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Der kleine Horrorladen

Musical in zwei Akten
nach dem gleichnamigen Film von Roger Corman (Drehbuch: Charles Griffith)
Buch und Liedtexte von Howard Ashman
Deutsch von Michael Kunze
Musik von Alan Menken


in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Bonn am 30. August 2015


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Theater Bonn
(Homepage)

Das Grauen lauert im Blumenladen

Von Stefan Schmöe / Fotos von Thilo Beu


Im Grunde erzählt sich Der kleine Horrorladen ja von selbst. Die schräge Story um den ewigen Underdog Seymour, Gehilfe in einem Blumenladen in einer der schlechteren Gegenden Londons, der eine ungeheuer gefräßige Pflanze heranzieht, verlangt nicht weiter nach Interpretation. Ein paar Backsteinmauern rechts und links, dazu auf der Drehbühne die schnell wechselnden Orte der Handlung - Ausstatter Dirk Hofacker hat eine gut funktionierende Bühne gebaut (der kleine Plattenladen, für die Handlung nicht von Bedeutung, ist eine nette Reminiszens an längst vergangene Zeiten). Regisseur Erik Petersen steuert das nötige Handwerk bei: Temporeiche, hübsch überdrehte Personenführung ohne Leerlauf. Und aus dem Off liefert die ausgezeichnete Band unter Leitung von Jürgen Grimm den fetzigen Sound, gut ausgesteuert und dankenswerterweise auch nicht zu laut, sodass auch noch die Feinheiten hörbar sind (Sounddesign: Stephan Mauel).

Szenenfoto

Hier scheint alles gut zu werden: Seymour (Mitte) hat eine merkwürdige Pflanze herangezogen, die allerlei zahlungskräftige Kundschaft in den Blumenladen von Mr. Mushnik (links) bringt. Verkäuferin Audrey staunt.

Und dann steht da ein ausgezeichnetes Ensemble auf der Bühne. Matthias Schlung als jungenhafter Seymour, stimmlich gewandt und dauernervös (denn nur er weiß, dass die Pflanze eines will: Blut, und zwar viel). Seine angebetete Audrey, Verkäuferin in dem kleinen Blumenladen und unterdurchschnittlich intelligent, überragt ihn um einen Kopf - Bettina Münch lispelt sich tapfer durch die Partie und schafft es auch recht gut, in den Gesangsnummern einigermaßen bruchlos vom naiven Dummchen mit Piepsstimme auf "große" Singstimme zu wechseln. Wenn sie vom trauten Heim im Reihenhaus am Stadtrand träumt, dass es einem gruselt vor lauter Heimeligkeit, fährt die Drehbühne auch prompt ein paar Versatzstücke davon herein. Mit solchen kleinen Brechungen verschafft sich die Regie immer wieder ironische Distanz zur Handlung.

Szenenfoto

Das Geschäft floriert und die Pflanze wächst und wächst - ihr teuflischer Geist tanzt bereits im Hintergrund.

Irgendwie ist Audrey in eine nicht eben glückliche Liaison mit dem sadistischen Zahnarzt Dr. Orin Scrivello geraten, in dessen Praxis Blutspuren von den wenig zimperlichen Behandlungsmethoden künden. Kabarettist Hans Werner Olm gibt ihn als Alt-Rocker und muss sich auch stimmlich nicht verstecken. Nicht ganz glaubwürdig gelingt die Szene, in der er an seiner obligaten Dosis Lachgas, unverzichtbare Einstimmung auf jeden Patienten, erstickt, da bleibt die Regie eine Spur zu brav. Umgehend werden seine Überreste an die Pflanze verfüttert, die bald schon den Blumenladen sprengt. Und singt. Schon allein, weil deren grandioser Sänger Dennis LeGree über eine immense Bühnenpräsenz verfügt (um die es doch schade wäre, bliebe er nur Pflanze mit eingeschränktem Aktionsradius), tanzt er als eine Art Luzifer zunächst im Bühnenhintergrund, später auf der Vorderbühne, Fleisch gewordene Seele der Pflanze, die sich alsbald anschickt, die Welt zu beherrschen.

Szenenfoto

Und dann ist da noch der sadistische Zahnarzt Dr. Orin Scrivello, der mit Audrey liiert ist.

Zu den Opfern gehört auch Mr. Mushnik, der mitunter mehr auf Geschäftserfolg denn auf Mitmenschlichkeit ausgerichtete Inhaber des Blumenladens. Gespielt und gesungen wird er von Michael Schanze, Entertainer und Fernsehstar aus dem letzten Jahrtausend und immer noch stimmlich und darstellerisch eine Wucht - das ist jemand, der sein Metier durch und durch beherrscht. Eine Spur mehr Boshaftigkeit dürfte er ruhig an den Tag legen. Ungeheuer variabel agiert Jeremias Kochorz in diversen kleinen Partien, allesamt kleine Kabinettstückchen. Und die drei Soulgirls Chifon, Crystal und Ronette, die in der Story eigentlich überflüssig sind, durch ihre Dauerpräsenz aber die gewollte Schräglage dieses Musicals zur trashigen Revue unterstreichen, werden von Beatrice Reece, Amanda Whitford und Sampaguita Ingeborg Mönck prachtvoll mit großen Stimmen gegeben. Abgerundet wird das Ensemble von Yoko El Edrisi in diversen Nebenrollen und vier Mitgliedern des Jugendchors des Theater Bonn (Amelie Conrad, Cira Cargiulo, Jacob Gierlich und Benjamin Püllen), die auch in der einfachen, aber wirkungsvollen Choreographie (Kati Farkas) keine Wünsche offen lassen.


FAZIT

Das Publikum zeigt sich von so viel schrägem Charme begeistert: Temporeicher Saisonauftakt mit mit tollem Ensemble.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jürgen Grimm

Inszenierung
Erik Petersen

Bühne und Kostüme
Dirk Hofacker

Choreographie
Kati Farkas

Licht
Thomas Roscher

Sounddesign
Stephan Mauel



Band

Martin Reuthner (tp)
Jan Schneider (tp)
Matthias Erlewein (ts, fl, kl)
Martin Schäfer (bars, bkl, kl, fl)
Bastian Ruppert (g)
Rainer Wind (b)
Jürgen Grimm (keyb)
Heinz Hox (keyb)
Andy Pilder (perc)


Solisten

Seymour
Matthias Schlung

Audrey
Bettina Mönch

Mr. Mushnik
Michael Schanze

Dr. Orin Scrivello
Hans-Werner Olm

Saufbruder, Kunde, Radiomoderator,
Tänzer, Patient, Reporter, Priester,
Produzent Bernstein, Patrick Martin
Jeremias Kochorz

Soulgirl Chiffon
Beatrice Reece

Soulgirl Crystal
Amanda Whitford

Soulgirl Ronette
Sampaguita Ingeborg Mönck

Prostituierte, Chinesin,
Sambatänzerin, Arzthelferin,
Mrs. Luce, Olivia, Reporterin
Yoko El Edrisi

Ensemble
Amelie Conrad
Cira Cargiulo
Jacob Gierlich
Benjamin Püllen



Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Bonn
(Homepage)



Da capo al Fine

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