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Musiktheater
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Lohengrin

Romantische Oper in drei Aufzügen
Text und Musik von Richard Wagner


in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h 40' (zwei Pausen)

Premiere am 18. Januar 2014 im Opernhaus Düsseldorf


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Rheinoper
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Doch kein Retter in Sicht

Von Stefan Schmöe / Fotos von Hans Jörg Michel


Ach, früher (als die Regisseure noch auf Schwerter und Schwäne bauten), da zählten Verdienste, da setzte sich der Bessere durch, notfalls im fairen Wettbewerb Mann gegen Mann. Heutzutage muss sich jemand wie Friedrich Telramund, gerade noch gefeierter Hauptabteilungsleiter der Firma und vielleicht etwas zu übermütig auftrumpfend in seinen Vorwürfen gegen die geistig offenbar etwas verwirrte Elsa, kurzerhand abservieren lassen, wenn ein hinreichend charismatischer Fremder seinen Platz beansprucht. Von wegen Zweikampf oder gar Gottesgericht – das findet zwar in der Musik statt, aber auf der Bühne erhält Telramund kurz (nicht schmerzlos) seine Kündigung. Fristlos. Fortan ist der fesche Fremde, der sich in seiner legeren Kleidung mit Nähe zur Occupy-Bewegung so interessant abhebt von den grauen Anzugträgern, der neue Star. Lange hält das Andersartige allerdings nicht vor, denn ehe er sich versieht, ist er ins Establishment eingegliedert. Lohengrin, der neue Führer von Brabank, pardon, Brabant. Im Anzug.

Szenenfoto

Fristlose Kündigung: Telramund (Simon Neal) und der Heerrufer (Bogdan Baciu)

Eigentlich sind Übertragungen von Wagnerschen Opernstoffen in die Gegenwart nicht gerade der letzte Schrei (auch wenn das Modell im aktuellen Bayreuther Ring noch einmal aufflackert). Man muss Regisseurin Sabine Hartmannshenn aber lassen, dass sie ihre Neudeutung des Lohengrin, in der man sich drohende Kriege als Übernahmeschlachten zwischen Konzernen vorstellen muss, konsequent durchzieht und eine nicht nur überraschend plausible, sondern in der genauen und vielschichtigen Personenführung auch berührende Geschichte erzählt, die in den Grundzügen durchaus nah am Stück bleibt. Einen christlich eingefärbten Heilsbringer hat ja auch Wagner nicht im Sinn gehabt, hat auch dem „schwarzen“ Paar Ortrud und Telramund im Libretto handfeste Argumente für deren Intrige gegeben. Die Aufwertung, die beide in dieser Inszenierung als wunderresistente und daher rational vorgehendene Akteure erfahren, mag weit gehen, aber sie wird durch den Text getragen. Was der Menge als Wunder erscheint, ist ihnen fauler Zauber, und wenn man das Märchenhafte der Story nur kurz in Frage stellt, muss man ihnen da durchaus zustimmen. Vielleicht widerwillig – ein Wunderheld wäre an sich ja eine wünschenswerte Sache, gerade in einer von Investmentbrokern bestimmten Gegenwart, in der "Geld" meint, wer "Gott" sagt. Auch wenn das Schlusstableau mit arg vielen Volten einen etwas ratlos zurück lässt, wird da doch ein sehr spannendes, durchaus uns betreffendes Drama verhandelt.

Szenenfoto

Gesegnet soll sie schreiten: Elsa (Manuela Uhl), gefolgt von Ortrud (Susan Maclean)

Nicht nur ist die Personenregie sehr genau gearbeitet (dabei bleibt ausgerechnet der Lohengrin als Figur eher blass, aber das liegt vielleicht in der Natur dieses herkunftslosen Helden), die Regisseurin versteht es auch, den Chor im imposanten Bühnenbild von Dieter Schnitzer – das Foyer einer Konzernzentrale mit Schwindel erregend steilerer Treppe - effektvoll zu bewegen und damit auch den großen musikalischen Momenten szenisch ein adäquates Gegengewicht zu geben. Bezeichnend dafür ist die Gestaltung von Lohengrins " Gralserzählung" im dritten Akt, die thematisch so gar nicht zur Aktualisierung der Handlung zu passen scheint. Was auch immer dieser Gral sein mag, bleibt im Dunklen – aber Lohengrins Gesang entwickelt noch einmal jenen Zauber auf die Menge, den er im ersten Aufzug hatte, noch einmal wird er zum Hoffnungsträger, um den sich alle verzückt scharen. Da stellt die Regie, und das dürfte dem Komponisten ja gefallen, die musikalische Idee über den Wortlaut des Textes.

