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Don Giovanni

Dramma giocoso in zwei Akten
Libretto von Lorenzo da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 5' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 8. November 2014
(rezensierte Aufführung: 15.11.2014)




Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Don Giovannis Abstieg in den Orchestergraben


Von Thomas Molke / Fotos von Uwe Stratmann

In der Wuppertaler Oper schlagen die Wogen mal wieder hoch. Nachdem der neue Opernintendant vor Beginn seines Amtsantritts bereits mit der Entlassung des kompletten Opernensembles und der Umstellung auf einen Stagione-Betrieb ohne Einstellung eines festen Ensembles für eine komplette Spielzeit für Missmut gesorgt hatte, machte am Donnerstag dann eine Pressemeldung die Runde, Kamioka werde bereits 2016 von allen Ämtern in Wuppertal zurücktreten. Als Grund wurde unter anderem ein Streit mit dem Orchester angeführt, das in großen Teilen Vorbehalte gegen ein Gastspiel in Japan geäußert habe. Zwar folgte einen Tag später ein Dementi, in dem Kamioka die wunderbare Zusammenarbeit mit dem Sinfonieorchester unterstrich, gleichzeitig aber einräumte, dass es ihm erlaubt sein müsse, darüber nachzudenken, ob es ihm bei den steigenden Anfragen für Gastdirigate möglich sei, seinen Anforderungen als Opernintendant überhaupt bis 2019 in angemessenem Maße gerecht zu werden. Ein weiteres Gespräch mit dem Aufsichtsrat am kommenden Mittwoch wird hoffentlich Klarheit in diese derzeit verfahrene Situation in Wuppertal bringen. Jedenfalls hatte man bei der Don Giovanni-Aufführung am Samstag beim Orchester das Gefühl, dass die Querelen durchaus noch nachwirkten.

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Ein eingespieltes Team: Don Giovanni (Sebastian Geyer, vorne) und sein Diener Leporello (Hye-Soo Sonn, dahinter) (im Hintergrund: Marianne Fiset als Donna Elvira)

Dabei steht Kamioka bei dieser Produktion gar nicht selbst am Pult, was allerdings definitiv nichts mit den momentanen Auseinandersetzungen zu tun hat. Bereits bei der Presseerklärung im Frühjahr war verkündet worden, dass der Regisseur Thomas Schulte-Michels für diese Inszenierung Andreas Kowalewitz als musikalischen Leiter mitbringen werde, und der ist mit dem Orchester auf der Bühne platziert, während die Sänger größtenteils auf dem hochgefahrenen Orchestergraben spielen, was dazu führt, dass der zweite Rang wegen mangelnder Sicht komplett geschlossen bleiben muss und damit per se weniger Karten verkauft werden können. Das Bühnenbild, für das Schulte-Michels ebenfalls verantwortlich zeichnet, besteht lediglich aus einem gelb gestrichenen Bühnenboden, der in verschiedenen Ebenen herauf- und herabgefahren werden kann, so dass böse Zungen diese Produktion auch als halbszenisch bezeichnen könnten, was an sich noch kein Negativkriterium sein muss. Aber der Klang des Orchesters entfaltet sich bei diesem Konstrukt leider nicht, auch wenn die Positionierung hinter den jungen Solisten sich sicherlich als sängerfreundlich erweist. Bereits in der Ouvertüre hat man den Eindruck, dass sich der Esprit von Mozarts Musik verflüchtigt und gar nicht richtig im Zuschauerraum ankommt. Noch gravierender ist dieses Gefühl dann beim Auftritt des Komturs am Ende der Oper. Da spürt man wirklich nichts davon, dass sich die Hölle auftut und Don Giovanni verschluckt. Dass diese Hölle, in die Don Giovanni dann herabfährt, auch noch der Orchestergraben ist, gibt der Aufführung gerade bei den aktuellen Diskussionen um das Opernhaus einen weiteren bitteren Beigeschmack.

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Zerlina (Ralitsa Ralinova, links), Masetto (Damien Pass, rechts), Don Ottavio (Emilio Pons, links hinten) und Donna Elvira (Marianne Fiset, rechts hinten) haben mit Leporello (Hye-Soo Sonn, vorne Mitte) den Falschen erwischt.

Die Kostüme von Renate Schmitzer setzen deutliche farbliche Akzente, wobei die maskenhaften Gesichter an die Aufführung einer Wandertruppe erinnern, wie sie dem Zuschauer in Leoncavallis Bajazzo begegnen. Die Farben unterstreichen dabei deutlich die Figurenkonstellationen. Don Giovanni und sein Diener Leporello treten beide in Gelb auf, was den Rollentausch im zweiten Akt durchaus glaubhaft macht. So unterscheidet sich Don Giovanni von seinem Diener nur durch ein längeres Sakko und einen gelben Schal. Auch Donna Anna und Don Ottavio beziehungsweise Zerlina und Masetto bilden farblich eine Einheit, wobei der Grünton bei Zerlina und Masetto die ländliche Herkunft andeutet. Auch der Chor erscheint als Landbevölkerung in Grün. Donna Elvira steht in ihrem roten Kleid relativ allein da, was ihren verzweifelten und unermüdlichen Kampf um die Liebe Don Giovannis unterstreicht. Wenn Anna, Elvira und Ottavio sich maskiert unter die Gäste bei Don Giovanni mischen, tauschen Anna und Ottavio lediglich die Kostüme, während Elvira eine Hose in Grün wie die übrigen Bauern trägt. Die Maske ist dabei ein durchsichtiges schwarzes Tuch vor dem Gesicht. Wieso der Komtur allerdings bereits vor seinem Tod im ersten Akt in dem langen grauen Mantel wie die Marmorstatue aussieht, die hinterher Don Giovanni in die Hölle schickt, bleibt genauso unklar wie der Regie-Einfall, seinen Tod durch die Berührung mit Don Giovannis gelbem Schal zu verursachen.

