Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



Les Contes d‘Hoffmann
(Hoffmanns Erzählungen)

Opéra fantastique in fünf Akten
Libretto von Jules Barbier
nach dem Schauspiel von Jules Barbier und Michel Carré
Musik von Jacques Offenbach
basierend auf der Ausgabe von Fritz Oeser


Aufführungsdauer: ca. 3h 15' (eine Pause)

Premiere im Theater Mönchengladbach am 23. November 2014
(Rezensierte Aufführung: 16. Januar 2015)

Homepage

Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Geschichten aus Herrn Hoffmanns biedermeierlichem Gruselkabinett

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Stutte

Das ist ja putzig: In der Weinstube Lutter&Wegener, in der seinerzeit um 1820 herum der Schriftsteller E.T.A. Hoffmann tatsächlich verkehrte, da treiben sich allerlei Studenten (die Regelstudienzeit haben sie bereits deutlich überschritten) herum, die offenbar aus einem Bilderbuch entsprungen sind. Hinrich Horstkotte, Regisseur und Ausstatter in Personalunion, versetzt uns unversehens mitten hinein in eine Puppenstubenwelt des 19. Jahrhunderts und lässt dazu von oben den Bühnennebel reichlich wabern. Da darf man sich biedermeierbehaglich zurücklehnen und Hoffmanns Erzählungen ziemlich librettogetreu genießen.

Vergrößerung in neuem Fenster

In Lutters Weinkeller: Die Erzählung von Klein Zack.

Warum auch nicht? Wenn man eine romantische Oper - noch dazu eine, die sich mit Leben und Werk eines romantischen Schriftstellers auseinander setzt, auch "romantisch" inszeniert, dann ist das ja kein ganz falscher Ansatz. Zumal das sogenannte Regietheater ja deutliche Zeichen der Erschöpfung zeigt. Aber ganz so dick hätte Horstkotte nun auch nicht auftragen müssen. Nicht nur leidet die Bühne immer wieder an Überfülle (der Ausstattungsetat des Theaters dürfte ziemlich stark strapaziert worden sein), wodurch immer wieder unnötig abgelenkt wird von dem, was wirklich inszenierenswert wäre, sondern in der ungezügelten Kreativität des Ausstatters gerät auch manches Detail unfreiwillig zur Parodie seiner selbst: Das unsagbar scheußlich antikisierende Gewand der Muse etwa. Oder die verunstaltenden Kleider für Olympia und Antonia (die noch dazu aussieht, als wäre sie im fortgeschrittenen Pensionsalter). Oder die Verwandlung von Antonias bürgerlichem Salon in eine veritable Geisterbahn.

Vergrößerung in neuem Fenster Spalanzanis physikalisches Kuriositätenkabinett: Hoffmann zwischen Niklausse und dem Coppelius. Hinten in der Vitrine die Puppe Olympia.

Ob die Regie mit bewusster Übertreibung einen doppelten Ironieboden einziehen wollte? Kaum vorstellbar, dass dieser Kitsch wirklich ernst gemeint ist. Aber um solche Vielschichtigkeit, wenn sie denn gemeint ist, zu zeigen, hätte es größeren handwerklichen Geschicks bedurft. Mit der zwar konventionellen, aber sorgfältig gearbeiteten Personenregie und ein paar hübschen Lichteffekten ist immerhin ein tragfähiges Grundgerüst eingezogen, das die Produktion - mit dem ansehnlichen Bühnenbild - szenisch halbwegs rettet. Kairschan Scholdybajew als wackerer Hoffmann, mit eher italienischem als französischem Tenor nicht durchgehend auf Wohlklang getrimmt, aber insgesamt imponierend (so einen Sänger muss man erst einmal am Haus haben) und vor allem Johannes Schwärsky als szenisch wie musikalisch sehr präsentem und dämonischem Gegenspieler Lindorf füllen in diesem Rahmen die Hauptpartien sehr ordentlich aus.

