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Die lustigen Weiber von Windsor

Komisch-fantastische Oper in drei Akten
Libretto von Hermann Salomon Mosenthal nach Shakespeares gleichnamigem Lustspiel
Musik von Otto Nicolai


in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 30' (zwei Pausen)

Premiere am 24. Juni 2016 im Opernhaus Düsseldorf


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Rheinoper
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Romantik - eine unpolitische Affäre

Von Stefan Schmöe / Fotos von Hans Jörg Michel


Zu Beginn dieser Oper wird erst einmal jemand hingerichtet. Im Wald, erhängt, noch ein wenig zappelnd; das soll womöglich auf das Spuk-Finale und den "wilden Jäger Herne" anspielen, für den Shakespeare in seiner Komödie The Merry Wives of Windsor (sicher ist das nicht) auf einen Jahrzehnte zuvor im Windsor Forest gehängten Wilddieb zurück griff. Regisseur Dietrich Hilsdorf hat solcherlei Schockeffekte ja früher häufiger verwendet. Weiter aufgegriffen wird das in der Inszenierung nicht, es hat aber atmosphärischen Charakter. Die Nachtseite des Biedermeier, der düstere Abgrund einer Romantik, die durch Caspar David Friedrichs Gemälde Abtei im Eichenwald von 1809 als Zwischenvorhang, später auch direkt im Bühnenbild zitiert, vertreten ist. Als "komisch-fantastische Oper" ist das Werk bezeichnet, und eben diese fantastische Seite kehrt die Regie hervor.

Szenenfoto

Zur Ouvertüre wird erst einmal jemand erhängt, und das im Gemälde von Caspar David Friedrich!

Hilsdorf verlegt die Handlung vom 15. ins 19. Jahrhundert, aus dem "Gasthof zum Hosenbande", in dem der Lebemann Falstaff residiert, wird eine Klosterkirche (eben die aus dem Friedrich'schen Gemälde). Diese die Fortsetzung des großbürgerlichen Salons im Hause Fluth, auch darin zeigt sich die Doppelgesichtigkeit dieser deutschen Romantik. Im Programmheft wird auf eine andere Ambivalenz hingewiesen, nämlich die von Biedermeier und Vormärz - Rückzug in die heimelige Privatwelt im Kontrast zur zunehmenden Politisierung. Diese Ebene aber blendet die Regie geradezu demonstrativ aus, wie auch jede Anspielung auf die Industrialisierung fehlt. Diese Lustigen Weiber bewegen sich gänzlich unpolitisch zwischen zwei Fantasiereichen, dem der konventionellen Komödie und dem der Bilderbuchromantik. Wenn der Herrenchor im Finale Spitzhüte, wie man sie mit dem Ku-Klux-Klan in Verbindung bringt, trägt, dann ist das eher die übliche Ratlosigkeit angesichts der ziemlich bemühten Maskerade, der irgendwie eine Prise Gefährlichkeit beigegeben werden soll, aber keine Aktualisierung.

Szenenfoto

Falstaff liebt gutes Essen und schöne Frauen - hier hat er, so glaubt er, beides. Alice Ford allerdings treibt böses Spiel mit ihm.

Die Komödie wird bedient und gleichzeitig durch ein oft bewusst schleppendes Timing ausgehebelt. Die gesprochenen Passagen sind sorgfältig durchgestaltet, haben aber, und das ist sicher so gewollt, fast nie Komödientempo. Man erkennt das Lustspiel, ohne recht darüber lachen zu können. Gleichzeitig betont GMD Axel Kober mit den sehr ordentlichen Düsseldorfer Symphonikern die Nachtseiten der Partitur. In der Ouvertüre lässt er es mächtig stürmen, und immer wieder blitzt mancher von Mendelssohn inspirierte Feenzauber auf. Die Musik klingt da sehr farbig, wozu auch der klangschöne Chor beiträgt (im dritten Akt geht allerdings die musikalische Koordination zwischen Orchester und Chor verloren).

