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Carmina Burana

Ballett von Robert North (Neufassung)
Musik von Carl Orff

in lateinischer und mittelhochdeutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1h 10' (keine Pause)

Premiere im Theater Krefeld am 30. August 2014

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Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Stadien des Lebens

Von Thomas Molke / Fotos von Matthias Stutte

Carl Orffs Carmina Burana zählt seit seiner Uraufführung 1937 nicht nur zu den beliebtesten Werken der Chormusik, sondern hat auch immer wieder Choreographen inspiriert, die Komposition in Tanz umzusetzen. So gab es in den letzten Jahren allein im Aalto-Theater Essen zwei szenische Umsetzungen in den Choreographien von Jeremy Leslie-Spinks und Ralf Dörnen, und auch der Hagener Ballettdirektor Ricardo Fernando hat sich mit diesem Werk für seine Compagnie auseinandergesetzt. Robert North, der 2007 zunächst als Choreograph an das Gemeinschaftstheater Krefeld-Mönchengladbach kam und seit der Spielzeit 2010/2011 dort den Posten als Ballettdirektor innehat, inszenierte 2006 dieses Werk ebenfalls in Antalya mit einem Ensemble von 40 Tänzerinnen und Tänzern und hat nun eine Neufassung für seine eigene Compagnie geschaffen, mit der die Spielzeit in Krefeld eindrucksvoll eröffnet wird.

Das Werk hat im eigentlichen Sinn keine durchgängige Handlung und setzt sich aus insgesamt 24 Liedern zusammen, die Orff aus einer Sammlung von Vaganten- und Scholarenliedern aus dem 12. und 13. Jahrhundert auswählte, auf die man 1803 in der Bibliothek des Klosters Benediktbeuern gestoßen war. Johann Andreas Schmeller hatte sie im Bestand einer Münchner Hofbibliothek unter dem Titel Codex Buranus gefunden und 1847 neu herausgegeben. Orff gliederte seine Komposition in drei Teile, wobei der erste Teil das Erwachen des Frühlings und die aufkeimende Liebe beschreibt, der zweite Teil ein opulentes Gelage in einer Taverne skizziert und der dritte Teil das Liebeswerben erneut wieder aufnimmt. Eingerahmt wird das Werk von dem berühmten Chor "O Fortuna", der Anrufung der Schicksalsgöttin, der dem Werk einen gewissen zyklischen Charakter verleiht. North versucht nun in seiner Choreographie, diese drei Teile als unterschiedliche Lebensstadien eines Paars zu zeigen, die von der ersten zufälligen Begegnung bis zum Tod des Mädchens reichen, was inhaltlich nicht immer ganz schlüssig ist.

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"O Fortuna": Eröffnungssequenz mit dem Ensemble

Für den Eröffnungschor findet North beeindruckende Bilder. Ein Mädchen (Karine Andrei-Sutter) trifft auf einen Jungen (Alessandro Borghesani), und die beiden verlieben sich. Dabei werden sie von der Compagnie eingeschlossen, die sich erst ganz langsam und zunächst nur mit minimalen Bewegungen von dem Paar löst, bevor sie zur anschwellenden Musik das Paar wie die vergehenden Jahre einkreist, sich dann in einen "männlichen" äußeren und einen "weiblichen" inneren Kreis aufteilt, die in entgegengesetzte Richtungen laufen, was eventuell Konflikte und Kämpfe innerhalb einer Beziehung andeuten könnte, bevor die beiden Kreise dann zum Abschluss erneut zu einer Einheit verschmelzen. Warum sich hierbei allerdings nur das Mädchen durch ein rotes Kleid deutlich von den blassen Kostümen der anderen Tänzerinnen abhebt und der Junge mit der blauen Hose kaum von den anderen Tänzern zu unterscheiden ist, bleibt unklar. Soll hier dem Mädchen eine besondere Bedeutung zukommen, da sie hinterher von dem Mann in Schwarz (dem Tod?) geholt wird?

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Liebeswerben im Frühling: Das Mädchen (Karine Andrei-Sutter, im roten Kleid) mit dem Tänzerinnen und der Junge (Alessandro Borghesani, Mitte links) mit den Tänzern

Das Erwachen des Frühlings und das anschließende Aufeinandertreffen von Männern und Frauen "Uf dem Anger" wird von North mit komödiantischen Bildern umgesetzt. Dabei karikieren die Tänzer mit machohaften Posen das Balzen der Männer im Frühling, während sich die Tänzerinnen anmutig und grazil bewegen und von den Männern umwerben lassen. Hier findet Borghesani als Junge besser in die Ensembles hinein als Andrei-Sutter als Mädchen, da sie sich durch ihr rotes Kostüm nun zu deutlich von den anderen Tänzerinnen abhebt und man bei ihr damit immer eine gewisse Vorrangstellung vermutet. Dass es beim ersten Liebeswerben nicht immer friedlich zugeht, macht eine kleine Szene deutlich, in der Takashi Kondo von den anderen Tänzern plötzlich ausgegrenzt wird. Nachdem er zunächst das heitere Gesicht des Frühlings ("Vera leta facies") mit ausdrucksstarken Bewegungen begrüßt hat, findet er nicht ins Ensemble zurück und wird vom Werben um die Mädchen ausgeschlossen und stattdessen von der Bühne gejagt.

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Der Schwan (Paolo Franco) auf der Flucht (im Hintergrund: Männer-Ensemble)

Für den zweiten Teil in der Schenke werden dann ein Tisch und zwei Holzbänke auf die ansonsten leere Bühne gestellt. Auf dem Tisch wird eine große Platte mit einem silbernen Deckel platziert. Dort hat dann Paolo Franco als gebratener Schwan seinen großen Auftritt. Zunächst sieht man nur seinen Kopf auf der Platte, bis er zum "Olim lacus colueram" erneut einen Fluchtversuch vom Teller der Gäste unternimmt. In seiner weißen Hose, die noch mit ein paar kurzen Federn versehen ist, wirkt er schon sehr gerupft. Frank Valentin gelingt mit leicht gequältem Falsett das Leid dieses Tieres stimmlich zum Ausdruck zu bringen, bevor es dann endgültig wieder im Kochtopf bzw. in den Mägen der Gäste landet. Franco stellt mit bewegendem Tanz das bereits geschwächte Tier eindrucksvoll dar. Für den folgenden Auftritt des Abtes "Ego sum abbas" hätte man sich dann doch bei Jorge Yen etwas mehr Körperfülle, vielleicht ein Fatsuit, gewünscht, um die Verfressenheit des Kirchenmannes deutlich zu machen. Rafael Bruck stattet ihn stimmlich mit profundem Bariton aus, hat in den anderen Liedern allerdings bei den extremen Höhen leichte Probleme.

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Das Mädchen (Karine Andrei-Sutter), der Junge (Alessandro Borghesani, vorne) und der Mann in Schwarz (Raphael Peter, hinten)

Im dritten Teil lässt North dann Raphael Peter als "Mann in Schwarz" auftreten, womit vermutlich der Tod gemeint ist. Hier scheint die Liebe nun in die Jahre gekommen zu sein, auch wenn musikalisch noch von Jungen (puer) und Mädchen (puellula) die Rede ist. Es kommt zu einer Art Kampf zwischen dem Jungen und dem Mann in Schwarz um das Mädchen, an dessen Ende das Mädchen in den Armen des Jungen leblos zusammensackt, bevor mit der Wiederaufnahme des Chors "O Fortuna" die Anfangssequenz wiederholt wird, um anzudeuten, dass es sich hierbei um den Zyklus des Lebens handelt. Die Niederrheinischen Sinfoniker, die im hinteren Teil der Bühne platziert sind, setzen unter der Leitung von Alexander Steinitz Orffs Partitur fulminant um. Der von Maria Benyumova Chor und Extrachor des Theaters Krefeld und Mönchengladbach leisten ebenfalls mit punktgenauen Einsätzen und homogenem Klang ihren Beitrag dazu, dass es am Ende stehende Ovationen für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Dieser Ballettabend ist ein absolut gelungener Einstieg in die neue Spielzeit. Lediglich Übertitel wären wünschenswert gewesen, um den Texten besser folgen zu können.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alexander Steinitz

Choreographie
Robert North

Bühne
Udo Hesse

Kostüme
Luisa Spinatelli

Chöre und Nachdirigat
Maria Benyumova

Dramaturgie
Regina Härtling


Chor und Extrachor
des Theaters Krefeld
und Mönchengladbach

Mädchen- und Knabenchor
der Chorakademie Kempen

Niederrheinische Sinfoniker


Solisten

*Premierenbesetzung

Sopran
*Sophie Witte /
Amelie Müller

Tenor
Frank Valentin

Bariton
Rafael Bruck

Das Mädchen
*Karine Andrei-Sutter /
Elisa Rossignoli

Der Junge
*Alessandro Borghesani /
Abine Leao Ka

Der Schwan
Paolo Franco

Der Mann in Schwarz
*Raphael Peter /
Takashi Kondo

Der Abt
Jorge Yen

Damen
Karine Andrei-Sutter /
*Elisa Rossignoli
Irene van Dijk
Victoria Hay
Teresa Levrini
Cecile Medour
Yasuko Mogi
Polina Petkova
Amelia Seth
Zinnia Nomura

Herren
Marco Antonio
Paolo Franco
*Abine Leao Ka /
Alessandro Borghesani
Takashi Kondo
Giuseppe Lazzara
Raphael Peter
Luca Ponti
Fabio Toraldo
Jorge Yen


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Mönchengladbach

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