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Oper Wuppertal
Spielzeit 2014/15

Die Sache mit dem Ensemble

Von Thomas Molke

Viel Unruhe und zahlreiche Spekulationen hatte es seit einigen Wochen in Wuppertal darüber gegeben, welchen Weg der designierte Opernintendant Toshiyuki Kamioka ab der neuen Spielzeit mit der Opernsparte der Wuppertaler Bühnen einschlagen würde. Dabei drehten sich die ganzen Diskussionen eigentlich nur um eine zentrale Frage: Gibt es ein fest engagiertes Solisten-Ensemble oder nicht? Nach widersprüchlichen Aussagen im Vorfeld war man für die Präsentation des neuen Spielplans im Kronleuchterfoyer zur Pressekonferenz zusammengekommen, um von Herrn Kamioka,  seinem Stellvertreter Joachim Arnold und dem kaufmännischen Geschäftsführer Enno Scharwächter eine endgültige Antwort zu erhalten.

Doch wie im Vorfeld versuchten sich die Beteiligten erneut, aus der Verantwortung zu ziehen, indem sie die Zuhörer davon überzeugen wollten, dass das Vorhandensein eines Ensembles nur eine Betrachtung des Blickwinkels sei. Wenn Solisten für einzelne Produktionen engagiert würden, würden diese natürlich gemeinsam mit dem Regie-Team, dem Chor und Orchester ein Ensemble bilden, wobei es keine Rolle spiele, dass diese Solisten keine Festverträge hätten. Außerdem, so Arnold, wollten das die Sänger auch überhaupt nicht. Es ist sicherlich unstrittig, dass ein Interpret für den Parsifal sich nicht für eine Spielzeit fest an ein Haus wie Wuppertal binden lässt. Aber soll man wirklich glauben, dass sich junge Künstler, die noch nicht ihr komplettes Studium, sondern nur "ein" Musikstudium abgeschlossen haben, nicht ein Jahr an ein Haus wie Wuppertal binden wollen, weil es sie in ihrer weiteren Ausbildung behindere? Dass sie dankbar seien, nur einen Vertrag für eine Aufführungsserie zu erhalten, um sich die viel gepriesene Flexibilität zu bewahren? Wäre es nicht ehrlicher gewesen, offen zuzugeben, dass man sich mit den qualitativen Ansprüchen, die man mit den ausgewählten Stücken in der nächsten Spielzeit anstrebt, ein festes Ensemble in Wuppertal einfach nicht leisten könne, da es nicht zu bezahlen sei, wenn ein Sänger ein ganzes Jahr zu einem festen Gehalt beschäftigt werde, dabei aber vielleicht im Durchschnitt pro Monat in dieser Zeit bloß eine bis zwei Vorstellungen singe?

Sicherlich wäre diese Aussage unbequem, weil ein Großteil des Publikums eines Stadttheaters ein Opernhaus vor allem auch mit den Solisten identifiziert, die es in zahlreichen Produktionen lieb gewonnen und deren Entwicklung es über die Jahre beobachtet hat. Aber die Verschleierungstaktik, mit der man bei der Präsentation versucht, über diesen Tatbestand hinwegzutäuschen, macht den Anfang für den neuen Intendanten noch schwerer. Da nützt es auch nichts, dass der Oberbürgermeister Peter Jung schon beinahe vorwurfsvoll fordert, man solle Herrn Kamioka doch erst einmal eine Chance geben, und etwas unwirsch ab einem bestimmten Zeitpunkt feststellt, dass zum Thema "Ensemble" nun wirklich alles zur Genüge erörtert worden sei.

Dabei klingen die Vorhaben für die neue Spielzeit vielversprechend. So werde Kamioka, den man in Wuppertal seit 2004 als Dirigent sehr zu schätzen gelernt hat, nicht nur die meisten Opernproduktionen selbst einstudieren, sondern auch die kompletten Aufführungsserien dirigieren, womit er seine besondere Wertschätzung für das Haus zum Ausdruck bringen wolle. Da denkt man vielleicht an Stefan Soltesz, der während seiner Intendanz in Essen auch zahlreiche Produktionen zur Chefsache ernannt hat. Auch die Probensituation wird als optimal gelobt, da man die einzelnen Stücke innerhalb von vier Wochen mit den jeweils verpflichteten Solisten einstudieren werde und dabei zwei Wochen auf der Hauptbühne proben könne. Das sei der Vorteil eines Stagione-Betriebs, bei dem die Bühne eben nicht zwischen einzelnen Vorstellungen durch andere Produktionen belegt sei. Mit Stolz verkündet man auch, dass die Neuproduktionen originär für die Wuppertaler Oper entstünden und nicht von anderen Bühnen eingekauft oder in Koproduktion entstanden seien.

Die Stückauswahl umfasst ein Spektrum des Kern-Repertoires, das in dieser geballten Form lange nicht mehr in Wuppertal zu erleben war und mit dem man hofft, zahlreiche Besucher von nah und fern ins Opernhaus zu locken. Den Anfang macht dabei am 5. September 2014 Puccinis Tosca, mit der der italienische Regisseur Stefano Poda sein Deutschland-Debüt geben wird. Nach insgesamt zwölf Vorstellungen im September und Oktober folgt Mozarts Don Giovanni ab dem 8. November 2014. Als dritter Neuproduktion widmet man sich ab dem 13. März 2015 Richard Wagners Parsifal, mit dem man die Wagnerianer sicherlich auch überregional nach Wuppertal holen dürfte. Mit Richard Strauss' Salome hat man ab dem 17. April 2015 noch einen weiteren großen Komponisten auf dem Programm. Mag man mit diesen vier großen Werken der Opernliteratur dem neuen Intendanten auch mangelnde Inspiration bei der Gestaltung des Spielplans vorwerfen, dürften zumindest die fünfte Premiere am 22. Mai 2015, eine szenische Aufführung von Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion, und die für Juni 2015 geplante Uraufführung der Kinderoper Alice im Wunderland von Andreas N. Turkmann (Musik) und Jörg Schade (Text) von einem Funken Innovation zeugen, den Kamioka hoffentlich in den weiteren vier Jahren seiner Intendanz noch ausbauen wird. Zu Beginn seiner Intendanz steht nach eigenem Bekunden vor allem der Sicherheitsaspekt im Vordergrund seiner Spielplangestaltung, und da überlegt er natürlich, mit welchen Stücken er das Opernhaus füllen kann.

An dieser Überlegung sind auch die beiden Wiederaufnahmen ausgerichtet. So greift Kamioka auf zwei alte Inszenierungen zurück, Rossinis Der Barbier von Sevilla ab dem 24. Oktober 2014 in einer Inszenierung aus dem Jahr 2003, die 2012 in einer überarbeiteten Fassung wieder aufgenommen worden ist, und ab dem 5. Dezember 2014 Humperdincks Hänsel und Gretel aus dem Jahr 2006. Für beide Produktionen zeichnete der scheidende Opernintendant Johannes Weigand verantwortlich. Bei Hänsel und Gretel wird es auch ein Wiedersehen mit altbekannten Ensemble-Mitgliedern geben.

Zu erwähnen ist ferner, dass neben der turnusmäßigen Anhebung der Eintrittspreise auch eine Preiskategorie in den hinteren Reihen im 1. und 2. Rang geschaffen worden ist, die einen Besuch der Oper für 8 Euro ermöglicht, um deutlich zu machen, dass sich die Wuppertaler Oper als Ort für alle Bürger der Stadt unabhängig von deren Geldbeutel versteht. Weitere Informationen zur neuen Spielzeit finden Sie hier.

 

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