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Roméo et Juliette

Oper in fünf Akten     
Libretto von Jules Paul Barbier und Michel Florentin Carré
nach William Shakespeares Tragödie Romeo and Juliet
Musik von Charles Gounod

In französischer Sprache mit französischen, niederländischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 35' (eine Pause)

Koproduktion mit der Opéra de Marseille und der Opéra de Lausanne

Premiere  im Théâtre Royal de Liège am 17. November 2013

 



Opéra Royal de Wallonie
(Homepage)

Liebe bis in den Tod

Von Thomas Molke / Fotos von Jacques Croisier


Charles Gounod trägt in seinem Heimatland häufig den Beinamen "Musicien de l'amour", obwohl er sich neben der typischen französischen Opéra lyrique, zu deren Ansehen er einen entscheidenden Beitrag leistete, auch durch zahlreiche Oratorien und Messen als Kirchenmusiker auszeichnete. Doch außer dem berühmten Ave Maria, das wohl als eines der weltweit populärsten klassischen Stücke gilt, und der Hymne des Vatikans, der Inno e Marcia Pontificale, sind diese sakralen Werke heute genauso in Vergessenheit geraten wie die meisten seiner Opern. Nur zwei Werke haben sich eigentlich beständig im Repertoire halten können: Faust aus dem Jahr 1859, eine Oper, die seinen Durchbruch als Komponist markierte und in Deutschland, wahrscheinlich aus Respekt vor dem großen deutschen Nationaldichter, früher häufig unter dem Namen Margarethe gespielt wird, und Roméo et Juliette, ein Stoff, der Gounod eigentlich schon beschäftigte, seit er 1839 als junger Komponist Hector Berlioz' Symphonie Roméo et Juliette gehört hatte. Bereits 1841 spielte er mit dem Gedanken, ein Libretto von Felice Romani zu vertonen, das Bellini bereits 1830 zu I Capuleti e i Montecchi verarbeitet hatte. Aber es sollte über 20 Jahre dauern, bis er sich erneut mit diesem Sujet auseinandersetzte und dieses Mal wesentlich näher an der Vorlage von William Shakespeare blieb, als dies in Romanis Libretto der Fall gewesen war.

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Maskenball bei den Capulets (Chor der Opéra Royal de Wallonie)

So gibt es wie bei Shakespeare einen Prolog, in dem der Chor die nachfolgende Handlung kommentiert und das tragische Ende bereits vorwegnimmt. Vorangestellt ist eine Ouvertüre, die in regelrecht martialischen Klängen die Animositäten zwischen den Capulets und Montagues herausarbeitet. Arnaud Bernard inszeniert bereits vor dieser Ouvertüre mit der Statisterie ein Kampfgetümmel. Ein liebendes Pärchen, das auf der rechten Seite der Bühne sitzt, wird von den rivalisierenden Clans in eine Fehde hineingezogen, an deren Ende alle tot auf dem Bühnenboden liegen. Die Lichtgestaltung von Patrick Méeüs macht aus diesem Bild ein Schreckensszenario. Der Chor ist dann im anschließenden Prolog nicht zu sehen, sondern klingt hinter der Bühne wie eine mahnende Stimme aus weiter Ferne.

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Roméo (Aquiles Machado, Mitte) versucht, eine kämpferische Auseinandersetzung zwischen Tybalt (Xavier Rouillon, linke Seite mit dem Chor) und Mercutio (Pierre Doyens, rechte Seite mit dem Chor und der Statisterie) zu verhindern.

Bruno Schwengl hat für die einzelnen Akte ein flexibles Bühnenbild aus weißen Wänden entwickelt. Die Rückwand enthält in der Mitte mehrere Bögen, die wahlweise als Eingang in das bzw. aus dem Haus der Capulets fungieren. Darüber befindet sich ebenfalls in Weiß der berühmte Balkon, von dem aus Juliette ihr erstes Rendezvous mit Roméo nach dem Maskenball hat. Das klinische Weiß der Wände korrespondiert mit den Kostümen des Chors, die als Diener und Gäste beim Maskenball im ersten Akt auftreten. Die Familienclans heben sich dagegen mit aufwendigen bunten Kostümen von der Sterilität des Raumes ab, was die tiefen Emotionen der einzelnen Figuren, sei es Liebe oder Hass, in diesem Ambiente betont. Für die weiteren Akte reichen einzelne Requisiten, um den jeweiligen Ort der Handlung anzudeuten. Bei Frère Laurent ist es ein kleines Studierzimmer mit zahlreichen Büchern und einigen Tränken, mit denen er herumexperimentiert. Im zweiten Bild des dritten Aktes, wenn es zur tödlichen Auseinandersetzung zwischen Tybalt und Mercutio kommt, ist es ein riesiger Steinbrunnen, der die Öffentlichkeit der Straße vor dem Haus der Capulets markiert. Wenn Roméo vor seiner Flucht ins Exil von Juliette Abschied nimmt, reicht ein großes weißes Bett, in dem die erste und gleichzeitig letzte Liebesnacht der beiden stattfindet. Für die Grabstätte im letzten Akt bedeckt ein riesiges schwarzes Tuch die Wand und den Bühnenboden, auf dem die schwarze Bahre steht, auf der Juliette in ihrem todesähnlichen Schlaf liegt.