Szenenfoto

Alles Glück dahin: Lohengrin(Roberto Saccá) hat Telramund erstochen, Elsa (Manuela Uhl) die falschen Fragen gestellt.

Getragen wird das von einem sehr engagiert singenden und spielenden Ensemble. Simon Neal ist mit eleganter Erscheinung und schlankem, nicht gerade dämonischem, aber sehr genau deklamierenden Bariton eine ganz ausgezeichnete Besetzung für den Telramund in dieser Deutung, die heimliche Hauptrolle. Susan Maclean stürzt sich mit Verve in die Partie seiner Gattin Ortrud, stößt aber stimmlich im Verlauf des Abends zunehmend an ihre Grenzen – die Überbetonung der Konsonanten kann da nur in Teilen ausgleichen, dass die Stimme bei aller dramatischen Attacke oft angestrengt klingt. Roberto Saccá ist in der Titelpartie ein klangschöner, geschmeidig „italienischer“ Tenor ohne allzu heldentenorales Gepräge, aber mit Kraftreserven. Die Elsa von Manuela Uhl ist in der hohen Lage fast schon zu dramatisch und für die lyrischen Passagen mitunter etwas scherfällig, das metallisch leuchtende, jugendliche Timbre ist aber nicht ohne Reiz. Hans-Peter König gibt einen nicht mehr ganz jungen, aber sehr soliden König Heinrich, und Bogdan Baciu ist ein heller, nicht allzu gewichtiger, aber präsenter Heerrufer – sehr passend für den Typus „Assistent der Geschäftsführung“.

Szenenfoto

"Alljährlich naht vom Himmel eine Taube" - da liegen sie dem seltsamen Fremden (Roberto Saccá als Lohengrin) noch einmal zu Füßen, auch wenn das vermeintliche Wunder gleich ein Ende hat.

Am Pult der vor allem im Blech und den eindrucksvoll wuchtigen tiefen Streichern ausgezeichneten Düsseldorfer Symphoniker geht Axel Kober die Partitur sehr handfest und zupackend an. Man hat das (schön musizierte) Vorspiel schon ätherischer, die Streicherkantilenen des zweiten Aufzugs („Gesegnet sollst Du schreiten“) entrückter gehört; Kober aber entwickelt, immer vorwärts drängend, große orchestrale Dramatik. Mit den großartigen Bühnentrompeten – famos gespielt von Studenten der Folkwang Universität Essen – die im dritten Aufzug effektvoll auch auf den Emporen verteilt sind, bekommen die Theatermusiken zu den Aufmärschen spektakuläre Raumwirkung. Wenn der klangprächtige, gelegentlich zu übertriebener Eile neigende Chor und Extrachor (Einstudierung: Gerhard Michalski) klangprächtig hinzu treten, wird es aber auch sehr laut und scheppernd. Das sprengt dann doch die akustischen Möglichkeiten des Hauses.


FAZIT

Lohengrin in der Finanzbranche – was sich auf den ersten Blick arg bemüht liest, geht mit sehr differenzierter Personenzeichnung unerwartet gut auf und sorgt für einen spannenden Theaterabend auf musikalisch gutem Niveau.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Axel Kober

Inszenierung
Sabine Hartmannshenn

Bühne
Dieter Richter

Kostüme
Susana Mendoza

Licht
Volker Weinhart

Chor
Christoph Kurig

Dramaturgie
Hella Bartnig



Chor und Extrachor der
Deutschen Oper am Rhein

Trompetenklasse der
Folkwang Universität Essen

Düsseldorfer Symphoniker


Solisten

Heinrich der Vogler
Hans-Peter König

Lohengrin
Roberto Saccá

Elsa von Brabant
Manuela Uhl

Friedrich von Telramund
Simon Neal

Ortrud
Susan Maclean

Der Heerrufer
Bogdan Baciu

Edle von Brabant
Johannes Preißinger
Paul Stefan Onaga
Attila Fodre 
Felix Rathgeber



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



Da capo al Fine

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