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Ales nur eine Frage der Zeit
Von Stefan Schmöe
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Fotos von Matthias Stutte "Manchmal steh' ich auf mitten in der Nacht und lass die Uhren alle, alle stehn." Ein paar dieser Uhren, die der Feldmarschallin so unbarmherzig die Vergänglichkeit und das Altern anzeigen, sind im Bühnenbild von Frank Fellmann zu sehen (wenn auch in unerreichbarer Höhe), und das zeigt im Grunde genommen bereits die Ausrichtung der Inszenierung an: Mascha Pörzgen erzählt schnörkellos und werkimmanent die Geschichte nach. Eine leichte Brechung entsteht dadurch, dass sie das Theaterhafte hervor hebt, alles vor einer holzvertäfelten Wand spielen lässt, die wohl dem Beginn des 20. Jahrhunderts und damit der Entstehungszeit zuzuordnen ist und nicht dem Wien von 1740 (das zwischendurch mit einer auf Vorhang gemalter und schräg gehängter Fotografie zitiert wird). Das schafft eine hinreichende Distanz zur Ausstattungsoper. ![]() Gefährdetes Liebesglück: Octavian (Eva Maria Günschmann, links) und die Marschallin (Lydia Easley)
Die aufgemalten roten Rosen sind ein wenig kitschig geraten, und ebenso wenig wie bei den arg kantigen Engelchen in der Kulisse für das Vorstadtgasthaus des dritten Aufzugs, ein in barocktheatermanier auf Prospekten gemaltes Wolkenkuckucksheim, wird klar, ob das bewusst ironisch gemeint oder einfach ein wenig misslungen ist. Den Salon Faninals ist mit einer ins Überdimensionale vergrößerten Vertragsurkunde tapeziert, die wohl die Bestellung des Kaufmanns zum Lieferanten der Armee erklärt - ein schlüssiges Bild, das leider in der Personenregie (wo Faninal in konventioneller Manier als aufgeblasener Schnösel gezeichnet ist) nicht weiter aufgegriffen wird. Wie ein Keil fährt ein Podest in diesen Raum, auf dem der Rosenkavalier zeremoniell als Brautwerber die silberne Rose überreicht, und auch das hat man sicher schon eleganter inszeniert gesehen. Aber an den Schlüsselstellen wie dem Finale, in dem Sophie während des großen Terzetts ganz vorsichtig in Trippelschritten zu Octavian herüber geht, da gelingt es der Regie, unaufgeregt und mit kleinen Gesten das Wesentliche zu zeigen. ![]()
Für ein Stadttheater bleibt der Rosenkavalier eine Herausforderung, und das Theater Krefeld-Mönchengladbach meistert das ganz ausgezeichnet. Zuallererst muss das Orchester die vertrackte Partitur bewältigen - die guten Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung ihres estnischen Chefdirigenten Mihkel Kütson machen das sehr überzeugend. Ein wenig zu laut geht es zu, wenn Strauss den Tonfall einer Konversationskomödie anschlägt (und ziemlich üppig instrumentiert), und die Walzer im dritten Aufzug nimmt Kütson ziemlich ruppig, eben Vorstadt und nicht Opernball am Ring. Aber er hält sein Ensemble nicht nur souverän zusammen, sondern trifft auch den Nerv dieser Musik recht gut, wenn er der Marschallin in ihren Monologen Zeit gibt und auch die gesamte Schluss-Szene sehr entspannt dirigiert - mit einem sehr schön ausmusizierten (und sehr homogen gesungenen) Schlussterzett als großem Höhepunkt. ![]() Kein Liebesglück unter Putten, sondern nur eine wienerische Maskerade im Vorstadtgasthaus: Ochs (Matthias Wippich, im Bett liegend) und Octavian (Eva Maria Günschmann), als Kammerzofe Mariandl verkleidet, dazu einige Geister (Statisterie)
Fast komplett kann die Oper mit dem hauseigenen Ensemble besetzt werden, und das auf sehr ordentlichem Niveau. Herausragend ist Eva Maria Günschmann als glutvoll lodernder Octavian, strahlend in der Höhe und mit satter Mittellage. Sein Gegenspieler Ochs auf Lerchenau wird von Matthias Wippich, nicht unpassend, ein wenig rauhbeinig gesungen, mit kräftiger, recht jugendlicher Stimme - ein großes Kind vom Land mit Hang zum Vagabunden. Sophie, Objekt der Begierde, ist hier eine sehr junge, ja kindliche Frau - die zerbrechlich anmutende Sophie Witte singt die Partie mit glockenhellem und schlankem, aber tragfähigem Sopran. Sehr schöne "runde" und klar fokussierte Spitzentöne hat auch Lydia Easley, als Gast für die Partie der Marschallin verpflichtet. Der Mittellage fehlt es ein wenig an Substanz, da hat sie es schwer, sich im Parlandoton gegen das Orchester zu behaupten, aber sie gestaltet die Partie sehr nuanciert. Ebenfalls als Gast engagiert ist Hans Christoph Begemann als Faninal, der zunächst sehr angestrengt wirkt, sich aber nach und nach frei singt. Kairschan Scholdybajew ist ein metallisch scheppernder italienischer Sänger, da hat er schon deutlich bessere Abende an diesem Haus gehabt. Die kleineren Partien sind ganz solide besetzt, und auch der (in dieser Oper nicht allzu wichtige) Chor singt überzeugend.
Auf musikalisch gutem Niveau erzählt Mascha Pörzgen den Rosenkavalier ein bisschen bieder, aber wohltuend unaufgeregt. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Chor
Dramaturgie
Solisten
Die Feldmarschallin
Der Baron Ochs auf Lerchenau
Octavian
Herr von Faninal
Sophie
Jungfer Marianne Leitmetzerin
Valzacchi
Annina
Ein Sänger
Ein Polizeikommissar
Der Haushofmeister
Der Haushofmeister
Ein Notar
Ein Wirt
Drei adelige Waisen
Eine Modistin
Ein Tierhändler
Lakaien
Kellner
Die Lerchenauischen
Hausknecht
Musikanten
Kutscher
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