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Manege frei für den
Nouveau Cirque Von Thomas Molke / Foto © Cirque Bouffon
Bühne frei zum neuen Programm Quilombo Quilombo bedeutet sinngemäß "Versteck" oder "Zuflucht". Zur Zeit der portugiesischen Herrschaft bezeichnete man mit diesem Begriff eine Niederlassung geflohener schwarzer Sklaven in Brasilien. Zuflucht suchte am Premierenabend auch das Publikum, und zwar vor dem herabprasselnden Regen, wobei man zunächst nicht ganz sicher war, ob das Zirkuszelt diesen Sturm wirklich abhalten konnte. Aber das Wasser blieb wirklich draußen. Zwar war die Luftfeuchtigkeit extrem hoch, so dass man teilweise das Gefühl hatte, in einer Dampfsauna zu sitzen, aber die zauberhafte Magie, die die Artisten und Musiker im kleinen Rund der Manege entfachten, ließen auch die Temperaturen schnell vergessen und in eine traumhafte Fantasiewelt voller Poesie abtauchen. Die Musik von Sergej Sweschinskij, die einen Mix aus lateinamerikanischen Klängen und afrikanischen Rhythmen darstellt, verbreitet einen Hauch von Melancholie in einem Programm, das durch artistische Höchstleistungen und zahlreiche clowneske Einlagen unterhält. Begleitet wird die Band, die aus Sweschinskij am Kontrabass, Sergey Lukashov am Knopfakkordeon und Adam Tomaszewski, der vor allem die Percussion beisteuert, durch den Afrikaner Aziz Kuyateh, der mit einem zitaähnlichen Saiteninstrument, der Kora, Traditionen seiner Heimat musikalisch in den Abend einfließen lässt. Anja Krips singt dazu in einer Fantasiesprache, was ein weiteres Markenzeichen des Cirque Bouffon darstellt. Zur Auftrittsmusik treten die Artisten zum Gesang auf die Bühne und leiten damit wie neugierige Kinder das Programm ein. Zunächst begeistert Alexander Veligosha mit einem atemberaubenden Gleichgewichtsakt auf einem Turmgestell. Wie er im Handstand in zwei Metern Höhe Figuren auf zwei Stangen vollführt, bei denen man sich ernsthaft fragt, wie er bei derartigen Dehnungen des Körpers noch das Gleichgewicht halten kann, lässt die Zuschauer mehrere Male den Atem anhalten. Große Komik entfacht im Anschluss Mariano Carneiro, der als exzentrischer Clown zunächst Kugeln in unterschiedlicher Größe jeweils an einem Band in eine Art Trichter befördert, und später mit dem Balancieren von Kreiseln für Begeisterung sorgt. Beeindruckend gelingt auch die artistische Jonglage von Jimmy Gonzalez, der im ersten Teil mit acht Bällen jongliert, und im zweiten Teil aus Ton Klumpen in unterschiedlicher Größe formt, die er grazil in die Luft fliegen lässt und auch mal mit dem Hals oder Nacken auffängt, während er weitere Tonklumpen erst kurz vor dem Abwurf in mehrere Teile zerlegt. Sein kreativer Tanz lässt das Publikum dabei in einen natürlichen Urzustand abtauchen. Eine Kombination aus Artistik und Komik präsentiert dann Ernesto Terri, der im ersten Teil als pantomimischer Zauberer auftritt, der mit großartiger Mimik imaginäre Elemente aus einem Zylinder hervorholt, und im zweiten Teil zu argentinischen Tangoklängen beim Seiltanz eine sehr gute Figur macht. Verträumt und verspielt gelingt der Auftritt von Erika Nguyen am Aerial Hoop in atemberaubender Höhe. In diese Höhe begeben sich anschließend auch Léa Mäuer und Andrea Schulte, die nicht nur mit scheinbarer Leichtigkeit an einer glatten Stange bis zur Spitze des Zirkuszeltes emporklettern, sondern dabei auch noch im perfekt aufeinander abgestimmten Zusammenspiel eine großartige Komik entwickeln. Da fällt Mäuer scheinbar auf Schulte, so dass diese einige Meter an der Stange herunterrutscht, bevor sie dann einen Meter vor dem Boden zum Halten kommt. Doch auch die Musiker fungieren nicht nur als Begleiter des Programms, sondern werden aktiv mit eingebunden. So eilen beispielsweise alle Artisten mit einem Bogen auf die Bühne, um Sweschinskij beim Spiel auf dem Kontrabass zu begleiten. Nachdem sie aber festgestellt haben, dass sie nicht alle auf diesem Instrument spielen können, tragen sie Sweschinskij mal liegend, mal stehend über die Bühne, wobei er die Melodie scheinbar unbeeindruckt weiterspielt. Auch Tomaszewski zeigt großes komisches Talent. Erst gibt er den Clown, wenn er mit unterschiedlichen Instrumenten das Spiel des Knopfakkordeons und des Kontrabasses stört, bevor er dann mit der Trommel den Saal regelrecht zum Toben bringt. Seine Fähigkeiten am Xylophon stellt er dann unter Beweis, wenn er beim Spiel auf einer Scheibe von den Artisten schnell gedreht wird.
Auch das Publikum wird bei
einigen Acts mit einbezogen. So dirigiert Carneiro in einer anderen Nummer das
Publikum, indem es die Köpfe drehen oder den ganzen Körper nach links oder
rechts bewegen muss. Auf diese Weise vergeht die Zeit wie im Flug, und eh man es
sich versieht, erklingen die melancholischen Musikbögen vom Anfang. Die Artisten
finden sich erneut mit den Musikern auf der Bühne ein, um sich aus der Traumwelt
zu verabschieden. Das Publikum bedankt sich mit tosendem Applaus.
FAZIT Wer einen schönen Abend voller
fantasievoller Poesie erleben will, sollte sich das Programm auf dem Vorplatz
des Theaters nicht entgehen lassen. Der Cirque Bouffon bietet mit seiner Show
die Möglichkeit, für ein paar Stunden den Sorgen und der Hektik des Alltags zu
entfliehen.
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EnsembleRegie Musik
Musikalische Leitung und Kontrabass Sängerin Sänger, Kora, Kalimba und Percussion Knopfakkordeon Xylophon und Percussion Artisten *Premierenbesetzung Le Tran Van Anh
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