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Les Pêcheurs de perles

Oper in drei Akten
Libretto von Eugène Cormon und Michel Carré
Musik von Georges Bizet

In französischer Sprache mit französischen, niederländischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere  im Théâtre Royal de Liège am 17. April 2015
(rezensierte Aufführung: 19.04.2015)

 



Opéra Royal de Wallonie
(Homepage)

Liebe und Eifersucht

Von Thomas Molke / Fotos von Jacques Croisier


Georges Bizets Name als Opernkomponist verknüpft man heutzutage eigentlich nur mit seinem Spätwerk, das auf der ganzen Welt zum Standardrepertoire zählt und eine, wenn nicht sogar die Paraderolle für jede Mezzosopranistin enthält: Carmen. Von seiner 1863 uraufgeführten Oper Les Pêcheurs de perles hat sich eigentlich nur das berühmte Freundschaftsduett "Au fond du temple saint" zwischen Nadir und Zurga zu einer beliebten Nummer für Tenor und Bariton bei Galakonzerten entwickelt. Das ganze Werk hingegen steht eher selten auf den Spielplänen, und wenn sich dann ein Theater, wie vor kurzem die Oper Bonn oder vor 10 Jahren das Musiktheater im Revier, entschließt, dieses Stück doch auf den Spielplan zu setzen, wird es dann nur konzertant geboten. Wahrscheinlich fällt den meisten Regisseuren zu dieser vor Kitsch triefenden Handlung nicht viel ein. Die Opéra Royal de Wallonie präsentiert aber jetzt dennoch in Kooperation mit der Opéra Comique eine szenische Umsetzung des Werkes, das neben dem sich leitmotivisch durch das Stück ziehenden bereits erwähnten Duett auch zahlreiche weitere musikalische Höhepunkte zu bieten hat.

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Männerfreundschaft: Nadir (Marc Laho, links) und Zurga (Lionel Lhote, rechts)

Die Geschichte spielt im exotischen Ceylon lange vor der Besetzung durch die Briten. Zurga wird von den Fischern, die sich jedes Jahr am Strand zum rituellen Fischfang versammeln, zum Anführer gewählt. In diesem Jahr trifft er seit langer Zeit wieder auf seinen Jugendfreund Nadir, mit dem ihn ein alter Schwur verbindet. Als sie sich vor vielen Jahren beide in die Priesterin Leïla verliebt hatten, beschlossen sie gemeinsam, auf diese verbotene Liebe zu verzichten. Nun ist es aber besagte Leïla, die die Fischer in diesem Jahr mit ihren Gebeten vor den Dämonen des Meeres schützen soll. Nadir missachtet seinen Schwur und sucht Leïla in ihrer ersten Nacht auf dem Felsen auf. Dieses heimliche Treffen wird allerdings vom Oberpriester Nourabad entdeckt, und Zurga verurteilt die beiden unter dem Druck der Fischer zum Tode, zumal er in Leïla die von ihm geliebte Priesterin erkennt und sich damit vom Freund verraten fühlt. Doch als Leïla auf dem Weg zur Hinrichtung einem Fischer eine Kette gibt, die ihr einst ein junger Mann dafür geschenkt hat, dass sie ihm Zuflucht vor seinen Angreifern gewährte, erkennt Zurga in Leïla die Frau, die ihm einst das Leben gerettet hat. Er setzt das Lager der Fischer in Brand und ermöglicht im allgemeinen Aufruhr Nadir und Leïla die gemeinsame Flucht.

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Leïla (Anne-Caterine Gillet) wird von Zurga (Lionel Lhote, Mitte) und Nourabad (Roger Joakim, links) in ihr Amt als Priesterin eingeführt.

Der Schluss der Oper wurde nach Bizets Tod mehrere Male revidiert. In einer Fassung von 1889 stirbt Zurga auf dem für Nadir und Leïla bestimmten Scheiterhaufen, in einer Version von 1893 wird Zurga von den zurückkehrenden Fischern erstochen. Das Regie-Team um Yoshi Oïda bleibt beim ursprünglichen Ende, wobei Oïda in seinem Ansatz allerdings nahelegt, dass sich Zurga das Leben nimmt. So beginnt er während der Ouvertüre direkt mit dem Ende und lässt die Geschichte als Rückblick ablaufen. Zurga legt im hinteren Teil der Bühne ein Feuer, löst Nadir und Leïla die Fesseln und zückt einen Dolch, bevor dann die Fischer auftreten und die eigentliche Handlung beginnt. Das Bühnenbild von Tom Schenk verzichtet auf kitschige Exotik und ist mit der angeschrägten Bühne und dem dunkelblauen Hintergrund recht abstrakt gehalten. Zwei große Spiegel auf der rechten und linken Seite greifen den blauen Hintergrund wieder auf, so dass das Gefühl einer vom Meer umringten Insel entsteht. Aus dem Schnürboden hängen vereinzelte Holzkähne herab, die wohl die auf dem Meer fahrenden Schiffe symbolisieren sollen. Wenn dann der Sturm aufzieht, kommen diese Schiffe auch gehörig ins Wanken. Wieso allerdings Zurga während der Ouvertüre das Feuer im Bühnenhintergrund legt und sich im dritten Akt der Brand auf einem in der Luft schwebenden Boot entzündet, erschließt sich nicht.