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Donna Anna (Tatiana Larina) bittet Don Ottavio (Emilio Pons) um Geduld (im Hintergrund: Ramaz Chikviladze als Komtur).

Ansonsten konzentriert sich Schulte-Michels auf eine ausgefeilte Personenregie, die im Großen und Ganzen auch aufgeht. Allerdings tut er den Solisten keinen Gefallen damit, sie auch hinter dem Orchester singen zu lassen. Wenn Don Giovanni zu Beginn der Oper Donna Anna verführen will, sind ihre Schreie kaum zu hören, da man die beiden hinter dem Orchester noch gar nicht sehen kann und somit ihre Stimmen von der Musik fast verschluckt werden. Fraglich ist auch, ob man den jungen Solisten nicht ein bisschen zu viel abverlangt, diese Rollen mit Ausnahme der Titelpartie an einem Wochenende drei Tage hintereinander singen zu lassen. Bei Emilio Pons als Don Ottavio scheinen sich am zweiten Abend bereits einige Ermüdungserscheinungen bemerkbar zu machen. Jedenfalls klingt er in den Höhen sehr angestrengt und lässt tenoralen Schmelz vermissen. Tatiana Larina stattet die Donna Anna mit leuchtendem Sopran aus, stößt in ihrer großen Arie "Non mi dir", in der sie Don Ottavio um Geduld bittet, in den halsbrecherischen Koloraturen allerdings an ihre Grenzen. Völlig unklar bleibt auch, wieso Schulte-Michels sie in dieser Szene wie ein naives Mädchen über die Bühne tänzeln lässt.

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Einladung mit fatalen Folgen: Don Giovanni (Sebastian Geyer, rechts), Leporello (Hye-Soo Sonn, links) und der Komtur (Ramaz Chikviladze, im Hintergrund)

Ein stimmlich und darstellerisch überzeugendes Paar geben Ralitsa Ralinova und Damien Pass als Zerlina und Masetto ab. Mit jugendlichem Sopran verleiht Ralinova dem Bauernmädchen einerseits etwas Kindlich-Naives, wenn sie zunächst auf Don Giovannis Werben hereinfällt, dann aber auch etwas Kokettes, wenn sie es schafft, ihren eifersüchtigen Bräutigam zu besänftigen. Pass stattet den Masetto mit profundem Bass aus und macht auch darstellerisch glaubhaft, dass dieser junge Bauer sich immer wieder von den Reizen seiner Zerlina einfangen lässt. Besondere Komik entwickeln die beiden im zweiten Akt, wenn Zerlina den von Don Giovanni verprügelten Masetto tröstet und "pflegt". Marianne Fiset verfügt als Donna Elvira über einen kräftigen Sopran, der bisweilen allerdings ein bisschen schrill wird. Eine Idealbesetzung ist Hye-Soo Sonn als Leporello. Mit beweglichem Bass und großem Spielwitz überzeugt der junge Koreaner nicht nur in seiner großen Registerarie "Madamina, il catalogo è questo", in der er Elvira über Don Giovannis wahres Wesen aufklärt. Sebastian Geyer, der alternierend mit Josef Wagner die Titelpartie interpretiert, gibt optisch einen glaubwürdigen Verführer, der auch stimmlich mit markantem Bariton punktet. Nur in den Höhen klingt er ein wenig angestrengt. Szenisch unklar bleibt, wieso er am Ende in selbstgefälliger Pose aus dem Orchestergraben wieder hochgefahren wird. Ist er der Hölle doch entflohen?

FAZIT

Die Inszenierung wirft einige Fragen auf, folgt allerdings im Allgemeinen dem Libretto. Das Orchester auf der Bühne erweist sich musikalisch als nicht ganz so glückliche Lösung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Andreas Kowalewitz

Inszenierung und Bühne
Thomas Schulte-Michels

Kostüme
Renate Schmitzer

Chor
Jens Bingert

 

Opernchor der
Wuppertaler Bühnen

Sinfonieorchester Wuppertal


Solisten

*rezensierte Aufführung

Don Giovanni
Josef Wagner /
*Sebastian Geyer

Leporello
Hye-Soo Sonn

Donna Anna
Tatiana Larina

Donna Elvira
Marianne Fiset

Don Ottavio
Emilio Pons

Komtur
Ramaz Chikviladze

Masetto
Damien Pass

Zerlina
Ralitsa Ralinova


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



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