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Musiktheater
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Die Zauberflöte

Deutsche Oper in zwei Aufzügen
Dichtung von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 3 h 10' (eine Pause)

Wiederaufnahme im Großen Haus des Musiktheaters im Revier am 18. Januar 2015

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Musiktheater im Revier
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Prüfungen im Sarg

Von Thomas Molke / Fotos von Pedro Malinowski


Bereits in der letzten Spielzeit hat Michael Schulz mit Puccinis La Bohème eine alte Produktion wieder aufgenommen, die er schon 2007 vor seiner Intendanz in Gelsenkirchen für das Musiktheater im Revier inszeniert hatte. Die Begeisterung beim Publikum war so groß, dass er sich in dieser Spielzeit erneut entschieden hat, den aktuellen Spielplan um eine ältere Wiederaufnahme zu erweitern. Die Wahl ist dabei auf Mozarts Zauberflöte in der Inszenierung von Michiel Dijkema gefallen, mit der im Dezember 2009 das frisch renovierte Große Haus wieder eingeweiht wurde (siehe auch unsere Rezension von 2009). Und Schulz' Konzept geht dabei in jeder Hinsicht auf. Das Haus ist nicht nur nahezu bis zum letzten Platz gefüllt, sondern die Produktion wird vom Publikum auch mit großem Applaus bedacht.

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Die drei Damen (von links: Christa Platzer, Almuth Herbst und Noriko Ogawa-Yatake) überreichen Tamino (Hongjae Lim, 2. von links) die Zauberflöte (rechts: Papageno (Michael Dahmen)).

Dabei präsentiert Dijkema keineswegs einen konventionellen Ansatz, sondern bleibt in weiten Zügen sehr abstrakt. Ein Bühnenbild im eigentlichen Sinne existiert nicht. Stattdessen gibt jeder sich öffnende rote Vorhang den Blick auf einen weiteren Vorhang frei und setzt die Vorderbühne nach hinten fort. So hat man das Gefühl, das Innere des Weisheitstempels nie erreichen zu können, und stellt sich ernsthaft die Frage, was Sarastro mit seinen Priestern hier eigentlich hütet. Ist es die strahlende Sonne, die in Form von zahlreichen Scheinwerfern am Ende ins Publikum strahlt, wenn Tamino mit Pamina gemeinsam die letzte Prüfung bestanden hat und in den Kreis der Eingeweihten aufgenommen worden ist? Die Überwindung der Todesangst wird dabei von Dijkema fast schon makaber in Szene gesetzt. Tamino und Pamina besteigen einen Sarg, in dem sie einmal im Bühnenboden in Flammen und einmal im Bühnenboden in Wasser getaucht werden. Der Sarg soll wohl Sarastros Äußerung wieder aufgreifen, dass die beiden, falls sie die letzte Prüfung nicht überleben würden, bereits früher bei den Göttern seien.

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Papageno (Michael Dahmen) verspricht Pamina (Alfia Kamalova) die Ankunft des Prinzen.

Überhaupt zeichnet Dijkema von Sarastro ein sehr negatives Bild. Wenn er im ersten Aufzug mit seinen Priestern von der Jagd zurückkommt, hat er alle die Tiere getötet, die vorher friedlich zu Taminos Zauberflöte getanzt haben, und präsentiert sich genauso herzlos, wie ihn die Königin der Nacht zu Beginn des Stückes beschrieben hat. Am Ende vereitelt er den Angriff der Königin der Nacht und ihres Gefolges, indem den drei Damen, der Königin und Monostatos die Kehlen durchgeschnitten werden. Dass er und sein Gefolge leuchtend rote Anzüge tragen, lässt die Priester mit den Vorhängen gewissermaßen zu einer Einheit verschmelzen. Ansonsten sind die Kostüme von Claudia Damm recht symbolträchtig gehalten. Die drei Knaben sollen wohl als Feuerwehrmann, Taucher und Flieger die drei Elemente Feuer, Wasser und Luft verkörpern. Dass sie bei ihren Auftritten immer aus dem Schnürboden herabgelassen werden, geht bei diesem Ansatz daher nur bedingt auf. Die zahlreichen Brüste bei der Königin der Nacht sollen wohl auf die Muttergottheit Kybele anspielen und ihre Mutterliebe betonen. Wenn sie sich am Ende ihrer großen Rache-Arie im zweiten Aufzugs die Brüste abreißt, signalisiert sie damit, dass sie sich von ihrer Tochter lossagt, wenn diese nicht bereit ist, Sarastro für sie zu töten.

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"Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen": Die Königin der Nacht (Sylvia Koke, rechts) fordert Pamina (Alfia Kamalova, links) auf, Sarastro zu töten.