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Juliette (Annick Massis, Mitte) soll Pâris (Benoît Delvaux, Mitte) heiraten.

Musikalisch begeistert das Werk mit einer Fülle an bezaubernden Melodien, wobei neben den Titelfiguren auch die kleineren Partien mit wunderbaren Arien bedacht sind. Zu nennen ist hier beispielsweise Mercutio, der sich direkt im ersten Akt auf dem Maskenball über seinen Freund Roméo lustig macht, weil dieser aufgrund eines unguten Gefühls den Ball wieder verlassen möchte. Pierre Doyen begeistert in der Arie "Mab, la reine des mensonges" mit kräftigem Bariton, während er mit lebhaftem Spiel mit einem weißen Tuch seinem Freund die Unberechenbarkeit der "Königin der Träume und Illusionen" regelrecht vor Augen führt. Auch Marie-Laure Coenjaerts präsentiert mit ihrer Arie "Que fais-tu, blanche tourterelle" mit beweglichem Mezzo einen Höhepunkt des Abends, wenn sie als Stephano die Capulets provoziert und sie mit Geiern vergleicht, in deren Nest sich eine Turteltaube (Juliette?) verirrt hat. Eine regelrechte Gänsehaut bewirkt der von Marcel Seminara einstudierte Chor, wenn er gemeinsam mit den Solisten in dem unter die Haut gehenden "O jour de deuil! ô jour des larmes!" den Tod von Tybalt und Mercutio beklagt. Aufhorchen lassen auch Patrick Bolleire als Frère Laurent mit markantem Bass, Christine Solhosse als Gertrude mit wohl-timbriertem Mezzo und Roger Joakim als Diener Gregorio mit dunklen Tiefen.

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Vereinigung im Tod: Roméo (Aquiles Machado) und Juliette (Annick Massis)

Eine Aufführung steht und fällt natürlich mit der Besetzung der beiden Titelpartien, und da hat die Opéra Royal de Wallonie mit Annick Massis und Aquiles Machado voll ins Schwarze getroffen. Auch wenn Massis' Sopran für die Partie der Juliette stellenweise schon ein bisschen zu schwer wirkt, meistert sie die Koloraturen mit enormer Beweglichkeit und Ausdauer, was vor allem in ihrer großen Arie "Je veux vivre" im ersten Akt zum Ausdruck kommt, wenn Juliette ihre Lebensfreude auf dem Maskenball präsentiert. Da nimmt man Massis die Jugendlichkeit, die sich in den perlenden Koloraturen in schwindelerregenden Höhen widerspiegelt, in jedem Moment ab. Machado ist als Roméo stimmlich eine Offenbarung. Seine Kavatine im zweiten Akt "Ah! Lève-toi, soleil!", mit der er sich Juliettes Erscheinen auf dem Balkon herbeisehnt, geht unter die Haut. Mit scheinbarer Leichtigkeit schwingt er sich beim "parais" in grandiose Höhen empor, ohne dabei zu forcieren. Zu Recht erntet er für diese Interpretation tosenden Applaus. Doch auch in den Duetten beweisen Massis und Machado, dass sie nicht nur solistisch glänzen können, sondern auch im Zusammenspiel eine Innigkeit entwickeln, so dass man ihnen das Liebespaar jederzeit abnimmt. Besonders erwähnenswert sind an dieser Stelle ihr Liebesduett "Nuit d'hyménée", in der sie ihre Hochzeitsnacht feiern, bevor Roméo ins Exil gehen muss. Hier schließt sich auch die berühmte Szene mit der Nachtigall und der Lerche an. Auch ihr Abschiedsduett in der Gruft, "Viens! Fuyons au bout du monde!" geht unter die Haut, bevor Roméo an den Folgen des Giftes stirbt und sich Juliette mit Roméos Dolch ersticht.

Das Orchester der Opéra Royal de Wallonie schwelgt unter der Leitung von Patrick Davin in den süffigen Klängen der Partitur und rundet diesen Abend musikalisch großartig ab, so dass es für alle Beteiligten lang anhaltenden Applaus gibt.

FAZIT

In dieser Produktion vereinen sich erstklassige Solisten mit traumhafter Musik in einer gelungenen Inszenierung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Patrick Davin

Inszenierung
Arnaud Bernard

Bühne und Kostüme
Bruno Schwengl

Licht
Patrick Méeüs

Chorleitung
Marcel Seminara

 

Chor der
Opéra Royal de Wallonie

Orchester der
Opéra Royal de Wallonie

Statisterie


Solisten

Juliette
Annick Massis

Roméo
Aquiles Machado

Stephano / Benvolio
Marie-Laure Coenjaerts

Frère Laurent
Patrick Bolleire

Tybalt
Xavier Rouillon

Mercutio
Pierre Doyen

Le Comte Capulet
Laurent Kubla

Gertrude
Christine Solhosse

Gregorio
Roger Joakim

Le Duc de Vérone
Patrick Delcour

Le Comte Pâris
Benoît Delvaux


Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Opéra Royal
de Wallonie

(Homepage)



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