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Der Rosenkavalier

Komödie für Musik in drei Akten
Libretto von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss

In deutscher Sprache mit flämischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h 10' (zwei Pausen)

Premiere an der Vlaamse Opera in Antwerpen am 15. Dezember 2013


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Vlaamse Opera
(Homepage)
Nur Magerquark vom Wiener Naschmarkt

Von Roberto Becker / Fotos von Annemie Augustijns


Die Flämische Oper hat einen guten Ruf. Nach der hauptstädtischen Oper "La Monnaie" in Brüssel ist die Vlaamse Oper in Antwerpen und Gent das zweite Haus in Belgien. Man spielt, anders als in Deutschland, en suite und muss, wie in Deutschland, zusehen, dass die Politik die Gelder bewilligt, die man braucht. In Sachen Programmpolitik, künstlerischem Niveau, Risikobereitschaft und Verbindung zum Publikum ist die Vlaamse Oper auf Augenhöhe mit vergleichbar ambitionierten Häusern in Deutschland. Dass die aktuelle Inszenierung des Jahres der Parsifal von Tatjana Gürbaca war, ist nicht Zufall, sondern Symptom.

Vergrößerung in neuem Fenster Der morgendliche Trubel im Schlafzimmer der Marschallin

Bei der jüngsten Rosenkavalier-Premiere konnte Intendant Aviel Cahn schon mit der Ankündigung des Regisseurs den bislang größten medialen Aufmerksamkeitserfolg verbuchen. Und zwar in Deutschland und in Österreich. Der mit zwei Oscars bedachte Schauspieler Christoph Waltz, der sich selbst als musischen Menschen und ausgemachten Opernliebhaber betrachtet, wechselte die Seiten. Vom Zuschauer zum Regisseur. Und zwar einem mutigen, denn der Rosenkavalier von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal ist eines der empfindlichsten Prunkstücke im Opern-Porzellanladen. Jedenfalls kein Anfängerstück. Auch nicht für einen Wiener wie Waltz.

Denn von der kunstvollen Sprache, über die Walzer bis zu den Ritualen (auch das mit der Silberrosen-Übergabe als Brautwerbung) ist das alles genial erfunden, fein gewebt, mit Weisheit durchtränkt und auch als Komödie für Musik perfekt gebaut. Obendrein ist es ein ziemlich starkes Stück. Man fragt sich schon, wie es das Dresdner Opern-Publikum im Kaiserreich Deutschland und Königreich Sachsen 1911 eigentlich hinbekommen hat, die ja nicht nur angedeutete heftige Liebesaffäre der verheirateten Gattin eines Feldmarschalls von Mitte Dreißig mit ihrem weniger als halb so alten Cousin mit den eigenen Moralvorstellungen auf einen Nenner zu bringen, um das Ganze dann auch noch zu bejubeln und zum Dauerbrenner unter den Strauss-Opern zu machen. Hat es aber irgendwie, und zwar längst bevor das (fast)-jeder-mit-(fast)-jedem salonfähig wurde.

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Der Intrigant versucht sich als Strippenzieher

Was die Feldmarschallin so über die Zeit, das sonderbar Ding sagt, und darüber, das etwas auch einmal ein End haben muss, das hat bislang noch jeden moralischen Paradigmenwechsel überdauert. Doch diesmal besteht keine Gefahr allzu großer Ergriffenheit. Und das nicht, weil sich Christoph Waltz zu weit vom Stück und seinem ganz besonderen Charisma entfernt hätte. Sondern ganz im Gegenteil, weil er ihm auf eine allzu pedantische Weise zu nah gekommen ist. Man kommt aber weder der jugendlich unbändigen Leidenschaft Octavians, noch der kalkulierten der Marschallin oder der unschuldigen Sehnsucht Sophies und schon gar nicht dem "man ist was man ist"-Selbstbewusstsein des Ochs auf Lerchenau mit Nahaufnahmen bei. Schön, wenn man sich Gedanken über jeden Blick, jede Fußstellung und jeden ausstreckten Finger macht, mit dem auf andere gezeigt wird. Was überreichlich geschieht. Doch all das macht nur Sinn, wenn man am Ende nichts mehr davon bemerkt, und es in einer neuen Bühnenwirklichkeit verschwindet. Tut es aber nicht. Man merkt es. Und es beginnt zu nerven und dann eben leider auch zu langweilen.