Neben diesen eher ernsten Aspekten arbeitet Dijkema allerdings auch die komischen Elemente der Oper überzeugend heraus. Papageno erinnert in seinem gelben Kostüm an einen Gockel, der um das weibliche Geschlecht zu beeindrucken, auch schon einmal seinen Hahnenkamm aufrichten kann. Mit Papagena erhält er ein adäquates "Weibchen", das ihm nahezu aufs Haar gleicht. Besonders lustig gelingt die Verwandlung des alten Weibs in die reizende Papagena. Auch die drei Damen der Königin der Nacht sorgen in ihren schwarzen Witwen-Kostümen für eher komische Momente, wenn sie gegenseitig um die Zuneigung Taminos buhlen oder die Zauberflöte kurzerhand einem Orchestermitglied aus dem Graben wegnehmen und dem armen Mann bei seinem Protest auch noch mit ihren Handtaschen heftig zusetzen. Das Glockenspiel, das eine Spieluhr mit einem alten Mann darstellt, der schon reichlich angestaubt ist, sorgt ebenfalls für Erheiterung im Publikum. Eher unfreiwillig komisch dürfte hingegen Tamino sein, der in seinem rosafarbenen Kostüm mit einer unmöglichen blonden Perücke so gar nicht dem Idealbild des heldenhaften Prinzen entspricht. Zwar zeigt er sich auch zu Beginn der Oper, wenn er auf der Flucht vor der Schlange, die hier sehr niedlich umgesetzt wird, in Ohnmacht fällt, alles andere als heldenhaft. Doch auch der Wandel durch die Prüfungen wirkt bei dieser Figur keineswegs glaubwürdig.

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Papagena (Dorin Rahardja) prüft als altes Weib Papageno (Michael Dahmen).

In der Ankündigung der Wiederaufnahme wird eine komplette Neubesetzung versprochen, was allerdings nur bedingt richtig ist. Dong-Won Seo hat auch 2009, damals alternierend mit Michael Tews, die Partie des Sarastro interpretiert und stattet den Oberpriester mit markantem und textverständlichem Bass aus. Piotr Prochera und Lars-Oliver Rühl, die damals Papageno und Tamino verkörpert haben, schlüpfen nun in die Rollen der geharnischten Männer und der Priester und überzeugen durch große Bühnenpräsenz. Auch Noriko Ogawa-Yatake und Almuth Herbst waren bereits 2009 als Damen der Königin der Nacht zu erleben. Gemeinsam mit Christa Platzer begeistern sie als Damen mit wunderbar schrulligem Spiel. E. Mark Murphy schlüpft ebenfalls wieder in die Rolle des bösen Monostatos und gibt sich absolut diabolisch. In seiner Arie "Alles fühlt der Liebe Freuden", in der er seine dunkle Hautfarbe beklagt, klingt sein Tenor allerdings ein bisschen dünn und kann sich nicht richtig gegen das Orchester durchsetzen. Alfia Kamalova hat 2009 die Partie der Papagena gesungen. Jetzt übernimmt sie diese Partie und die Rolle der Pamina alternierend mit Dorin Rahardja. Bei der Wiederaufnahme glänzt Kamalova als Pamina mit strahlendem Sopran und verleiht der Figur enorme Tiefe. Rahardja begeistert als Papagena mit kokettem Spiel und präsentiert das alte Weib wunderbar schrill und mit großem Mut zur Hässlichkeit.

Hongjae Lim verfügt als Tamino über einen weichen Tenor, der stellenweise etwas zu leicht für die Partie ist. So wird er gerade in seiner großen Arie "Dies Bildnis ist bezaubernd schön", in der er sich unsterblich in Pamina verliebt, vom Orchester überdeckt und kann nur in den Höhen lyrischen Schmelz verbreiten. Sylvia Koke meistert die anspruchsvolle Partie der Königin der Nacht mit sauberen Koloraturen, die über die nötige Leichtigkeit verfügen, klingt aber in den Strophen schon fast zu weich, so dass man ihr "der Hölle Rache", die "in ihrem Herzen kocht", eigentlich nicht so richtig abnimmt. Die drei Knaben sind mit Marie Heeschen, Christina Heuel und Dimitra Kalaitzi-Tilikidou aus dem Jungen Ensemble klangschön besetzt. Zum Publikumsliebling des Abends avanciert Michael Dahmen als Papageno. Mit geschmeidigem Bariton und spritzigem Spiel macht er die Partie zum absoluten Sympathieträger des Abends. Der Opernchor und die Herren des Extrachors präsentieren sich unter der Leitung von Christian Jeub stimmgewaltig. Rasmus Baumann präsentiert mit der Neuen Philharmonie Westfalen einen flotten Mozart-Sound, der der Partitur in jeder Hinsicht gerecht wird.

FAZIT

Auch wenn nicht jeder Regie-Einfall nachvollziehbar erscheint, ist es eine gute Idee, diese Inszenierung nach fünf Jahren wieder auf den Spielplan zu setzen.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rasmus Baumann

Inszenierung und Bühne
Michiel Dijkema

Kostüme
Claudia Damm

Chor
Christian Jeub

Licht
Jürgen Rudolph

Dramaturgie
Juliane Schunke

 

Opernchor und Herren des Extrachors des MiR

Statisterie des MiR

Neue Philharmonie Westfalen

Solisten

*rezensierte Aufführung

Sarastro
Dong-Won Seo

Tamino
Hongjae Lim

Sprecher/ 2. geharnischter Mann
Piotr Prochera

Priester / 1. geharnischter Mann
Lars-Oliver Rühl

Königin der Nacht
Sylvia Koke

Pamina
*Alfia Kamalova /
Dorin Rahardja

1. Dame
Christa Platzer

2. Dame
Noriko Ogawa-Yatake

3. Dame
Almuth Herbst

Papageno
Michael Dahmen

Ein altes Weib / Papagena
Alfia Kamalova /
*Dorin Rahardja

1. Knabe
Marie Heeschen

2. Knabe
Christina Heuel

3. Knabe
Dimitra Kalaitzi-Tilikidou

Monostatos
E. Mark Murphy

 


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