Vergrößerung in neuem Fenster

Geisterbahn: Antonia mit Dr. Mirakel

Nur die "Diamantenarie", die liegt Schwärsky nicht so sehr. Die gehört ja wahrscheinlich auch gar nicht in diese Oper (schön ist sie natürlich schon), womit wir bei der schwierigen Frage nach der "richtigen" Fassung dieser von Offenbach unvollendet hinterlassenen Oper wären."Quellenkritische Neuausgabe von Fritz Oeser" schreibt das Theater ins Programmheft, was vermutlich historisch korrekt zitiert, aber irreführend ist - die Oeser-Fassung von 1977 ist sicher nicht "neu" und musikwissenschaftlich keineswegs auf dem aktuellen Stand. Am Theater Krefeld Mönchengladbach mag der theaterpraktische Wert der Oeser-Ausgabe den Ausschlag gegeben haben (etwas detaillierter hätte Dramaturg Andreas Wendholz sich im Programmheft da ruhig äußern dürfen). Vor allem das große verklärende Finale mit Muse und Chor, die Apotheose des Dichters, ist natürlich ein wirkungsvoller Abschluss. Ausgerechnet der wird leider gleich mehrfach verschenkt. Zum einen ist Susanne Seefing als Muse (die sich ja mehr als drei Akte lang in Hoffmanns Freund Niklausse verwandelt) eine attraktive, knabenhafte Erscheinung mit hübschen, leichtem, jugendlichem Sopran - für dieses Finale (und ein paar andere Stellen) dürfte die Stimme, um der aufgewerteten Rolle gerecht zu werden, mehr Fülle haben. Weil die Regie Muse wie Chor akustisch dumpf ins Off verbannt, geht die klangliche Wirkung dieses Finales weitgehend verloren. (Und dann lässt Dirigent Andreas Steinitz in der hier besprochenen Aufführung mit einer elend lang geratenen Generalpause fürchten, er habe den Schlussakkord schlichtweg vergessen - ob er auf den ziemlich spät gefallenen Vorhang wartete?) Nebenbei: Ausgerechnet hier stellt sich die Szene dem Text entgegen, denn die Apotheose fällt aus und Hoffmann wirft seine Erzählungen in das Kaminfeuer. Das alles liefert nicht unbedingt gute Argumente für den hier gespielten Schluss.

Vergrößerung in neuem Fenster Venizianische Genreszene: Giulietta

Von Dirigent Andreas Steinitz und den Niederrheinischen Sinfonikern hätte man sich generell ein größeres Spektrum an Klangfarben gewünscht - und deutlich mehr Präzision im Zusammenspiel mit dem klangschönen, aber rhythmisch arg unaufmerksamen Chor gewünscht (und ein paar Aufführungen, in denen sich das hätte einspielen können, gab es ja schon). Sängerisch ist die Aufführung akzeptabel. Neben den schon Genannten lässt vor allem Amelie Müller, Mitglied des Opernstudios, als Olympia mit sehr sauber ausgesungenen Koloraturen aufhorchen. Debra Hays ist eine im Piano ausdrucksstarke, im Forte mitunter angestrengt klingende Antonia, Janet Bartolova eine unausgeglichene Giulietta. In den vielen kleineren Pasrtien bewähren sich James Park (Andres / Cochenille/ Frantz / Pitinacchio), Andrew Nolen (Hermann / Spalanzani / Schlemihl) und Hayk Deinyan (Crespel / Lutter) bestens.


FAZIT

Konventionelle Inszenierung schön und gut, aber irgendjemand hätte den Regisseur und Ausstatter bremsen müssen - hier gibt es zu viel des Guten (und auch des Schlechten). Musikalisch mit Licht und Schatten.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Andreas Steinitz

Inszenierung
Hinrich Horstkotte

Bühne und Kostüme
Hinrich Horstkotte

Chor
Maria Benyumova

Dramaturgie
Andreas Wendholz


Chor des Theater
Krefeld und Mönchengladbach

Die Niederrheinischen Sinfoniker


Solisten

* Besetzung der rezensierten Vorstellung

Hoffmann
Max Jota
* Kairschan Scholdybajew

Die Muse/Niklas/Stimme
Eva Maria Günschmann
* Susanne Seefing

Lindorf/Coppelius/Mirakel/Dapertutto
Johannes Schwärsky

Andreas/Cochenille/Franz/Pitichinaccio
Markus Heinrich
* James Park

Olympia
* Amelie Müller
Sophie Witte

Antonia
* Debra Hays
Izabela Matula

Giulietta
Janet Bartolova

Stella
Margriet Schlössels

Crespel/Luther
* Hayk Dèinyan
Matthias Wippich

Hermann/Spalanzani/Schlemihl
Andrew Nolen

Nathanael
* Sun Myung Kim
James Park



Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Krefeld-
Mönchengladbach

(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2015 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -