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Dinner for one im Geisterhaus
Von Joachim Lange / Fotos von Monika Rittershaus
Der Regisseur Claus Guth gehört zu den Verlässlichen der Branche. Er setzt weniger auf den Überraschung-Effekt, als vielmehr auf Präzision. Beim Durchleuchten der Stücke bis auf ihren psychologischen Grund. Und bei der szenischen Umsetzung. Da gibt es kein Rausreden auf Kulissenmalerei, wie neulich bei der Tosca am selben Ort. Dass er im Falle von Benjamin Brittens Psycho-Kammerspiel The Turn of the Screw, was sich nur ziemlich unbequem mit "Drehung der Schraube" übersetzen lässt, ein Labyrinth aus Wänden rotieren lassen würde, war im Grunde vorhersehbar. Zusammen mit seinem Stamm-Ausstatter Christian Schmidt ist Guth so etwas wie ein Spezialist für Treppenhäuser, getäfelte Wände, Türen und Fenster. Sie sind aber nie nur nachgemachte Architektur für die Bühne, sondern immer geistige Räume. Innenwelten. Diesmal sind es hohe dunkelrote, hüfthoch getäfelte Wände mit Türen und Fenstern auf der reichlich rotierenden Drehbühne, die sich zwischen den beiden fest installierten Raumteilen am Bühnenportal immer wieder von Fluren zu kleineren und großen Räumen wandeln, sie eigentlich nur andeuten. Flora und Miles
Die altmodischen Lampen erinnern an ein Nobelhotel, ihr Flackern an ein Geisterhaus. Was dieser Landsitz Bly, auf dem die junge Frau den Gouvernantenposten für die zwei Mündel eines reichen, in der Stadt lebenden Onkels, sorgen soll, wohl am ehesten ist. Denn langsam aber unaufhaltsam ergreifen die Geister der Vergangenheit Besitz von der Gegenwart. In der geradezu inzestuös engen Beziehung der Geschwister Flora und Miles und ihren unheimlichen Spielen. In den Stimmen der "Anderen" (es sind die der unter merkwürdigen Umständen eigentlich zu Tode gekommenen ehemaligen Angestellten Mrs. Jessel und ihres offenbar teuflischen Kumpanen Quint), die beim Essen aus den Kindern ertönen. Merkwürdige Spiele der Geschwister
Und dann in der verführerischen Anziehungskraft, die Miles auf die Gouvernante auszuüben beginnt. So öffnet sich vor allem im Auge des Betrachters mit der Zeit unweigerlich ein Abgrund. In dem sieht man in der Vergangenheit liegenden Missbrauch, merkwürdige Spiele, die auf eine Traumatisierung deuten und eine latente Verführung und Verführbarkeit. Die auf die Gouvernante übergreift und sie innerlich zerreißt. Bis am Ende eine offenbar in den Wahnsinn geflüchtete Gouvernante mit Miles allein an der Tafel sitzt und nicht mehr merkt, dass der längst tot ist. Die Gouvernante und Miles
Musikalisch ist der Abend eine Glanzleistung. Im Graben wird unter Ivor Bolton hoch transparent und beredt mit einem Spannungs-Crescendo musiziert. Und auf der Bühne mustergültig eloquent gesungen und gespielt. Dabei wird das erotisch aufgeladene Knistern zwischen Miles und der Gouvernante zum vokalen und szenischen Zentrum. Was dem kraftvoll engelsklar singenden und mit der Grenze zwischen Kind und jungem Mann virtuos spielenden Wiener Countertenor Thomas Lichtenecker und der Britin Emma Bell als langsam von der unheimlichen Atmosphäre aufgesogener Gouvernante zu danken ist. Aber auch Sónia Grané als Flora und Marie McLaughlin als Mrs. Grose, der im Prologe sichtbare und als Peter Quint nur hörbare Richard Croft und Anna Samuil als Stimme von Miss Jessel, halten mehr als nur mit. FAZITClaus Guth und Ivor Bolton beeindrucken mit Benjamin Brittens The Turn of the Screw in der Berliner Staatsoper im Schiller Theater. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Ausstattung
Licht
Dramaturgie
Solisten
Governess
Miles
Flora
Mrs Grose
Prologue/ Peter Quint
Miss Jessel
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