Szenenfoto

Versteckspiel in der Klosterkirche: Spählich und Cajus verfolgen missgelaunt das Rendezvous von Anna und Fenton

Man ahnt den Anspruch, aus diesen lustigen Weibern große Oper zu machen - die Sängerbesetzung passt da allerdings nur bedingt. Hans-Peter König ist ein körperlich wie stimmlich voluminöser Falstaff von großer Präsenz, in Charakter und Gestaltung aber deutlich eine Figur der Komödie; da müsste - so grandios König den sympathischen Aufschneider und Möchtegern-Heiratsschwindler auch singt und spielt - mehr von der Nachtseite deutlich werden. Anke Krabbe als attraktive Alice Fluth und Martha Márquez als zickige Margarete Reich - Falstaff hat beiden identische Liebesgeständnisse geschrieben - singen und spielen engagiert, sind aber stimmlich Leichtgewichte aus der Welt der Spieloper (von da aus betrachtet meistern sie ihre Partien ausgezeichnet). Töchterchen Anna Reich dagegen wird von Luiza Fatyol mit großem Ton gesungen, kein naives Mädchen, sondern eine selbstbewusste Frau, die der Lust- und Singspielwelt stimmlich bereits entwachsen ist. Ihr heimlicher Liebhaber Fenton wird von Ovidiu Purcell mit durchdringendem Tenor im Dauerforte ziemlich eindimensional gesungen. Solide komödiantisch sind Annas Verehrer Spährlich (Florian Simson) und Cajus (Daniel Djambazian). Richard Sveda als eifersüchtiger Frank Fluth, noch mehr Sami Luttinen als eleganter Georg Reich sind sehr ordentliche Besetzungen.

Szenenfoto

Falstaff am Boden, Georg Reich vermeintlich obenauf. Was der noch nicht weiß: Tochter Anna hat gerade heimlich Fenton geheiratet.

Blendend aufgelegt sind Stefan Heidemann als Musiklehrer und Florian Vokal tendiert die Besetzung also zur Spieloper, orchestral ist die Balance zwischen komisch und fantastisch recht gut gehalten. Letztendlich muss es denn aber doch ausgesprochen werden: Diese Nicolai'sche Fassung der Merry Wives kann bei manchen musikalischen Reizen eben doch nicht mit Verdis ungleich genialerem Falstaff mithalten. Bei einer Spielzeit von fast dreieinhalb Stunden (inklusive zwei Pausen) tun sich dann doch manche Längen auf, die von der nuancierten und genau gestalteten, aber auch schnell durchschaubaren Regie nicht aufgefangen werden. Ein wenig mehr Vormärz, ein Hauch von 1848 (komponiert hat Nicolai die Oper in revolutionären Zeiten zwischen 1845 und 1849) dürfte es da vielleicht doch sein.


FAZIT

Zwischen komischer und fantastischer Oper tun sich ein paar Längen auf: Eine nicht schlechte, aber doch harmlose Regie und eine ordentliche, aber keineswegs ideale Sängerbesetzung machen Nicolais Lustigen Weiber zum mittelprächtigen Vergnügen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Axel Kober

Inszenierung
Dietrich W. Hilsdorf

Bühne
Dieter Richter

Kostüme
Renate Schmitzer

Licht
Volker Weinhart

Chor
Gerhard Michalski

Dramaturgie
Bernhard F. Loges



Chor der Deutschen Oper am Rhein

Düsseldorfer Symphoniker


Solisten

Sir John Falstaff
Hans-Peter König

Frank Fluth
Richard Sveda

Georg Reich
Sami Luttinen

Sir Richard Fenton
Ovidiu Purcel

Abraham Spärlich
Florian Simson

Dr. Jean-Jacques Cajus
Daniel Djambazian

Alice Fluth
Anke Krabbe

Margarete Reich
Marta Márquez

Jungfer Anna Reich
Luiza Fatyol

Küster
Peter Clös



Weitere Informationen
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