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Der alte Mann und der Wald
Von Joachim Lange / Fotos von Matthias Creutziger Seinen Ring des Nibelungen hat Frank Hilbrich vor zwei Jahren mit einigem Erfolg in Freiburg schon auf die Bühne gebracht. Ebenso finden sich Lohengrin, Parsifal und die Meistersinger im Inszenierungsverzeichnis des 1968 im Bremen geborenen Regisseurs. Selbst in seiner Csarsdasfürstin wird kräftig gewagnert - eine Arbeit, wie sie so nur an einem Haus der Größe und Art wie Freiburg möglich ist, meinte der Regisseur, der seit einigen Jahren regelmäßig von der dortigen Intendantin Barbara Mundel eingeladen wird. Gerade hat er Kreneks Jonny spielt auf in Weimar hinter sich und Glanerts Caligula in Hannover vor sich.
Hilbrich, der auch schon fest - wie in Schwerin oder Stuttgart - an ein Haus gebunden war und seit 2002 frei arbeitet, gehört zu der Gruppe von leistungsfähigen Regisseuren der mittleren Generation, die sich längst von Uraufführungen bis zu den Repertoirefiletstücken nicht nur als gute Handwerker bewährt haben, sondern auch neue Sichtweisen liefern, und die dabei mutwillige Verbiegungen, um ihrer selbst oder des billigen Skandals willen, nicht nötig haben. Erstaunlich ist nur, dass man genau die kaum auf den Spielplänen der großen Häuser findet. Dort geben sich die immer gleichen Stars der Branche die Klinke in die Hand und werden herumgereicht. Es gehört zu den Absurditäten des Opernbetriebes, dass dilettierende Filmfrauen, gehypte Schauspielregisseure oder Schauspieler mit dem Riesenapparat Oper herumspielen dürfen, gleichzeitig aber Profis wie Hilbrich auch schon mal zu hören bekommen, dass man ihn ja nicht mehr "entdecken" könne.
Ulrike Hessler, die verstorbene Intendantin der Semperoper, war da klüger und holte ihn nach Dresden. Frank Hilbrich ist nach der erfolgreichen Premiere von Janáčeks Schlauem Füchslein, natürlich vom Dresdner Ausnahmeorchester begeistert. Zumal der neue, aus Tschechien stammende Essener GMD Tomáš Netopil am Pult der Sächsischen Staatskapelle für den sozusagen authentischen Akzent bei der Klangverführung aus dem Graben sorgte. Und da gibt es vor allem beim hohen Anteil sinfonischer Zwischenspiele dieser reichlich Gelegenheit. Außerdem gehörten die perfekt funktionierenden technischen Abteilungen des Hauses zu den Vorzügen der Arbeit an großen Häusern, sagt Hilbrich, der gleichwohl Vorzüge der kleineren zu schätzen weiß.
In Dresden bestand man nicht darauf, aus Janáčeks Tieroper eine Kinderstück zu machen, dennoch hatte der Anteil der Knirpse im Zuschauerraum Hänsel-und-Gretel bzw. Zauberflöten-Ausmaße. Es war auch kein Problem, für den Förster mit Sergei Leiferkus einen gestandenen älteren Sänger aufzubieten, der das vokale und darstellerische Format hat, um seine zentrale Rolle in diesem Konzept überzeugend auszufüllen. Hilbrich hat sich so weit in die über weite Strecken ruhig melancholische, ja mitunter traurig schöne Musik eingefühlt, dass aus dem turbulenten Fuchs-du-hast-die Gans-gestohlen (bzw. -den-kompletten-Hühnerstall-massakriert) ein Lebensabschieds-Stück des alten Försters wird. Er ist der Mann, der die Menschen kennt und nun vor allem den Wald und die Tiere liebt. Und der seine Erinnerungen und verbliebenen Sehnsüchte auf die quicklebendige Füchsin projiziert. Vanessa Goikoetxea verkörpert sie verführerisch attraktiv, geradezu lasziv und fuchsteufelswild. Er fängt sie, nimmt sie mit nach Hause und versucht sie zu zähmen. Wobei er ihr nicht ihre Natur austreiben kann. Und so kommt es zu dem unvermeidlichen Massaker im Hühnerstall. Zuvor hatte die Füchsin vergeblich versucht, als attraktive Rebellin, die schürzenbestückten herumgackernden Hausfrauenhühner zum Aufstand gegen den Hahn aufzuwiegeln.
Doch für den alte Förster im weißen Anzug (so wie es von einem Tierstudien- Ausflug Janáčeks in den Wald überliefert ist) ist der düstergraue Bühnenkasten von Volker Thiele mit Abendlicht und Herbstlaub der nicht mehr allzu bunte Lebens- oder Weltenrest. Doch es gibt immer wieder den Blick auf einen traumhaft schönen Wald oder gespenstische Wurzeln, vor allem aber auf die Vorspiegelung attraktiver weiblicher Jugendlichkeit im Schaufensterformat frei. Nur im Fuchspelz versteht sich. Die doch erlegt wird. Wenn der Förster am Ende eine junge Füchsin erblickt, die der Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten ist, dann ist das nur noch eine Vision von der er singt bevor das Licht auf der Bühne und damit das seines Lebens verlischt.
Die Semperoper bietet einen echten Fuchs und einen exzellenten Janacek dazu. Dieses schlaue Füchslein ist intelligent und sinnlich inszeniert und insgesamt eine Bereicherung des Dresdner Spielplans. Die erste Inszenierung von Frank Hilbrich an der Semperoper hat hoffentlich auf beiden Seiten Lust auf mehr gemacht. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Chor
Kinderchor
Konzeptionelle Mitarbeit
Dramaturgie
Solisten
Der Förster
Füchsin Bystrouška
Die Försterin
Jungfer Dackel
Herr Hahn
Frau Schopf-Henne
Herr Dachs
Der Gastwirt Pásek
Der Schulmeister
Der Pfarrer
Fuchs Zlatohřbítek
Specht
Eule
Eichelhäher
Der Wilderer Harašta
Füchsin Bystrouška als Kind
Pepík, Enkel des Försters
Frantík, dessen Freund
Grille
Heuschrecke
Junger Frosch
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