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Das Land des Lächelns

Romantische Operette in drei Akten
Libretto von Ludwig Herzer und Fritz Löhner nach Victor Léon
Musik von Franz Lehár

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause)

Premiere im Theater Hagen am 14. November
2015
(rezensierte Aufführung: 25.11.2015)


Logo: Theater Hagen

Theater Hagen
(Homepage)
Unvereinbarkeit der Kulturen

Von Thomas Molke / Fotos von Klaus Lefebvre

Als Franz Lehár ein Libretto von Victor Léon vertonte und dieses Werk unter dem Titel Die gelbe Jacke 1923 in Wien zur Uraufführung brachte, hat wohl noch keiner damit gerechnet, dass Lehár damit den Grundstein für eine seiner wohl größten Operettenerfolge gelegt hatte. Denn obwohl der wohl beliebteste Operettenhit aller Zeiten, "Dein ist mein ganzes Herz", schon in dieser Fassung enthalten war, hatte das Stück zunächst nur einen mäßigen Erfolg. Erst als Lehár sich einige Jahre später entschied, dieses Werk noch einmal zu überarbeiten, und es auf ein neues Libretto von Ludwig Herzer und Fritz Löhner unter dem Titel Das Land des Lächelns herausbrachte, trat diese Operette einen Siegeszug um die ganze Welt an. "Dein ist mein ganzes Herz" wurde nicht zuletzt durch Richard Tauber, für den nun die Partie des chinesischen Prinzen Sou-Chong konzipiert war, zu einem absoluten Gassenhauer.

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Lisa (Veronika Haller) und Sou-Chong (Kejia Xiong) "bei einem Tee à deux"

Die Idee für das ursprüngliche Libretto lieferte ein chinesischer Prinz namens Sukong, der als Diplomat im Hause des in Wien lebenden Librettisten Victor Léon ein und aus ging und von dem Léon allerlei Einzelheiten über chinesische Sitten und Bräuche erfuhr. Ob dieser Prinz auch in die Hausherrin verliebt war, ist nur eine Vermutung. Jedenfalls ließ sich Léon von ihm inspirieren, eine Geschichte über den chinesischen Prinzen Sou-Chong zu verfassen, der sich in Lisa, die Tochter des Grafen Lichtenfels, verliebt, und sie entgegen aller Konventionen mit nach China nimmt. Dort währt ihr Glück allerdings nicht allzu lange, da Sou-Chong aufgrund seiner Stellung der Tradition folgen und vier Mandschu-Frauen ehelichen soll. Lisa ist nicht bereit, den geliebten Prinzen mit anderen Frauen zu teilen, auch wenn ihr Sou-Chong versichert, dass es sich dabei nur um eine Formalität handele. Gemeinsam mit ihrem Jugendfreund Gustav, der ihr nach China nachgereist ist, plant sie die Flucht, die allerdings von Sou-Chong vereitelt wird. Doch dann erkennt der Prinz, dass er Lisa nicht gegen ihren Willen in China halten will oder kann, und lässt sie gemeinsam mit Gustav ziehen. Während er in der ursprünglichen Version nach diesem Entschluss erneut als Diplomat nach Wien geschickt wird und es somit mit seiner Schwester Mi und Gustav neben Lisa und dem Prinzen ein weiteres glückliches interkulturelles Paar gibt, verzichten Herzer und Löhner in ihrer Umarbeitung auf das Happy End. Mi bleibt traurig in China zurück, während Sou-Chong sich nach der Devise "Immer nur Lächeln" schweren Herzens den gesellschaftlichen Normen beugt.

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"Meine Liebe, deine Liebe": Mi (Maria Klier) und Gustav (Richard van Gemert)

Das Regie-Team um Roland Hüve wählt im Großen und Ganzen einen konventionellen Ansatz, der an einzelnen Stellen die Unvereinbarkeit der dargestellten westlichen und östlichen Kultur hinterfragt. So arbeitet Bühnenbildner Siegfried E. Mayer mit einem Einheitsbühnenbild, das andeutet, dass die Weltanschauungen in Wien und China in ihrer Starrheit gar nicht so weit auseinanderliegen. Der Salon im ersten Akt, in dem die Wiener Gesellschaft Lisas Sieg bei einem Reitturnier feiert, besteht ebenso aus hohen Säulen wie der Saal in Peking, in dem Sou-Chong später mit den höchsten Ehren ausgezeichnet wird. Lediglich die Farben unterscheiden sich. Während die Säulen in Wien mit ihrer Marmorierung an den Glanz der k. u. k. Monarchie erinnern, sind sie im China-Akt mit einem roten Stoff überzogen und bilden einen guten Kontrast zur in Gold glänzenden leicht bogenförmigen Rückwand. Auch die Kostüme, für die ebenfalls Mayer verantwortlich zeichnet, sind sowohl bei der Wiener Gesellschaft als auch bei den Chinesen sehr aufwendig gestaltet. Dass Lisa am Anfang und am Ende eine Hose trägt, passt zwar zu ihrem Wunsch nach Selbstbestimmung. Wieso es aber wieder ein hochgeschlossener Marlene-Dietrich-Schnitt sein muss, der für Veronika Haller schon letztes Jahr im Ball in Savoy unvorteilhaft war, erschließt sich nicht.

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Mi (Maria Klier, Mitte) mit dem Ballett Hagen "im Salon zur blauen Pagode"

Leichte Freiheiten mit der Vorlage erlaubt sich Hüve am Ende des Stückes. Hier lässt er nämlich die durch und durch unkonventionelle Mi nicht einfach in China zurück. Nachdem sie zunächst im kurzen westlichen Tennis-Dress Gustav den Kopf verdreht und anschließend als aufgeplusterter verkleideter Obereunuch mit ihm ihren Spaß getrieben hat, erscheint sie zwar nach der Maßregelung durch ihren Bruder in traditioneller langer Bekleidung, hat aber zu viel von Lisas Freiheiten kennen gelernt, als dass sie sich noch weiter in eine untergeordnete Position drängen ließe. So folgt sie Lisa und Gustav nach Wien, was zwar auch über die Geschichte in der gelben Jacke hinausgeht, da sie hier ja nur gemeinsam mit Sou-Chong nach Wien reisen kann, mit Blick auf ihre Charakterisierung in Hüves Inszenierung allerdings wesentlich glaubhafter wirkt.

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Tschang (Rainer Zaun, rechts) zwingt seinen Neffen Sou-Chong (Kejia Xiong, links), sich den gesellschaftlichen Normen zu beugen.

Musikalisch stellt das Werk vor allem deshalb eine große Herausforderung dar, da jeder Sänger des Prinzen Sou-Chong heute immer noch an dem legendären Richard Tauber gemessen wird, dessen Interpretation der beiden bekannten Nummern "Dein ist mein ganzes Herz" und "Immer nur Lächeln" durch alte Aufnahmen auch heute noch bei einem Großteil des Publikums präsent ist. Das Hagener Ensemble-Mitglied Kejia Xiong stellt sich dem Druck und präsentiert den Prinzen mit einem weichen, höhensicheren Tenor, der allerdings leider vom Orchester an den Stellen, an denen er tenoralen Glanz verströmen lassen könnte, ein wenig zugedeckt wird. Vielleicht hätte man seine Stimme ein bisschen verstärken sollen, um besser über das Orchester zu kommen. Dann wären die beiden Ohrwürmer vielleicht mit den Plattenaufnahmen vergleichbar gewesen. Ansonsten macht er als chinesischer Prinz darstellerisch eine sehr gute Figur. Veronika Haller verfügt als Lisa über einen kräftigen Sopran, der sich vor allem in den beiden Duetten mit Xiong, "Bei einem Tee à deux" und "Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt?", voll entfalten kann.

Besonders überzeugen kann an diesem Abend das Buffo-Paar. Maria Klier begeistert als Sou-Chongs Schwester Mi mit überbordendem Spiel-Witz und soubrettenhaftem Charme. So wird ihre Arie "Im Salon zur blauen Pagode", in der sie den Chinesen einmal "kräftig ihre Meinung sagt" und kundtut, was sie von der frauenfeindlichen Politik in China hält, musikalisch und darstellerisch zu einem Höhepunkt des Abends. Mit Richard van Gemert als Gustav gibt sie ein herrliches Paar ab, was sich vor allem in ihrem Duett "Meine Liebe, deine Liebe" äußert. Van Gemert verfügt über einen beweglichen Spieltenor mit sehr gutem Textverständnis. Amüsant ist auch sein leicht unbeholfenes Spiel im Zusammenspiel mit Lisa. Rainer Zaun verleiht Sou-Chongs Onkel Tschang mit profundem Bariton die erforderliche Autorität und lässt ihn darstellerisch in einem negativen Licht erscheinen, was auch noch durch die bewaffneten und maskierten Chinesen im Hintergrund unterstützt wird. Das Ballett des Theater Hagen verdeutlicht mit abgehackten Bewegungen in opulent gestalteten Kostümen die in Konventionen erstarrte Wiener Gesellschaft am Hof und gefällt auch als Chinesen, die auf Sou-Chong solchen Druck ausüben, dass er sich an die geltenden Regeln halten muss. Auch die vier Tänzerinnen, die als Mandschu-Frauen Lisa klar machen, dass sie nicht nach China gehört, überzeugen durch ausdrucksstarke Bewegungen. Mihhail Gertz lässt mit dem Philharmonischen Orchester Hagen Lehárs Musik aus dem Graben aufblühen, so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Roland Hüve präsentiert im Großen und Ganzen eine konventionelle Inszenierung, an der Operetten-Liebhaber ihre Freude haben dürften. Die zahlreichen Ohrwürmer leisten ebenfalls einen Beitrag zu einem gelungenen Abend.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Mihhail Gertz

Inszenierung
Roland Hüve

Bühne und Kostüme
Siegfried E. Mayer

Licht
Achim Köster /
Martin Gehrke

Choreographie
Alfonso Palencia

Chor
Wolfgang Müller-Salow

Dramaturgie
Dorothee Hannappel

 

Opern- und Extrachor
des Theater Hagen

Ballett des Theater Hagen

Philharmonisches Orchester
Hagen

 

Solisten

Graf Ferdinand Lichtenfels,
Feldmarschalleutnant
Werner Hahn

Lisa, seine Tochter, junge Witwe
Veronika Haller

Graf Gustav von Pottenstein,
Dragonerleutnant
Richard van Gemert

Exzellenz Hardegg, seine Tante
Verena Grammel

Prinz Sou-Chong
Kejia Xiong

Mi, seine Schwester
Maria Klier

Tschang, sein Onkel
Rainer Zaun

Ein General
Bernd Stahlschmidt-Drescher

Toni
Anja Frank-Engelhaupt

Franzi
Eva Trummer

Fini
Nicole Nothbaar


 

Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




Da capo al Fine

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