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Leïla (Anne-Catherine Gillet) bittet Zurga (Lionel Lhote), Nadir zu verschonen.

Richard Hudson hat für die Fischer Kostüme entworfen, die farblich mit dem Hintergrund verschmelzen. Nur Leïlas Hosenanzug hebt sich in knalligem Rot von den übrigen Kostümen ab, auch wenn sie dies durch einen weißen Umhang und einen Schleier zu verbergen versucht. Die Begierde, die die schöne Priesterin unter den Männern auslöst, wird damit deutlich herausgearbeitet. Die Choreographien der tanzenden Fischer wirken zwar unfreiwillig komisch, und auch der Chor der Opéra Royal de Wallonie bewegt sich szenisch etwas unbeholfen. Dafür gelingen Oïda allerdings andere eindrucksvolle Bilder. Wenn Leïla im ersten Akt ihren Platz auf dem Felsen einnimmt und ihr Gebet "O Dieu Brahma" anstimmt, mit dem sie den Schutz für die Fischer erfleht, sieht man im Hintergrund die Fischer ins Meer tauchen. Wenn dann auch noch Nadir in der Nähe der Priesterin sein Lager aufschlägt und in der großen Romanze "Je crois entendre encore" in Erinnerungen an Leïla schwelgt, entsteht allem Kitsch zum Trotz ein Gefühl vom harmonischen Einklang der Natur.

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Leïla (Anne-Catherine Gillet) und Nadir (Marc Laho, links) warten mutig auf die gemeinsame Hinrichtung (im Hintergrund: Zurga (Lionel Lhote)).

Musikalisch punktet die Aufführung durch ein hervorragendes Ensemble. Anne-Catherine Gillet stattet die Partie der Leïla mit leuchtendem Sopran aus, der in den Höhen große Strahlkraft besitzt. Die Kavatine "Comme autrefois", mit der sie dem heimlichen Treffen mit Nadir entgegenfiebert, präsentiert sie mit einer Wärme, die unter die Haut geht. Dabei lässt sich auch optisch gut nachvollziehen, wieso die Fischer diese Frau begehren. Marc Laho punktet als Nadir mit lyrischem Tenor, der sich ohne zu forcieren in schwindelerregende Höhen schraubt und im Duett mit Gillet "Leïla! Leïla!" zu einer betörenden Innigkeit findet. Besonders hervorzuheben ist auch die oben erwähnte Romanze aus dem ersten Akt. Roger Joakim stattet den Oberpriester Nourabad mit solidem Bass aus. Zum Publikumsliebling avanciert allerdings Lionel Lhote als Zurga. Lhotes Bariton begeistert in den Tiefen durch ein gewaltiges Volumen und verfügt auch in den Höhen über eine enorme Durchschlagskraft. Zu einem weiteren Höhepunkt des Abends entwickelt sich seine Arie im dritten Akt, "L'Orage s'est calmé", wenn er bereut, Leïla und seinen Freund Nadir zum Tode verurteilt zu haben und nach einem Weg zur Rettung der beiden sucht. Paolo Arrivabeni führt das Orchester der Opéra Royal de Wallonie mit sicherer Hand durch die lyrisch anmutende Partitur, so dass es am Ende begeisterten Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Yoshi Oïda stellt unter Beweis, dass man Bizets Oper auch inszenieren kann, ohne dabei völlig im Kitsch zu versinken. Und ein bisschen Kitsch darf in der Oper ja durchaus auch mal sein.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Paolo Arrivabeni

Inszenierung,
Yoshi Oïda

Bühnenbild
Tom Schenk

Kostüme
Richard Hudson

Licht
Fabrice Kebour

Chorleitung
Marcel Seminara

 

Chor der
Opéra Royal de Wallonie

Orchester der
Opéra Royal de Wallonie


Solisten

Leïla
Anne-Catherine Gillet

Nadir
Marc Laho

Zurga
Lionel Lhote

Nourabad
Roger Joakim


Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Opéra Royal
de Wallonie

(Homepage)



Da capo al Fine

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