Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Turandot

Dramma lirico in drei Akten
Libretto von Giuseppe Adami und Renato Simoni
Musik von Giacomo Puccini


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere am 5. Dezember 2015
im Theater Duisburg

Zusammenarbeit mit dem National Kaohsiung Center for the Arts Weiwuying, Taiwan




Homepage

Rheinoper
(Homepage)
Eine wenig traumhafte Turandot

Von Thomas Tillmann / Fotos von Hans Jörg Michel


Puccinis Turandot - in den Augen von Huan-Hsiung Li ist das ein exotischer Traum voller Romantik und Grausamkeit, den er "einer jungen Frau unserer Zeit anvertraut", verkörpert von der durchaus eindrucksvoll agierenden Tänzerin Yi-An Chen, die in diesem durchaus "beklemmenden Traum die vielschichtigen Gefühle, die sie und die Welt China gegenüber empfindet", tänzerisch reflektiert. Der Aufstieg Chinas zu einer beherrschenden Weltmacht mit all den Wunden einer wechselvollen Vergangenheit, das ist für einen "der aktivsten und einflussreichsten Theatermacher im zeitgenössischen Theater in Taiwan" bei seinem Europadebüt "eine neue Turandot, die wir sowohl lieben wie auch hassen können".


Szenenfoto

Voller Entsetzen verfolgen Liù (Brigitta Bele) und Timur (Sami Luttinen), wie Kalaf in den Bann der vom Volk (Chor, Extrachor und Statisterie der Deutschen Oper am Rhein) gefürchteten Prinzessin gerät.

Und so beginnt der Abend mit Schwarzweißprojektionen einer modernen asiatischen Metropole, auf der Bühne regnet es auf die Menschen aus der Yuan-Dynastie des 13./14. Jahrhunderts, die moderne Schirme in der Hand halten - "Historische Fragen und logische Überlegungen sind wie weggespült", formuliert der Regisseur es vielsagend, und damit ist natürlich alles möglich. Spannend oder berührend ist das alles indes nicht, die längste Zeit bleibt es bei braven Auf- und Abgängen, Standardgesten und viel Herumsteherei, von der permanent auf die Bühne projizierte Konturen chinesischer Kalligraphie und Tintezeichnung (verantwortlich für diese nervtötende Optik war Jun-Jieh Wang) vermutlich ablenken sollten - von Personenzeichnung und -führung versteht der Regisseur nämlich erschreckend wenig. Allein aufs Dekorative wollte man dann indes aber wohl auch nicht setzen, wobei die Bühne von Jo-Shan Liang mit einer Rampe in der Mitte und einem zweidimensionalen Palastaufbau in ihrer Schäbigkeit an drittklassige Tourneeproduktionen erinnerte und Volker Weinhart mit seinem plakativen, wenig einfühlsamen Licht wenig rettete, und so ließ Li den Kaiser im typischen Outfit Puccinis auftreten, ohne dass dieser sensationell neue Einfall wirklich ausgeführt und für eine differenziertere, intelligentere Deutung des Stoffes genutzt worden wäre.


Szenenfoto

Kalaf (Zoran Todorovich) hält bei Altoum (Bruce Rankin) um die Hand seiner Tochter an.

Warum Linda Watson sich für ein Rollendebüt im Spätherbst ihrer Karriere unbedingt die gefürchtete Titelpartie ausgesucht hatte, verstand man schon beim Lesen der Spielzeitbroschüre nicht, sicher aber nicht mehr nach den ersten Tönen, die im Piano dünn klangen, im Forte scheppernd, die träge, flackernde, glanz- und farblose Stimme erreichte die von Puccini notierte Höhe häufig nicht ansatzweise - als ihr nach der mehr schlecht als recht und rhythmisch sehr individuell durchgestandenen Auftrittsarie ein Glas Wasser auf offener Bühne serviert wurde, schüttelten nicht wenige Besucher im Parkett entsetzt den Kopf. Dass die Künstlerin das zweite C in der Rätselszene tatsächlich gesungen hat, würde ich nicht beschwören, dass sie zu dem insgesamt traurigen Abend in den allerletzten Minuten ein paar erfüllte Phrasen in der Mittellage beisteuerte, war mir zu wenig, zumal auch nicht von einer bemerkenswerten Durchdringung des gesungenen Wortes zu berichten ist, von darstellerischen Impulsen oder Rollenidentifikation gar, die Amerikanerin war immer eine beklagenswert schwache Schauspielerin, die an diesem Abend über böses Gucken und das gelegentliche Heben einer Hand in den wahrlich aufwändigen Kostümen von Hsuan-Wu Lai kaum hinauskam. La sua gloria è finita mochte man ihren Text umdichten und fragte sich beklommen, ob die Intendanz wirklich gut beraten ist, ihr in dem heftig beworbenen neuen Ring die Brünnhilde anzuvertrauen.


Szenenfoto

Noch hält sich Prinzessin Turandot (Linda Watson) für unbesiegbar.

Über Zoran Todorovichs tenoralen Machoton habe ich mich zuletzt angesichts der Fanciulla-Neuproduktion in Zürich im Juni 2014 geäußert, die Stimme hat in der Tat im Vergleich zu früheren Jahren an Farbe und Glanz, in der Tiefe auch an Volumen verloren, aber noch bleibt er eine akzeptable Besetzung des Kalaf (dass er im „Nessun dorma“ vor allem auf die Wirkung der keinen besonderen Geschmack erkennen lassenden Fermate an dessen Ende setzte, führte indes nicht zum vermutlich intendierten Szenenapplaus).


Szenenfoto

Turandot (Linda Watson) versucht Liù (Brigitta Kele) den Namen des Unbekannten zu entlocken.

Viel Zustimmung bekam Brigitta Kele als Liù, obwohl sie mit ihrer durchaus apart timbrierten lyrischen Sopranstimme kaum mehr als interpretatorische Hausmannskost bot, ihr der Schlusston der ersten Arie etwas verrutschte und sie eigentlich nur in den kurzen Phrasen vor der zweiten ein wenig Persönlichkeit und Expressivität entwickelte. An ihrer Seite war Sami Luttinen mit seiner immer noch verlässlichen Bassstimme ein ordentlicher Timur, Bruce Rankin war ein vitaler, auch stimmlich überzeugender Altoum, Daniel Djambazian ein markanter Mandarin. Bogdan Baciu war der präsenteste Minister und vielleicht beste Sänger des Abends mit seinem satten und doch sehr geschmeidigen, legatostarken Bariton, der sich gut mit den Stimmen von Florian Simson (Pang) und Cornel Frey (Pong) mischte. Hubert Walawski schließlich komplettierte das Ensemble als Prinz von Persien.

In glänzender Form präsentierten sich Chor und Extrachor in der Einstudierung von Gerhard Michalski, während die Duisburger Philharmoniker unter der uninspirierten, pauschalen musikalischen Leitung von Axel Kober (interessanterweise übernimmt Kapellmeister Wen-Pin Chien übrigens bereits die zweite Vorstellung) über weite Strecken einfach nur polternd laut und unraffiniert spielten, statt Atmosphäre, Poesie, Zwischentöne und packendem Musizieren wurde man schlicht mit erschöpfendem Lärm konfrontiert - wie bedauerlich.


FAZIT

Vermutlich hatte man mehr Spaß an diesem harmlos-einfältigen, langweiligen Abend, wenn man das Stück nicht kennt - wie das gut gelaunte Paar hinter mir, das lautstark darüber nachdachte, beim "Paul-Potts-Lied" Wunderkerzen zu entzünden, und die vielen anderen, die die Mitwirkenden ausgiebig für bescheidene Leistungen feierten.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Axel Kober

Inszenierung
Huan-Hsiung Li

Bühne
Jo-Shan Liang

Kostüme
Hsuan-Wu Lai

Video / Media Design
Jun-Jieh Wang

Licht
Volker Weinhart

Chor
Gerhard Michalski

Kinderchor
Sabina López Miguez



Statisterie der
Deutschen Oper am Rhein

Chor, Extrachor und
Kinderchor der
Deutschen Oper am Rhein

Duisburger
Philharmoniker


Solisten

Turandot
Linda Watson

Altoum
Bruce Rankin

Timur
Sami Luttinen

Kalaf
Zoran Todorovich

Liù
Brigitta Kele

Ping
Bogdan Baciu

Pang
Florian Simson

Pong
Cornel Frey

Ein Mandarin
Daniel Djambazian

Prinz von Persien
Hubert Walawski

Eine junge Frau
Yi-An Chen



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2015 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -