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Musiktheater
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Falstaff

Oper in drei Akten
Libretto von Arrigo Boito nach William Shakespeares Heinrich IV. und Die lustigen Weiber von Windsor
Musik von Giuseppe Verdi

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Dauer: ca 2h 35' (eine Pause)

Premiere am 20. Oktober 2013

Homepage Staatstheater Stuttgart

(Homepage)

Ohne Bauch und doppelten Boden

Von Joachim Lange / Fotos: A. T. Schaefer

Falstaff ist Verdis Alterswerk. Sein Schlusswort in Sachen Oper. Er hatte nichts mehr nötig und hat es doch allen noch einmal gezeigt. Heiter, weise und mit Hintersinn. Dank der Vorlage von Shakespeare und dank des Librettos von Arrigo Boito ist er mit dem Plot auf der sicheren Seite. Mit einem Ritter, Sir John Falstaff, im Zentrum, der sich für unwiderstehlich hält. Dem aber übel mitgespielt wird. Und der am Ende doch das letzte Wort hat und die anderen genauso alt aussehen lässt. Alles ist Spaß (oder Schurkerei) auf Erden - das ist das Lebens- und Welterklärungsfazit, in das alle bei der grandiosen Schlussfuge einstimmen. Musikalisch hat Verdi mit diesem Falstaff als Achtzigjähriger alle Erwartung seiner weltweiten Fangemeinde einfach links liegen gelassen. Er hat es sich nicht leicht gemacht, aber er hat eben doch mit leichter Feder skizziert, zitiert, angedeutet. Ohne die große Nummernshow zu entfalten, lässt er so etwas wie Leitmotive rumschwirren, das Orchester und den Chor dann aber auch einfach losdonnern. Wenn man genau hinhört, dann ist diese Verdioper durchheitert wie sonst keine.

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Ensemble

Im Graben geht Sylvain Cambreling mit einer Präzision zu Werke, die jeden musikalischen Mosaikstein für sich zum Funkeln bringt und doch stets die Balance zwischen dem großen Bogen hinter dem Unternehmen im Ganzen und dem szenischen Witz der Situation im Einzelnen wahrt. Was er mit dem Stuttgarter Staatsorchester hier abliefert ist eine Verdi-Geburtstags Glanzleistung. Der Vorzug der Inszenierung von Andrea Moses liegt darin, diesen Witz im Detail über ihre Personenführung auch zu vermitteln. Oft mit Augenzwinkern. Wenn etwa der Ritter mal eben ein Auge zuhält und so tut als streckte er Wotans Speer in die Höhe. Überhaupt dieser Falstaff. Er kommt ohne ausgestopften Bauch aus, ist immer noch ein respektables Mannsbild, und als Obergauner durchweg sympathisch. Albert Dohmen nimmt man es ab, wenn der seiner Angebeteten sich selbst als einstigen jungen Hüpfer vorführt.

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von links: Meg Page (Sophie Marilley), Alice Ford (Simone Schneider), Nannetta (Pumeza Matshikiza) und Mrs Quickley (Hilke Andersen)

Jan Pappelbaums (erstes Opern-) Bühnenbild besteht aus verschiebbaren Holz- und Lamellenwänden, wird bei Bedarf von einem Team auf offener Bühne umgebaut, zieht seinen größten sinnlichen Effekt aus dem Decken-Spiegel, der sich beim Rendezvous über die schicke Wohnlandschaft bei Fords daheim und dann, im letzten Akt, über die gefällte Eiche senkt. So ist die Durchlässigkeit für die entlarvende Komödie, die sich die drei selbstbewussten (u. a. beim Joggen treffenden) Frauen mit Sex-in-the-City-Format mit dem Schwerenöter erlauben, leicht herzustellen. Hinzu kommen der schlurfende und auch mal eine Italoschnulze singende, ansonsten aber stumme Wirt, das vokal exzellente junge Liebespaar Fenton (Atalla Ayan) und Nanetta (Puma Matschikiza), der schmierige Dr. Cajus und die beiden (wirklich mit echten Falstaff-Bäuchen ausgestatteten) Kleinganoven Bardolfo und Pistola.

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Falstaff (Albert Dohmen, mit dem Chor und Kinderchor der Staatsoper Stuttgart) an der gefällten Eiche

Und so wird vor allem ein szenisches Chaos entfesselt, wenn sich Falstaff mit Alice (Simone Schneider) trifft, Meg Page (Sophie Marilley) und dann auch noch Mr. Ford (machtvoll: Gezim Myshketa) mit großem Gefolge dazu stoßen und der Ritter erst im Wäschekorb und dann in die Themse landet. Irgendwie sind sich dabei alle von Anfang an einig. Und wenn es dann am Ende an der gefällten Eiche ein recht harmloses Maskenspiel mit dem als schwarzen Jäger verkleideten Falstaff gibt, dann fragt man sich spätestens da, wo eigentlich der doppelte Boden und all das Abgründige geblieben sind, dass man aus dem Graben so überzeugend hören kann.

FAZIT

Sylvain Cambreling und Andrea Moses eröffnen in Stuttgart die Spielzeit mit einem Falstaff, der musikalischen Glanz bietet und szenisch auf den großen Spaß setzt.



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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Sylvain Cambreling

Regie
Andrea Moses

Bühne
Jan Pappelbaum

Kostüme
Anna Eiermann

Licht
Reinhard Traub

Chor
Johannes Knecht

Dramaturgie
Wilfried Buchholz
Moritz Lobeck

 

Staatsorchester Stuttgart

Staatsopernchor
Stuttgart


Solisten

Sir John Falstaff
Albert Dohmen

Ford
Gezim Myshketa

Fenton
Atalla Ayan

Dr. Cajus
Heinz Göhrig

Bardolfo
Torsten Hofmann

Pistola
Roland Bracht

Mrs Alice Ford
Simone Schneider

Nannetta
Pumeza Matshikiza

Mrs Quickly
Hilke Andersen

Mrs Meg Page
Sophie Marilley

Der Wirt (stumme Rolle)
Maarten Güppertz



Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Staatstheater Stuttgart
(Homepage)



Da capo al Fine

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