Vergrößerung in neuem Fenster Ochs zwischen Octavian und Sophie

Einmal gibt es wohlwollende Lacher. Wenn Octavian bei Faninals eintrifft und seine "Mir ist die Ehre widerfahren"-Rede vom Stapel lässt, hat er die falsche Jungfer im Visier. Die zeigt auf Sophie - und prompt ist es um ihn geschehen. Liebe auf den ersten Blick. Und das nur kurz nachdem er seiner erfahrenen Geliebten gerade die ewige Treue geschworen hat! All das sieht man in der Körperhaltung und Mine von Stella Doufexis' Octavian. Ein grandioser Moment. Diesen Rosenkavalier hätte man gerne gesehen. Das wäre vielleicht der lebenspralle Zugang von heute aus gewesen, der in eine neu erfundene Kunstwelt entführt hätte. Aber es war die Ausnahme. Waltz hat nichts wirklich falsch gemacht. Aber wirklich richtig, sprich zu Herzen gehend lebendig, ist es eben auch nicht. Hinzu kommt, dass die Einheits-Bühne von Anette Murschetz sicher umbaupraktisch, aber nicht wirklich inspirierend oder opulent ist, dass die Kostüme von Eva Dessecker eher ein unverbindlicher Mix sind, und selbst der Marschallin erst bei Ihrem Abschieds-Auftritt mal Eleganz zugestanden wird.

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Bleibt die Marschallin allein?

Die Protagonisten lassen sich auf das schaumgebremste Kammerspiel willig ein und steuern nach Kräften vokalen Glanz bei. Vor allem Maria Bengtsson hat da fürstliches Format. Da Christiane Karg eine so stimmklare wie selbstbewusste Sophie ist und Stella Doufexis als Octavian sozusagen ihren Mann steht, gelingen die vokalen Prunkstücke im Terzett und am Ende das Duett überraschend gut. Wenigsten da war dann auch der irgendwie auf Lärm gebürstete Dmitri Jurowski so zurückhaltend, dass er nicht wie vor allem im ersten Akt mit seinem Orchester alles überdeckte. Da ließ er nicht mal die Illusion zu, zu verstehen, was gesungen wird.


FAZIT

Ein Rosenkavalier-Schmankerl war dieses Opernregiedebüt mit Schauspielstar Christoph Waltz, auch wenn für die Flämischer Oper ein medialer Erfolg, alles in allem eher nicht. Musikalische Hausmannskost. Und szenisch eher Diät. In diesem ganz speziellen Wiener Opernwunderland ist das ein hartes Los.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Dmitri Jurowski

Regie
Christoph Waltz

Bühne
Annette Murschetz

Kostüme
Eva Dessecker

Licht
Frank Evin



Symphonisches Orchester
der Flämischen Oper


Solisten

Feldmarschallin
Maria Bengtsson

Baron Ochs
Albert Pesendorfer

Octavian
Stella Doufexis

Herr von Faninal
Michael Kraus

Sophie
Christiane Karg

Jungfer Marianne
Hanne Roos

Valzacchi
Guy De My

Annina
Ezgi Kutlu

Ein Polizeikommissar
Andrew Greenan

Haushofmeister
Vesselin Ivanov

Italienischer Sänger
Nico Darmanin

Drei adelige Waisen
Chia-Fen Wu
Els Van Daele
Sandra Paelinck

Eine Modistin
Christa Biesenmans

Ein Tierhändler
José Pizarro

Vier Lakaien der Marschallin
Stephan Adriaens
Patrick Cromheeke
Jonathan Raman
Guido Verbelen

Vier Kellner
Stephan Adriaens
Guido Verbelen
Miguel Torres
Patrick Cromheeke



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Vlaamse Opera



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