die zwar große Spielfreude an den Tag legt und weiß, wie man vollendet einen Song serviert (ich erinnere mich, sie vor vielen Jahren am Theater Krefeld sehr, sehr gut in Sondheims Marry Me A Little gesehen zu haben), die aber doch ein paar Jahre zu lang im Geschäft ist, um optisch glaubhaft Marilyn Monroe verkörpern zu können. Susanne Seefing schließlich macht optisch keine schlechte Figur als vorzugsweise in edlen Männeroutfits und Uniform gewandete, lesbisch-androgyn wirkende Marlene Dietrich, vokal indes passt ihr luftiger Sopran so gar nicht zu dem, was man vom Original im Ohr hat, und die gestalterische Sorgfalt der Interpretin, die man durchaus wohlwollend zur Kenntnis nahm, konnte nichts daran ändern, dass hier ein Song wie der andere und zu mädchenhaft-sphärisch klang. Ansonsten ist dies ein vor allem auch musikalisch überzeugender Abend, die Band unter Leitung von Heinz Hox, der auch die flotten Arrangements geschrieben hat, hat hohen Anteil an dessen Erfolg.

FAZIT

Ein unaufwändiger, unterhaltsamer, musikalisch wie szenisch gelungener Abend, der Lust auf mehr Dietrich, Garland und Monroe macht.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Heinz Hox

Inszenierung
Roland Hüve

Bühne und Kostüme
Siegfried E. Mayer

Choreografie
Victoria Bröcker

Dramaturgie
Ulrike Aistleitner

 

Musiker:
Heinz Hox (Klavier)
Marcus Bartelt (Saxofon,
Klarinette, Flöte)
Nico Brandenburg (Bass)
Andy Pilger (Drumset)


Solisten

Marlene Dietrich/
Frau Seefing
Susanne Seefing

Judy Garland/
Frau Kuhn
Gabriela Kuhn

Marilyn Monroe/
Frau Hays
Debra Hays


Weitere
Informationen

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Theater Krefeld-
Mönchengladbach

(Homepage)



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