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Rotierende Schieflage
Von Roberto Becker / Fotos von Matthias Creutziger Diese neue Cosi steht natürlich für sich selbst. Mozarts und Da Pontes Laborexperiment der Gefühle aus dem Jahre 1790 ist ein für die Zukunft gemachtes Stück. Eine Komödie mit Hintersinn. Eine Steilvorlage für flotte Orchester-Raffinesse, Solisten-Virtuosität und für's Ensemblespiel. Aber auch eine Herausforderung für die Regie. Bei der man sich, wie seinerzeit an der Komischen Oper selbst ein Peter Konwitschny, ziemlich albern vergaloppieren oder wie (am gleichen Haus) Alvis Hermanis, im Nacherzählungstableau langweilen kann. Der Spielmacher Don Alfonso und seine Probanden: Ferrando und Dorabella, Guglielmo und Fiordiligi
So wie Andreas Kriegenburgs Bühnenbildner Harald Thor sie in einem sterilen Bühnenrund auf eine dauerrotierende Drehscheibe gesetzt und erst mit Gardinen umweht und dann mit Gartenbänken umstellt hat, entfaltet die Dresdner Neuproduktion darüber hinaus einen gewissen metaphorischen Witz, wenn man sich die Schieflage des Hauses vergegenwärtigt. Das fängt damit an, dass der Chef der Sächsischen Staatskapelle beim Auftakt dieses Da Ponte-Zyklus' nicht im Graben steht. Was nicht sonderlich bemerkenswert wäre, wenn Christian Thielemann seinen Dienst an respektive in der Oper nicht prinzipiell nach dem Rosinenprinzip gestalten würde. Und sich auch im nächsten Jahr (von der Arabella, die er schon bei den Salzburger Osterfestspielen dirigieren wird, und den ersten Vorstellungen des neuen Freischütz abgesehen) bei den Neuproduktionen vornehm zurückhalten und ansonsten seiner Strauss-Obsession folgen würde. Was für die Richard-Strauss-Gemeinde ein Fest sein dürfte, ist für das Haus eher ein Problem. Noch feixen sich die Männer eins, die Frauen sind schon aufgeregt
Das ist wohl einer der Hauptgründe, warum es mit dem eigentlich vorgesehenen, im letzten Jahrzehnt in Lyon ziemlich erfolgreichen Intendanten Serge Dorny nichts wurde. Der designierte Nachfolger der verstorbenen Ulrike Hessler wurde ziemlich unsanft wieder gefeuert, noch bevor er richtig loslegen konnte. Die faktische Übermacht der Staatskapelle und das Selbstbewusstsein ihres Chef-Dirigenten sind leicht als die eigentliche Ursache für diesen missglückten Intendanten-Neustart auszumachen. Damit es kein Missverständnis gibt: Dieses Orchester ist ein Welt-Spitzenensemble, sein Chef ein begnadeter Strauss- und Wagner-Interpret, der Klangkörper die Basis für den möglichen Wiederaufstieg des Hauses an die nationale und internationale Spitze. Aber es gibt nicht nur die lichten stargespickten Höhen, sondern auch die Mühen der Täler, das Repertoire, die Verantwortung für's Ganze. Nach dem Desaster ist es zwar fast unmöglich, aber beim zweiten Anlauf der Intendantensuche muss eine Quadratur des Kreises gelingen. Es muss sowohl ein ambitionierter Kandidat (oder eine Kandidatin) aus der ersten Reihe sein, der oder die mit Thielemann auskommt. Und der müsste verinnerlichen, dass die Semperoper der Staatskapelle genauso wenig gehört wie der Brauerei, die mit ihr wirbt. Man kann's ja 'mal versuchen: Ferrando bei Firordiligi und Guglielmo bei Dorablla
Beim neuen Mozart nun lässt sich der junge israelische Dirigent Omer Meir Wellber, der vom Hammerklavier aus die Rezitative begleitet, vor allem auf das Tempo ein, dass die Regie dem Bühnenpersonal verordnet hat. Rachel Willis-Sørensen steckt in puppig geschnürtem Rosa und ist eine Fiordiligi, die öfter mal ins Wagnerformat ausbricht, Rachel Frenkel in einem quietsch-gelbem, tropfenförmigen Wabenkleid die wackere Dorabella an ihrer Seite. Bei Christoph Pohl (als sicher markanter Guglielmo) und Christopher Tiesi (als noch etwas überforderter Nachwuchs Ferrando) erinnern die lächerlich übergroßen Hosen an einschlägige Filmgrößen aus der albernen Ecke. Der souveräne Georg Zeppenfeld als Spielmacher Don Alfonso und Ulte Selbig als Despina kommen da in Anzug und Kostümgrau noch am glimpflichsten davon. Den Chor hingegen trifft der Kostümblödsinn von Andrea Schraad bei seinen kurzen Aufmärschen mit voller Wucht. Es sieht aus wie eine halbe Herbert Fritsch-Inszenierung. Das ist vor allem anstrengend. Und reduziert diese wunderbar heutige Operation am offenen Herzen auf einen Kalauer über die Weiber, die eben alle so sind.
Musikalisch nicht mehr als solide. Was die szenische Umsetzung betrifft, so ist sie nur äußerlich bunt, inhaltlich ist sie eher fad. Die Rezeptionsgeschichte ist da längst weiter. Und der Regisseur Andreas Kriegenburg war es auch schon mal. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Chor
Dramaturgie
Solisten
Fiordiligi
Dorabella
Despina
Ferrando
Guglielmo
Don Alfonso
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